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Dann klappt's auch mit dem Doktor

Dann klappt's auch mit dem Doktor

Titel: Dann klappt's auch mit dem Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lenz
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Schreck verschluckte und fast erstickt wäre.
    Marvin wird einige Tage auf einer unserer Stationen überwacht werden müssen und freut sich schon riesig auf das Krankenhaus-Diätessen. Kaum kann er wieder atmen, fängt er auch schon an zu meckern.
    Â»Ey, da hab isch keinen Bock drauf, Alte. Du kannst misch mal! Isch esse den Fraß von denen nicht. Bring mir gefälligst Bratwurst und Pommes mit. Du bist schuld, dass isch jetzt hier bin«, pflaumt er seine Mutter an.
    Denner und ich verlassen den Behandlungsraum.
    Â»Das hast du gut gemacht. Wirklich. Du hast dem Jungen das Leben gerettet.«
    Nils klopft mir auf die Schulter. Erstaunt über ein Lob aus seinem Munde, fasse ich mir an die Schulter und sehe ihm nach, wie er Richtung Kantine geht. Ich habe inzwischen ebenfalls Hunger. Da der größte Ansturm auf die Notaufnahme vorbei ist, rufe ich Vera auf ihrer Station an. Vielleicht hat sie ja Zeit, essen zu gehen. Wir haben Glück, und Vera kann sich mit der Ausrede einer Literaturrecherche kurz von ihrer Arbeit abseilen. Es ist Monate her, dass wir zusammen mittaggegessen haben. Meistens haben wir Pech, und unsere Dienste überschneiden sich nicht, oder wir haben schlichtweg keine Gelegenheit für eine Pause.
    Im Gang zur Kantine fängt Vera mich ab: »Dosenerbsen mit Dosenspargel in heller Sauce auf matschigen Spaghetti.«
    Sie verzieht demonstrativ angeekelt das Gesicht. Darauf habe ich auch keinen Appetit. »Und nun?«
    Â»Komm, lass es uns in der Cafeteria versuchen, da können wir uns auf der Terrasse in die Sonne setzen.«
    Â»Labbrige Baguettes und lauwarmer Instant-Cappuccino sind in der Tat immer noch besser als das Kantinenessen.«
    Das Einzige, was uns von einer mittelmäßigen, aber hoffentlich sättigenden Mahlzeit trennt, ist die endlose Schlange vor Olgas Kaffeebude . Aber was bleibt uns anderes übrig? Wir stellen uns an. Vor uns steht ein jugendlicher Patient in einem ausgeblichenen grauen Bademantel, dessen tennisbesockte Füße in grellgelben Badelatschen stecken. Seine fettigen Haare stehen wirr in alle Richtungen ab, und am Gürtel des Bademantels hängt ein Urinbeutel.
    Â»Den hätten sie auch mal durch die Wanne ziehen können«, raunt Vera mir naserümpfend ins Ohr.
    Â»Psst, den kenne ich. Geht nicht. Der lässt sich nicht waschen. Ist schon ein Kampf, in dem Zimmer mal durchzulüften.«
    Â»Nun ja, es ist ja noch keiner erstunken.«
    In genau diesem Moment werden wir von einer Killer-Duftwolke, bestehend aus einer penetranten Mischung aus kaltem Zigarettenrauch und Frittierfett, von hinten überrollt. Veras Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hätte sie jetzt doch Lust auf Matsch-Spaghetti.
    Â»Ich nehme zurück, was ich gerade gesagt habe.«
    Ich japse nach Luft und drehe mich unauffällig um. Hinter uns hat sich eine ältere Dame mit zwei verrotzten Kleinkindern, vermutlich ihren Enkeln, angestellt.
    Â»Wenn ich bloß nicht so einen Hunger hätte. Wir sollten lieber gehen, das ist ja nicht auszuhalten«, flüstere ich Vera zu.
    Die zieht ein kleines Döschen aus ihrer Hosentasche und reicht es mir.
    Â»Hier, probier das mal. Ist Pfefferminzpaste. Die kannst du dir unter die Nase schmieren. Dann ist’s nicht mehr so schlimm.«
    Â»Brennt das nicht?«
    Â»Nö, ist absolut hautfreundlich.«
    Vera tupft sich ein wenig von der Paste unter ihre Nase. Die Dame hinter uns bewegt sich, und die Frittierte-Zigaretten-Wolke schlägt in hohen Wogen über uns zusammen. Schnell trage auch ich etwas von Veras Zauberpaste auf. Das ist wirklich gut. Jetzt rieche ich viel Pfefferminze und kaum noch diese grässliche Mischung aus Generationen von kalter Asche und ranzigem Fett.
    Â»Wo hast du das denn her?«
    Â»Hat mir ein Freund aus der Patho geschenkt. Für die ganz besonders fiesen Alkoholfahnen, die ich mir im Dienst reinziehen muss.«
    Â»Das muss ich mir auch besorgen.«
    Â»Ich frag ihn mal, ob er noch was hat. Hast du dich inzwischen wieder vom Wochenende erholt?«
    Â»Ja, doch, alles gut.«
    Â»War doch ganz nett mit deinem Psychologen, oder?«
    Â»Das ist nicht mein Psychologe.«
    Die Dame hinter uns rückt neugierig auf und richtet ihr Hörgerät. Ich kann schon ihren rauchigen Atem spüren …
    Â»Wie du meinst. Aber süß ist er jedenfalls«, setzt Vera noch eins drauf.
    Â»Das sagtest du bereits.«
    Â»Immerhin hat er dich

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