Dann muss es Liebe sein
redete er mit seinem Pferd, während der alte Fox-Gifford einen silbernen Flachmann aus der Tasche zieht, den Deckel abschraubt und ihn an die Lippen hält.
»Und das würde wahrscheinlich gerade so für Hals Operation reichen, was? Ich wette, das wird mich meine komplette Hälfte kosten. Ich wusste, wir hätten nicht herkommen sollen, Sohn.«
»Bist du wohl endlich still«, donnert Alex. Offen gestanden klingt er jetzt genau wie sein Vater. »Es wird Zeit, dass du lernst, deine Meinung für dich zu behalten.«
»Ich habe gehört, es kostet schon hundert Pfund, wenn man nur durch diese verdammte Tür kommt«, schimpft der alte Fox-Gifford weiter, ohne ihn zu beachten. »Wucherer sind das.«
»Das reicht, ich habe genug von dir«, erklärt Alex eisig. Er zieht einen Schlüsselbund aus der Tasche und wirft ihn seinem Vater zu. »Geh raus und warte im Wagen auf mich. Los, geh schon! Dieser alte Mistkerl«, schnaubt er, nachdem sein Vater hinausgehinkt ist. »Tut mir leid, Maz. Es ist ihm peinlich.«
»Klar, merkt man«, entgegne ich sarkastisch.
»Doch. Er würde es zwar niemals zugeben, aber er liebt diesen Hund.« Alex streichelt Hals Kopf. »Es war ein Unfall. Dieser dumme alte Narr hat im Haus seine Waffe gereinigt, und sie ist losgegangen.« Er erschauert. »Es hätte jeden von uns treffen können – Lucie, Seb, das Baby … Wie auch immer, ich kann das Bein nicht retten, ich habe weder die nötige Ausrüstung dafür noch die Erfahrung.«
»Es sieht dir gar nicht ähnlich, dich geschlagen zu geben.«
»Ich kenne meine Grenzen.«
Ich weiß nicht, wie es um meine Grenzen bestellt ist, allerdings hätte ich gedacht, sie seien erreicht, sobald es um den alten Fox-Gifford geht. Mir fällt kein einziger Grund ein, warum ich ihm einen Gefallen tun sollte. Aber Hals heißer Atem auf meiner Haut erinnert mich daran, dass ich, sollte ich einwilligen, ihn zu operieren, es für den Hund tue und nicht für seinen Besitzer.
»Wer hat den denn angelegt?«, frage ich, während ich die verschiedenen Lagen des Verbands abwickele.
»Ich«, antwortet Alex.
»Dafür bekommst du von mir drei Punkte von möglichen zehn. Das kriegt ja sogar Shannon besser hin.«
»Vater will nicht, dass er eingeschläfert wird. Welchen Eindruck er auch immer vorhin auf dich gemacht hat, es war reine Fassade.« Ich fühle, wie Hals zerschmetterte Knochen unter meinen Fingern knirschen, als Alex fortfährt: »Wenn es hart auf hart kommt, bringt er es nicht über sich.«
Ich untersuche Hal kurz, dann trete ich, das Stethoskop noch immer in den Ohren, einen Schritt zurück und denke nach. Ich schaue ihm in die Augen. Er schaut zurück. Er leidet am grauen Star, deswegen bin ich mir nicht sicher, ob er mich deutlich sehen kann. Die Wunde gleicht einem Schlachtfeld. Die Knochen sind zertrümmert. Wäre es fair, überhaupt noch etwas zu versuchen?
Als ich mein Stethoskop ablege, bemerke ich, dass Alex redet.
»Er ist etwas Besonderes. Bitte gib ihm eine Chance.«
Mir wird klar, dass Hal eine größere Chance hätte, wenn ich ihn an einen Spezialisten für Orthopädie überweise. Ich schlage Alex diese Möglichkeit vor, aber er schüttelt den Kopf.
»Das Wetter ist grauenvoll. Die Autobahn nach Norden wurde aufgrund einer Massenkarambolage gesperrt, und die Alte Brücke ist wegen des Hochwassers unpassierbar. Ich glaube kaum, dass er bis morgen warten kann.« Alex berührt meinen Arm. »Bitte, Maz.«
Das hat mir gerade noch gefehlt. Eine komplizierte Operation an einem alten Hund, der schon vor dem Unfall nicht mehr in allerbester gesundheitlicher Verfassung war. Auf den zusätzlichen Stress kann ich gerne verzichten, außerdem würde ich mir die ganze Zeit über Sorgen machen, dass der alte Fox-Gifford mich verklagt und mich in der ganzen Stadt schlechtmacht, wenn der Eingriff misslingt.
Ich berühre Hals weiches, mit dichtem, kurzem Fell bedecktes Ohr. Es fühlt sich an wie Maulwurfsfell. Hal schlägt zweimal mit dem Schwanz auf den Behandlungstisch. Ein bisschen Kampfgeist hat er noch in sich. Er will nicht sterben.
»Na gut«, beschließe ich, »allerdings nur unter der Bedingung, dass er mich nicht verklagt, wenn es schiefgeht.«
»Hal bestimmt nicht.« Alex grinst. »Aber für meinen Vater kann ich nicht die Hand ins Feuer legen. Glaubst du, du schaffst das?«
»Ich weiß nicht, ob ich das Bein retten kann, doch ich werde es auf jeden Fall versuchen.«
Wir machen ein paar Röntgenbilder und begutachten die Aufnahmen am
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