Dann klappt's auch mit dem Doktor
herÂausgeputzter Dr. Klemme entgegen.
»Na, Plümchen, alles erledigt?«
Dieser Lackaffe! Wieso hat der eigentlich schon wieder frei? Er scheint meinen Blick richtig zu deuten.
»Tja, wissen Sie, Plümchen, wer strukturiert und konzentriert arbeitet, der kann auch mal früher nach Hause gehen.«
Also bitte. Dr. Klemme und Arbeit. Das ist wie Himmel und Hölle. Und was heiÃt hier Plümchen. Dem gehtâs wohl zu gut!
»Für Sie bin ich immer noch Frau Dr. Plüm«, versuche ich zu kontern.
»Na, was sind wir denn heute so angespannt? Warum denn nicht mal Plümchen?«
»Weil ich das nicht möchte.«
Mann, bin ich mal wieder schlagfertig!
»Na gut, Frau Dr. Plüm. Schönen Tag noch.«
Weg ist er. Super! Jetzt bin ich nicht nur die ungebügelte, rotgesichtige Assistentin, die bei der Visite keinen Patienten kennt, sondern auch noch humorlos und spieÃig.
»Frau Plüm, Sie haben ja richtig schön Farbe bekommen!« Frau Goldstein reicht mir zur BegrüÃung einen Kaffee und einen Teller mit belegten Broten. »Sie hatten doch bestimmt wieder keine Zeit fürs Mittagessen. War es schön auf Sylt?«
»Sehr schön. Erzähle ich Ihnen später. Vielen Dank für die Brote. Ich muss â¦Â«, murmele ich entschuldigend mit vollem Mund und begebe mich erst mal in mein Büro. Denner ist schon da.
»Hallo, Frau Plüm, äh, Anna. Na, hast du dich erholt?«
»Hmm. Ich muss nur kurz was essen. Ich musste in der Notaufnahme einspringen. Dann lege ich sofort los.«
»Keine Eile. Das war wirklich toll, wie souverän du Marvin heute behandelt hast. Aber die Arbeit in einer Ambulanz ist doch etwas ganz anderes als die in einer Notaufnahme. Deshalb habe ich beschlossen, dass du heute noch einmal bei mir mit zuschaust. Damit du weiÃt, wie wir hier arbeiten und wie die Abläufe sind.«
Der Typ scheint mich wirklich für blöd zu halten. Ich hab schon kapiert, was hier zu tun ist. Ich arbeite nur lieber vernünftig, als den Tag mit Gelaber zu vergeuden. Aber wenn er unbedingt will, kann ich auch den Nachmittag rumsitzen und zuhören.
Wir gehen zusammen in Denners Sprechzimmer, und er legt los. Beim dritten Patienten fallen mir vor Langeweile fast schon die Augen zu. Psychologengespräche sind vor allem eines: ermüdend. Frau Goldstein hat Mitleid mit mir und bringt mir noch einen Kaffee und ein paar Schokokekse. Denner, der neidisch auf meine Kekse starrt, bedenkt sie mit dem Kommentar:
»Nun schauen Sie nicht so mürrisch drein, Herr Denner. Sie kennen unsere Abmachung. Wenn Sie Ihre benutzten Tassen in die Spülmaschine stellen, koche ich Ihnen mit Freude wieder mal einen Tee.«
Kurz bevor ich endgültig in den Tiefschlaf falle, kommt Klaus-Ole an die Reihe. Seine Mutter ist eine hervorragend ausgebildete Akademikerin mit einem unaussprechlichen Doppelnamen. Sie ist verzweifelt, weil ihr Sohn trotz ihres Bildungsstandes zu dick ist. Von seinem Umfang her erinnert Klaus-Ole stark an Steve. Nur sind seine Umgangsformen auf den ersten Blick erträglicher.
Nett lächelnd sitzt er vor uns und bekräftigt: »Ich möchte unbedingt abnehmen. Ich bin viel zu dick. Können Sie mir bitte dabei helfen?«
Denner fixiert ihn.
»Du hast die letzten drei Adipositas-Programme abgebrochen. Was war da los?«
»Die haben mich einfach rausgeworfen.« Klaus-Ole guckt ganz traurig, und auch die Mutter nickt betrübt mit dem Kopf.
»Aber es muss doch einen Grund geben, warum du von den Programmen ausgeschlossen wurdest?« Denner lässt nicht locker.
»Na, ich esse so gerne Schokocreme zum Frühstück. Das wollten die mir einfach verbieten.«
»In der Akte steht, dass du während einer Kur regelmäÃig zum Frühstück ein ganzes Jumbo-Glas Schokocreme ausgelöffelt hast. Was sagst du denn dazu?«, fragt Denner.
Klaus-Ole grinst: »Ich esse das halt so gerne.«
»Wenn du die Finger nicht von der Schokocreme lassen kannst, wie stellst du dir das hier in unserem Programm vor?«
Die Mutter mischt sich ein.
»Klaus-Ole hatte damals unbeschreibliches Heimweh und war völlig demoralisiert, weil er so viel Salat essen und Sport treiben musste. Er hat die Schokocreme gewiss nur aus Frust gegessen.«
»Was isst er denn bei Ihnen zu Hause zum Frühstück?«, möchte Denner von ihr wissen.
Klaus-Ole grinst noch mehr. Die Mutter kommt ins
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