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Dann muss es Liebe sein

Dann muss es Liebe sein

Titel: Dann muss es Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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Brutus, der von dem Becher abgelassen hat und nun mit flehender Miene zu seiner Herrin aufschaut, als wollte er sagen: Hol mich hier raus!
    Mrs Dyer seufzt. »Ich komme mir so betrogen vor. Sie glauben gar nicht, wie enttäuscht ich bin.«
    Genau wie ich – enttäuscht und im Stich gelassen, von Drew, von Emma, von Shannon …
    Nachdem ich Brutus mit Mrs Dyer nach Hause geschickt habe, weil ich es für sinnvoller halte, dass die beiden die verbleibende Zeit zusammen verbringen, statt ihn noch länger hierzubehalten, sperre ich die Praxis für heute zu. Frances und Shannon sind schon gegangen, und ich bin endlich allein. Ich gehe nach draußen in den Garten und atme mehrmals tief ein, um meine Lungen von dem klebrigen Geruch nach Desinfektionsmittel, Blut und nassem Hund zu befreien. Eine Fledermaus huscht aus der Dämmerung hervor und ist im gleichen Moment schon wieder verschwunden, und ich wünschte, ich könnte es ihr gleichtun, aber das kann ich nicht. Ich muss eine Praxis am Laufen halten, Mitarbeiter organisieren, Patienten behandeln.
    Ich werde mich den Einwohnern von Talyton stellen müssen, die über uns reden und mit dem Finger auf uns zeigen werden. Ich bin verletzt und schäme mich für Emmas »Scheißegal«-Haltung Brutus gegenüber. Er ist ein großer Hund, nicht nur in seiner Statur, sondern auch, was seinen Charakter betrifft. Heute ist mir bewusst geworden, dass er seine Besitzerin ebenso sehr liebt wie sie ihn. Er vertraut ihr, so wie sie uns vertraut hat. Sie hat darauf vertraut, dass wir uns gut um ihn kümmern. Heiße Tränen laufen über meine Wangen. Wir haben die beiden so furchtbar enttäuscht.
    Als Emma und ich Tierärztinnen wurden, haben wir einen Eid geleistet. Wir haben geschworen, alles für das Wohl der uns anvertrauten Tiere zu tun. Was ist seitdem geschehen? Ich weiß, Emma hat eine schwere Zeit hinter sich. Sie hat ihr Baby verloren und sich dieser künstlichen Befruchtung unterzogen, aber das rechtfertigt nicht, was sie getan hat. Wenn sie sich der Belastung nicht gewachsen fühlte, hätte sie mit mir reden können. Sie hätte mit mir reden müssen, dann hätte ich Brutus’ Behandlung übernehmen können – mit Mrs Dyers Einverständnis natürlich.
    Ein kühler Wind streicht durch die Blätter des alten Apfelbaums hinten im Garten. Ich verschränke die Arme, ziehe den Pullover, den ich mir um die Schultern gelegt habe, enger und schaue hoch zu den Sternen. Es ist natürlich nicht allein Emmas Schuld. Sie ist – oder war, da bin ich mir im Moment nicht sicher – meine beste Freundin, und ich war in letzter Zeit einfach nicht genug für sie da. Ich hätte merken müssen, dass sie nicht in der Lage war, ihre Patienten angemessen zu betreuen. Ich hätte Drew besser im Auge behalten müssen. Ich sehe auf meinen Bauch hinunter, und wieder steigt der altbekannte Groll in mir auf. Ich hätte verdammt noch mal einfach nicht schwanger werden dürfen.
    »Ich hoffe, Sie achten auch genug auf Ihr Baby, Maz«, sagt Frances, als ich etwa eine Woche nach Drews Verschwinden vorne am Empfang auf meine heutigen Operationspatienten warte. »Mir scheint, Sie könnten eine Pause gebrauchen.«
    »Mir geht’s gut.« Die Antwort ist ein reiner Reflex. Natürlich geht es mir nicht gut. Es macht mir noch immer zu schaffen, was dem armen Brutus passiert ist. Es tut mir weh, dass jedes Mal, wenn ich einen Laden betrete, die Gespräche verstummen. Ich weiß, dass die Leute hinter meinem Rücken über die Praxis reden. Außerdem bringen mich meine Füße um, und ich habe nur drei Stunden geschlafen, weil ich wegen meines Bauchs keine bequeme Schlafposition mehr finde und immer wieder schweißgebadet aufwache, nachdem ich von unzähligen Käfigen mit beinlosen Hunden darin geträumt habe. Und die ganze Zeit kommt es mir vor, als versuchte ich, einen Elefanten die Treppe hochzuschieben, indem ich mich abrackere, um die Praxis allein zu führen.
    Aber ich werde keine Schwäche zeigen – genau wie ein krankes Kaninchen im Angesicht des Fuchses.
    Ich setze mich auf einen Stuhl und lege die Füße auf einen zweiten.
    »Ich habe gestern Christine Dyer gesehen – beim Metzger. Ich wollte etwas Hackfleisch kaufen, um mir einen schönen Cottage Pie zum Abendessen zu machen. Wie auch immer, sie hat noch einmal über alles nachgedacht, und sie macht Ihnen keine Vorwürfe, Maz. Sie hatte sich schon damit abgefunden, Brutus zu verlieren, nachdem Emma ihr gesagt hatte, was bei den Röntgenaufnahmen herausgekommen war.

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