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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Fehér
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aus.
    Ich bin aber ausgeschlossen, und jetzt schließe ich die Welt aus. Stehe auf und lasse die Jalousie herunter, bis kein Lichtschimmer mehr in den Raum dringt, dann lege ich mich wieder hin. Noch einmal die CD, Ville Valos Stimme lockt mich, zieht mich an, zieht mich erneut in die Tiefe, es ist gut so, gut. Nur in der Finsternis finde ich meinen Frieden. Ich will diese Welt nicht. Nicht heute. Ich weiß nicht, wann wieder.
    Es klopft an der Tür, meine Mutter tritt ein und beugt sich über mich.
    Â»So schlecht geht es dir?«, fragt sie und legt ihre Hand auf meine Stirn. »Fieber hast du keines, dann scheint es Migräne zu sein. Hättest du doch was gesagt, ich war gerade einkaufen und hätte noch zur Apotheke gehen können. Möchtest du irgendetwas haben?«
    Â»Lass mal.« Ich rappele mich hoch. »Es geht schon wieder. Ich war ein bisschen kaputt nach der Schule und wäre fast weggedämmert.«
    Â»Bei der lauten Musik?« Sie dreht meine Anlage leiser. »Möchtest du jetzt vielleicht etwas essen?«
    Ich schüttle den Kopf. Sie soll gehen, aber ich kann es ihr nicht sagen, sie meint es gut mit mir und hätte es nicht verdient, dass ich ruppig zu ihr bin.
    Mama tritt ans Fenster und zieht die Jalousie wieder hoch, reißt das Fenster auf. Wieder die klare, unerwartet milde Aprilluft, aber die Schatten draußen sind schnell länger geworden, es wird nicht mehr lange dauern, bis es endlich dunkel wird.
    Â»Ich wollte dich eigentlich bitten, für mich zur Gärtnerei zu fahren.« Mamas Stimme klingt beinahe schüchtern, entschuldigend. »Vor dem Wochenende möchte ich so gern meine Stiefmütterchen auf dem Balkon pflanzen, die vertragen auch noch mal leichten Nachtfrost. Aber es muss nicht jetzt sein, wenn dir nicht gut ist. Ich dachte nur, dann hättest du etwas Ablenkung von dem ganzen Schulstress und ein wenig frische Luft.«
    Â»Mach ich schon«, antworte ich. Der Blick auf meinen CD-Wecker verrät, dass mein Vater bald kommt; jede Minute, die ich nicht seinem Kreuzverhör ausgeliefert bin, kann nur gut für mich sein. »Wie viele Pflanzen brauchst du?«
    Â»Sechzehn. Kartons zum Transportieren bekommst du sicher dort, und parken kannst du auf dem Hof. Hier ist das Geld, das genügt auf jeden Fall.« Sie drückt mir ein paar Scheine in die Hand.
    Â»Willst du nur Stiefmütterchen oder auch noch was anderes?«
    Â»Etwas anderes dazwischen kann vielleicht noch aparter aussehen. Aber nicht zu viel verschiedenes durcheinander, am besten du lässt dich beraten. Ist es dir auch wirklich nicht zu viel?«
    Â»Ich mach das gern.«
    Ich war lange nicht mehr in der Gärtnerei, vor einem halben Jahr vielleicht, als ich mit meiner Mutter zusammen die Herbstblumen gekauft habe. Die wollte sie selbst aussuchen, sie geht richtig auf darin, zu jeder Jahreszeit den Balkon neu zu gestalten, und tatsächlich wirkt er auch immer wie ein richtiger kleiner Stadtgarten mit den weißen, eleganten Möbeln, antik wirkenden Blumentöpfen und Amphoren, die sie alle so platziert, dass jedes einzelne Stück und jede ihrer Fuchsien, Margeriten und was sie sonst noch so alles pflanzt, zur Geltung kommt wie auf einem Gemälde oder in einer Filmkulisse. Einer der Kästen ist immer ihr Kräutergarten, den hegt und pflegt sie besonders, damit sie alles, was sie kocht, vitaminreich würzen kann. Das Ende des Sommers stimmt Mama jedes Mal traurig, da will sie immer nur ein pflegeleichtes Gewächs, einen sanften Farbtupfer im Wintergrau, Erika oder Christrosen. Mamas Zeit ist der Sommer.
    Langsam rolle ich mit meinem Auto auf den Parkplatz der Gärtnerei. Es dämmert bereits und außer mir scheint keine Kundschaft mehr da zu sein; einen Moment lang befürchte ich sogar, sie könnte schon geschlossen haben. Aber der verglaste Verkaufsraum ist noch erleuchtet, etwas bewegt sich darin, sicher jemand vom Personal. Ich steige aus und schließe den Wagen ab, atme tief ein und eine Sehnsucht nach Freiheit kommt in mir auf, fast bin ich meiner Mutter dankbar, dass sie mich mit diesem Auftrag losgeschickt hat. Ablenkung von all dem Stress, und wenn es nur ist, um eine Stunde unterwegs zu sein und Balkonblumen zu kaufen. Ein wenig streife ich an den draußen aufgestellten Pflanztischen vorbei, Stiefmütterchen gibt es hier reichlich und in allen üblichen Farben, ich weiß bloß nicht, was noch dazu passt und bei

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