Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dann fressen sie die Raben

Dann fressen sie die Raben

Titel: Dann fressen sie die Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
Vom Netzwerk:
Drogeriemarkt zurück. Ich hab nicht so früh mit ihm gerechnet, ich schaffe es gerade noch, wieder ins Bad zu flüchten. Als er klopft, öffne ich die Tür einen Spalt, nehme ihm seine Einkäufe ab, dann raschele ich ein paar Minuten herum, auch, um mich zu beruhigen, und komme raus.
    Alex, der immer noch vor dem Bad wartet, zuckt richtig zusammen, als er mich sieht, und verliert zum ersten Mal seinen spöttischen Käpten-Sparrow-Ausdruck. Spätestens bei meinem Anblick glaubt er mir meine Lügen.
    »Oh, Gott, Ruby, du siehst ja so was von beschissen aus!«
    »Ich weiß, das kommt von dem Überfall gestern.«
    Er schaut mich mit großen Augen an. »Oliver hat mir davon erzählt. Konntest du deinen Angreifer erkennen? Ich habe gehört, du bist quasi in letzter Sekunde gerettet worden.« Er kommt näher. »Mannomann, dein Gesicht ist übel zugerichtet.« Er streckt die Hand aus, als ob er es streicheln wollte, aber ich weiche unwillkürlich zurück. »Nicht, bitte nicht, das tut alles weh.«
    Er lässt seine Hand sinken. »Soll ich dir dann vielleicht etwas kochen? Du wolltest dir doch vorhin etwas zu essen machen, oder?«
    Mist, für so was hab ich jetzt keine Zeit. John wartet und Pa kann jeden Moment zurückkommen. Aber ich darf mich nicht verraten. »Das wäre nett«, sage ich lahm.
    Wir gehen in die Küche und ich setze mich an den Tresen. Alex holt Eier aus dem Kühlschrank, zieht eine Pfanne hervor und macht Rühreier.
    Ständig muss ich daran denken, wie John auf die Stimme von Alex reagiert hat. Der pure Hass stand in seinem Blick. Und dann erinnere ich mich an Lina, wie sie im Krankenhaus vom Schenk gesprochen hat. Da war Alex auch im Zimmer. Und dann seine Reaktion gestern auf das Foto.
    Oh Gott, ich muss hier raus! Sofort! Ich muss mich mit John treffen, um endlich zu erfahren, was hier gespielt wird.
    Was hat John vorhin bei Frau Vogel gesagt? Dass er sie im Krankenhaus besucht hat und ihr Leben in Gefahr war. Er muss mehr wissen als das.
    Alex tut, als hätte er alle Zeit der Welt. Muss der Typ denn nie in die Schule? Langsam fange ich an zu begreifen, warum er mit neunzehn immer noch kein Abi in der Tasche hat. In aller Seelenruhe toastet er Brot, schneidet Gurken und Tomatenscheiben, fragt, ob er einen Orangensaft pressen soll, wartet meine Antwort dann gar nicht ab und tut es einfach.
    Er arrangiert alles auf einem großen weißen Teller, stellt den noch schäumenden Saft dazu und schaut mich erwartungsvoll an.
    »Und du, willst du nichts?«
    Alex schüttelt den Kopf und macht sich daran, die Pfanne abzuspülen.
    Ich trinke von dem Saft, die Säure brennt auf meiner verletzten Zunge und mir entfährt ein leises Stöhnen.
    Besorgt wendet er mir den Kopf zu. »Nicht gut?«
    »Doch, alles okay.«
    »Es tut mir leid, was dir da gestern passiert ist. Ich habe gehört, dein Angreifer war ein Neger.«
    Ich starre ihn an. »Neger? Sag mal, hast du sie nicht mehr alle? Bist du jetzt unter die Neonazis gegangen?«
    Bei dem Gedanken wird mir plötzlich heiß und kalt. Seine Reaktion auf das Foto, Kretins, Abschaum hat er gesagt. Was, wenn ich damit ins Schwarze getroffen habe? Ich kenne Alex ja nicht wirklich gut. Vielleicht hat das Ganze einen rechtsradikalen Hintergrund? Ich denke an die Terroristenzelle, die 2011 in Brandenburg aufgeflogen ist. Die sahen sicher auch ganz normal aus, nachdem sie untergetaucht waren, und waren nicht mit Springerstiefeln und Glatze unterwegs.
    Alex bleibt gelassen und zuckt nur mit den Schultern. »Natürlich bin ich kein Neonazi«, sagt er. »Aber diese afrikanischen Dreckskerle können sich hier alles erlauben, nur weil alle Deutschen von dem Political-Correctness-Virus befallen sind. Hier in diesem Land fasst man Schwarze mit Samthandschuhen an.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass du so ein übler Rassist bist.« Mir wird ganz schlecht.
    Alex wird plötzlich laut. »Du hast doch keine Ahnung! Du bist dermaßen naiv. Nur weil sie Ausländer sind, macht sie das nicht automatisch zu reinen Engeln. Du bist genauso dumm wie mein idiotischer Vater.«
    »Der Mann, der mich überfallen hat, war bestimmt kein Engel. Und woher willst du überhaupt wissen, dass es ein Ausländer war?«
    »Raubüberfall, das sind doch immer Ausländer.«
    Ich ignoriere für den Moment seine rassistischen Theorien und gehe aufs Ganze. »Alex, ich glaube nicht, dass der Mann auf mein Geld aus war. Ich bin sicher, er hat etwas ganz Bestimmtes gesucht. Und er wollte mich umbringen.«
    Alex wird so blass, dass

Weitere Kostenlose Bücher