Dann klappt's auch mit dem Doktor
profitieren doch von Ihrer Arbeit und dem, was Sie hier lernen.«
Am liebsten würde ich sagen: Na und! Dafür schmücken Sie sich ja auch mit dem Titel Lehrkrankenhaus. Diesmal halte ich feige den Mund. Ein säuselnder Professor Astrup ist mir viel unheimlicher als ein tobender.
Er säuselt weiter: »Frau Plüm, Sie wissen doch, dass wir es uns nicht leisten können, die Assistenten während der Regelarbeitszeit auszubilden. Ihre Ãberstunden dienen somit Ihrer Ausbildung, und dafür sollten Sie dankbar sein.«
»Oh, das bin ich. Ich bin sehr dankbar für die Ausbildung, die ich hier genieÃe, aber die Ãberstunden müssen trotzdem ausgeglichen werden. Sie haben meine Arbeitszeit gerne in Anspruch genommen und die sollte auch tarifgemäà bezahlt werden. Sie wissen, dass ich hier einen verdammt guten Job erledige!«
O mein Gott! Habe ich das gerade tatsächlich gesagt? Ich scheine derzeit eine ausgeprägte Neigung zur Selbstzerstörung zu haben. Professor Astrup lehnt sich seufzend in seinem riesigen Chefsessel zurück und schweigt nachdenklich. Die Stille zieht sich hin wie ein ausgelutschter Kaugummi. Während ich nervös mit meinem Fuà wippe, glätten sich die Zornesfalten auf seiner Stirn.
Nach einer gefühlten Ewigkeit seufzt Astrup erneut und fährt fort: »Ach Frau Plüm. Lassen wir dieses Theater für einen Augenblick. Sie haben ja recht. Ich wünschte, mehr Mitarbeiter hätten die Courage, die Dinge so auszusprechen, wie sie sind.«
Hä?
»Glauben Sie mir, es macht mir keinen SpaÃ, Sie und die anderen Assistenten ständig unter Druck zu setzen.«
Hä?
»Ich weià sehr wohl, was ich an Ihnen habe.«
Das muss ein Traum sein!
»Aber die Verwaltung sitzt mir im Nacken. Ich muss sparen, sparen und nochmals sparen.«
Langsam bekomme ich fast schon Mitleid mit ihm. Mir macht Sparen auch keinen SpaÃ.
»Ist es für Sie in Ordnung, wenn wir Ihnen die Ãberstunden auszahlen?«
»Hä? Ãh, ja ⦠also ⦠Das wäre schon in Ordnung.« Jetzt hat Professor Astrup anscheinend endgültig den Verstand verloren.
»Gut«, er strafft sich wieder, »ich werde das in die Wege leiten. Gegen geltendes Arbeitsrecht kann ich schlieÃlich nicht verstoÃen. Ach und eines noch: Dieses Gespräch hat so nie stattgefunden.«
»Nein, natürlich nicht, Herr Professor.«
Sollte mein Chef tatsächlich eine menschliche Seite haben? Komische Vorstellung. Hoffentlich hält sie so lange an, bis das Geld auf meinem Konto ist.
Ich bin den restlichen Tag über mächtig stolz darauf, wie ich das Ãberstundengespräch gemeistert habe und versuche, nach der Arbeit sofort Vera anzurufen. Ich habe es tatsächlich geschafft, meinem Chef die Meinung zu sagen und mich durchzusetzen, und das sogar ohne eines dieser Ratgeberbücher. Das muss gefeiert werden. Doch bei Vera geht nur der Anrufbeantworter ran. Schade. Ich versuche es bei Till.
Er geht sofort ran: »Hallo, Till, hier â¦Â«
»Hey, Till, was machst �«
»⦠oh, warte mal, es klingelt an der Tür â¦Â«
Ich warte wie auf heiÃen Kohlen. Dann höre ich ihn wieder.
»⦠Ach ja, was ich noch sagen wollte: Ich bin gerade nicht erreichbar. Also hinterlass mir doch âne Nachricht nach dem Piepton.«
Ich lege auf. Till immer mit seinen blöden Streichen. Ich bin doch tatsächlich mal wieder darauf reingefallen.
Okay, mit Vera und Till ist wohl heute Abend nicht mehr zu rechnen. Ich rufe Caro an.
»Hallo, Anna, wie geht es dir?«
»Gut, gut. Du, ich wollte mal fragen, ob du heute Abend spontan Lust hast, auf einen Wein vorbeizukommen.«
»Oh, sei mir nicht böse, aber wir fahren gleich zu Freunden von uns aus dem Geburtshilfekurs zum Grillen.«
»Na, dann wünsche ich euch viel SpaÃ.« Enttäuscht lege ich auf. Was will Caro denn auf einmal mit den Geburtshilfekurs-Tussis? Die fand sie doch immer total anstrengend. Meine Freunde machen sich also alle einen schönen Abend. Das kann ich auch. Ich kann mir was Schönes kochen, mir ein Glas guten Wein gönnen, einen schönen Film sehen oder ein gutes Buch lesen ⦠Ich entscheide mich für einen kitschigen Liebesroman.
Kapitel 21
Während einer unruhigen Nacht, in der ich kaum ein Auge zugetan habe, habe ich immerhin zwei Entschlüsse gefasst. Erstens: Ich werde ab sofort immer so
Weitere Kostenlose Bücher