Dann muss es Liebe sein
scharf kritisiert; er fand, es sei gut und schön, Emma schützen zu wollen, allerdings müsse sie auch ein wenig Rücksicht auf mich nehmen.
»Trotzdem verstehe ich das nicht«, fügt Emma hinzu. »Kaum bin ich mal ein paar Tage weg, scheint hier alles den Bach runterzugehen.«
»Das stimmt nicht«, widerspricht Frances. »Maz macht ihre Sache großartig.«
»Wie auch immer, für den Rest des Tages bin ich ja da«, erwidert Emma. »Ich kann natürlich nicht operieren, also übernehme ich die Morgensprechstunde, wenn du nichts dagegen hast, Maz.« Sie schaut über Frances’ Schulter auf den Bildschirm, streckt die Hand aus und drückt eine Taste. »Was ist denn los? Wir haben ja kaum Termine.«
»Ich habe Frances gesagt, sie soll nicht zu viele Patienten annehmen«, antworte ich verärgert. »Ich kann nicht gleichzeitig operieren und Sprechstunde abhalten.« Ich sehe Emma warnend an. »Das kann niemand, nicht einmal eine Supertierärztin wie du. Und ehe du fragst, nein, Shannon kann dir nicht assistieren – ich brauche sie hinten im OP -Raum. Ich werde auf keinen Fall noch mehr Patienten in Gefahr bringen.«
»Willst du damit andeuten, ich wohl?«
Emmas Ton ist so herausfordernd, dass ich klein beigebe. Warum streiten wir eigentlich? Wir stehen doch auf der gleichen Seite. Wir wollen beide dasselbe, oder etwa nicht?
Ich gehe nach hinten auf die Station, um nachzusehen, ob Shannon Hilfe beim Vorbereiten des OP -Raums braucht. Ich nehme noch drei weitere Patienten in Empfang, dann fangen wir an.
Was ich nicht bedacht habe, ist, dass Shannon noch nicht vollständig eingearbeitet ist und für alles viel länger braucht als Izzy. Es dauert eine halbe Stunde, bis Raffles, Lynseys kurzbeiniger hellbrauner Hund, schlafend auf dem OP -Tisch liegt und das Operationsfeld rasiert und desinfiziert ist.
»Ist mit der Narkose alles so weit in Ordnung? Nicht, dass er mir hier gleich vom Tisch hüpft«, sage ich zu Shannon.
Mit geröteten Wangen fingert Shannon an dem Hund herum, prüft seine Reflexe, seinen Puls und die Atmung.
»Ich glaube schon«, entgegnet sie schließlich.
»Es wäre mir lieber, wenn du dir sicher wärst.«
Ihre Nervosität ist ansteckend. Ich spüre, wie mir das Haar unter der Haube am Kopf klebt. Ich wende mich dem Beistelltisch zu, um meine Instrumente zu sortieren – aber da liegt nichts.
»Wo sind die Instrumente?«, frage ich scharf.
Shannon sieht mich an. Ihre Lippen zittern. »Tut mir leid, das habe ich vergessen.«
»Hast du schon einen Satz für die nächste OP fertig?«
»Äh, ja … Sie kommen gleich aus dem Autoklav.«
»Dann bring mir den, und leg gleich einen neuen Satz für den nächsten Patienten hinein. Wir können alles ein bisschen hinauszögern – solange wir nicht noch um Mitternacht hier stehen und operieren.«
Ich warte ein paar Minuten mit erhobenen Händen, um ja nichts anzufassen, während Shannon mir sterile Instrumente besorgt. Dabei lasse ich Raffles nicht aus den Augen – seine Atmung beschleunigt sich kaum merklich.
»Shannon, kannst du kurz herkommen und nach Raffles sehen?«, rufe ich.
Wie schafft Izzy es bloß, immer an zwei Orten gleichzeitig zu sein?
Ich höre einen Knall und ein Klappern, vermutlich das Operationsbesteck, das auf dem Boden gelandet ist.
»Maz, ich habe es fallen lassen.«
»Was ist mit dem Notfallbesteck? Da muss noch ein Satz im Schrank liegen.«
Während Shannon danach sucht, beginnen Raffles’ Vorderpfoten zu zucken. Das ist kein gutes Zeichen. Es fehlte mir gerade noch, dass er aufwacht und den Luftröhrentubus durchbeißt. Ich strecke die Hand aus und drehe das Narkosegas höher.
»Shannon, ich bin nicht mehr steril. Ich brauche neue Handschuhe. Schnell.«
Endlich ist alles bereit, und mein Skalpell schwebt über Raffles Männlichkeit – oder sollte es in diesem Fall Rüdigkeit heißen? Ich setze den ersten Schnitt.
»So, Raffles wird jedenfalls keine Hündinnen in Schwierigkeiten bringen«, sage ich zu Shannon. »Lynsey ist sehr verantwortungsbewusst. Raffles war selbst in der Obhut des Tierschutzvereins, und sie will ihn nicht noch mehr kleine Streuner zeugen lassen.« Ich lächle. »Offenbar war Stewart von der Idee nicht so angetan. Wahrscheinlich ein Männerproblem.«
»Ich wüsste noch jemandem, dem man die Eier abschneiden sollte«, wirft Shannon verbittert ein, und ich bin froh, dass ihre Wut auf Drew inzwischen den Kummer überwiegt.
»Eine Kastration mindert zwar den Drang herumzustreunen, unterdrückt ihn
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