Dann klappt's auch mit dem Doktor
her.
»Das sieht klasse aus. Du solltest es nehmen.«
Sie kauft es. Derweil habe ich mich in einen lindgrünen Seidenschal verliebt. Der sprengt zwar bei weitem mein monatliches Shopping-Budget, tut aber meinem Selbstwertgefühl gerade unglaublich gut.
»Möchtest du nicht auch eines der Kleider probieren? Sie sind wirklich gut geschnitten und auch noch um dreiÃig Prozent reduziert«, hakt Caro nach.
»Gut geschnitten sind die Dinger nur für Idealfiguren. Ich bleibe bei meinem Schal.«
»Du spinnst. Du hast eine tolle Figur.«
Das denke ich bei anderen auch immer.
Caro kauft noch einen zum Kleid passenden Strickbolero und ein Paar cognacfarbene Lederstiefel mit atemberaubenden zehn Zentimeter hohen Absätzen. Die Stiefel werden im Herbst der Hingucker sein. Auch ich habe ein Auge darauf geworfen und spiele ernsthaft mit dem Gedanken, mir ein solches Paar heiÃer Stiefel in Schwarz anzuschaffen. Bei der Anprobe stoÃe ich aber auf ein altbekanntes Problem: Die Stiefel sind am Schaft zu eng geschnitten.
»Haben Sie die Stiefel noch eine Nummer gröÃer?«, frage ich die Verkäuferin.
»Welche SchuhgröÃe haben Sie denn?«
»Eigentlich achtunddreiÃig.«
»Dann hole ich ihnen eine SiebenunddreiÃigeinhalb. Die Stiefel fallen sehr groà aus.«
»Ich probiere gerade die achtunddreiÃig, und da kann ich den ReiÃverschluss am Schaft nicht schlieÃen.«
Die Verkäuferin wirft einen abschätzigen Blick auf meine Beine.
»Wir haben auch andere, ganz bequeme Modelle.«
»Ich hätte aber gerne dieses.«
Die spinnt wohl. Sehe ich aus wie eine Frau, die bequeme Modelle braucht? Sie bringt mir die Stiefel in GröÃe neununddreiÃig. Auch da kann ich den ReiÃverschluss am Schaft nicht schlieÃen, dafür sind sie am Fuà bereits viel zu groÃ.
»Vielleicht zeigen Sie mir doch ein anderes Modell.«
Die Verkäuferin dreht sich um und ruft durch den ganzen Laden: »Ina, wo haben wir denn die Stiefel für Problemwaden?«
Gut, das reicht. Ich habe wohlgeformte Unterschenkel und keine Problemwaden, und die Lust auf neue Schuhe ist mir vergangen.
»Komm, Caro, wir gehen.«
Auch sie ist empört. »Problemwaden. Tss. Komm, lass uns noch mal nach Handtaschen gucken.«
»Gute Idee, die muss man wenigstens nicht anprobieren.« Nachdem sämtliche Kreditlimits erreicht sind, fahren wir zu Caro nach Hause. Das Einkaufen hat uns ziemlich hungrig gemacht.
»Hat Nils dich noch gut heimgebracht?«, möchte Caro wissen, während ich mich in die spätabendliche, zweite Welle des Feierabendverkehrs einfädele.
»Autofahren kann er, auch wenn er einen ziemlich brachialen Fahrstil hat.«
»Und, wie läuftâs in der Ambulanz?«
»Er ist kein einfacher Mensch. Aber sag das bitte nicht Ralf.«
»Keine Sorge, ich bin ja keine Klatschbase. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass Nils und du auf Dauer gut miteinander auskommen werdet.«
Das glaube ich absolut nicht, habe aber keine Lust, dieses Thema weiter mit Caro auszudiskutieren. Ich versuche einen Themenwechsel.
»Wie kommt denn Julius in der Kinderkrippe zurecht?«
»Oh, groÃartig. Er fühlt sich dort total wohl. Zum Glück, sonst hätte ich Probleme damit, wieder zu arbeiten.«
»Das freut mich.«
»Sag mal, willst du nicht auch bald mal Kinder bekommen?«
»Tja, prinzipiell schon. Aber vielleicht finde ich erst mal einen Mann, der keine Meise hat?«
»Gibt es wirklich keinen einzigen interessanten Mann in deiner Umgebung?«
»Nicht einen.«
Der Themenwechsel verläuft nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
»Hast du mal darüber nachgedacht, dich noch mal in so einem Internetforum anzumelden?«
»Wo sich alle als Superhelden präsentieren und nichts dahintersteckt? Nein, danke. Ich warte einfach, bis mir der Richtige irgendwann in hundert Jahren oder so über den Weg läuft.«
»Aber du kannst doch nicht ewig Single bleiben.«
»Keine Sorge! Ich versuche nur, das Thema entspannt anzugehen. Der Richtige wird mich eines Tages finden.«
Caro wagt einen kleinen Versuch: »Du, ich kenne da einen herzensguten lieben Menschen. Den wollte ich dir schon immer mal vorstellen.«
»Ich möchte keinen herzensguten Menschen, sondern einen Mann«, wiegele ich empört ab.
Manchmal ist Caro echt zu gutmütig für diese Welt.
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