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"Dann iss halt was!": Meine Magersucht – wie ich gekämpft habe – wie ich überlebe (German Edition)

"Dann iss halt was!": Meine Magersucht – wie ich gekämpft habe – wie ich überlebe (German Edition)

Titel: "Dann iss halt was!": Meine Magersucht – wie ich gekämpft habe – wie ich überlebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frommert , Jens Clasen
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Aufmerksamkeit wie ein Geschenk. Die Welt umschmeichelte mich, sie hüllte mich bisweilen in einen wärmenden Pelz und verlieh mir zugleich das Gefühl, ich trüge eine unverwundbare Drachenhaut.
    Plötzlich war ich der Bestimmende darüber, wer die Gunst meiner Gegenwart erhält und wem ich sie verweigere. Mit einem Mal lagen sie mir alle zu Füßen, hingen an meinen Lippen, und es war mir vollkommen egal, dass es bei all ihren Fragen, all ihrem Interesse nicht eine Sekunde lang um mich ging, sondern nur um eine Gruppe von Radfahrern und deren Sponsor. Ich war dieser Typ da im Fernsehen. Egal ob privat oder beruflich … Ich war gefragt.
    Nur ich.
    Der superattraktive, superschlanke Superkommunikator, der jetzt endlich mal zeigen konnte, was er so alles draufhatte und was er doch für ein prima Kerl war. Ich zeigte alles, zeigte es allen und merkte gar nicht, wie ich mich in Richtung eines steilen Absturzes kommunizierte.
    Natürlich blieb eines nicht aus: dass ich meine Außenwirkungs-Trefferquote auch beim weiblichen Geschlecht ausprobierte. Und da setzte ich mich dann auch gleich wieder in die Nesseln. Nina kannte ich schon von früheren Geschäftsterminen. Dabei blieb es – über Jahre. Auch weil ich für mich klare Regeln entworfen hatte: Treue gehörte dazu, und dass ich es tunlichst unterlassen werde, eine Geschäftsbeziehung in eine private münden zu lassen, auch. Abgesehen davon mangelte es schlicht an Gelegenheit. Ergriffen war nur ich, Nina beachtete mich nicht. Als sich unsere Wege wieder kreuzten, fuhr mir der Blitz erneut in die Glieder. Sie war klug, kühl, klar, klasse. Ich merkte, dass ich mich immer noch nach dieser Frau verzehrte. Und ich merkte auch: sie sich immer noch nicht nach mir. Dennoch: Meine Sympathiebekundungen wurden offener, allen Warnungen zum Trotz. Meine Freundin Steffi sagte nur: »Bloß nicht! Finger weg!«, und dass sie mir »nicht guttun« würde, ich »immer auf den gleichen Typ Frau reinfalle«, ich ganz offensichtlich »masochistisch veranlagt« sei. Egal. Ich biss mich fest, aber immer weiter auf Granit. Dass es zu nichts kam, lag allein an Nina. Abgesehen davon, dass ich offenbar nicht der Typ war, den sie sich an ihrer Seite vorstellen konnte, war Nina ungefähr seit Sandkastenzeiten vergeben. Diese Beziehung, das würde ich noch lernen, sollte jeden Ausreißversuch überdauern.
    Jan Ullrich war längst schon wieder zu Hause. Derweil er also geschützt hinter zugezogenen Schweizer Gardinen saß, zeigte ich Medienpräsenz auf allen Bühnen und Kanälen. Zwei Jahre war es nun her, dass ich Frankfurt den Rücken gekehrt hatte. Mittlerweile kannte ich Gott und die Welt, und Gott und die Welt erkannte mich. Der Kontakt zu Nina war kaum noch der Rede wert, aus dem Kopf aber ging sie mir nie, gerade deshalb, weil ich mir seit meinem Abgang einzureden versucht hatte, dass sie mir fortan egal sein sollte. Sie wusste aber sehr genau, welche Wirkung sie auf mich hatte, welch unerfüllte Sehnsüchte ich mit auf meinen Weg zur Telekom nahm. Und so wusste sie auch genau, dass sie all das, was sie in mir auslöste, einfach wieder anknipsen konnte. Wir trafen uns zufällig wieder – und dann trafen wir uns weniger zufällig immer wieder. Dieses Mal war ich wer, auch für sie. Hielt sie mich einst auf Distanz und ich mich diszipliniert fern, krachten wir nun frontal aufeinander. In meiner Wohnung in Hofheim am Taunus.
    Der erste Kuss: in der Küche, zwischen Kochfeld, Kühlschrank und Kaffeevollautomat. Ich fühlte mich im Recht, und an diesem Abend ließ ich nichts anbrennen. Ich fühlte mich stark, und es war mir völlig wurscht, dass sie seit Kindesbeinen diesen Freund hatte. Im Gegenteil, er verlieh Sicherheit, es war der Idealzustand. Nun konnte ich nehmen, ohne zu geben. Nur Spaß, keine Verantwortung. Endlich erlaubte auch ich mir mal, unverbindlich zu sein. Nun würde ich bekommen, was mir zustand, dachte ich, wofür ich so lange gekämpft hatte. Ich bekam es, in Hülle und Fülle – oder besser: ohne Hüllen.
    Wir hatten keine Beziehung, im Bett landeten wir fortan aber dauernd. Oder woanders. Wir fielen oft und gerne übereinander her: im Kino, im Auto, beim Spazierengehen am hellichten Tag. Wir verlustreisten nach Berlin oder Hamburg, das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Zimmerpreises fand ich jedes Mal überwältigend. Sie verausgabte sich bei mir, nur bei mir, und ich weiß nicht, wie sie ihre Abstinenz zu Hause erklärte. Ob sie sie überhaupt erklärte. Ich versuchte erst

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