Dann muss es Liebe sein
reichlich heruntergekommenes Seebad zu sein scheint, ergänzt er: »Natürlich ist es hier im Sommer viel schöner. Wie wär’s, wenn wir noch einmal mit Lucie und Seb herkommen? Wir können Sandburgen bauen und im Meer schwimmen.«
»Ich gehe nicht schwimmen.«
»Dann bleibst du eben am Strand und isst ein Eis. In den Sommerferien bist du ohnehin schon so dick wie ein Wal.«
»Sehr nett.« Vor meinem geistigen Auge taucht ein Wal mit Schwangerschaftsstreifen auf, während Alex fröhlich weiterplaudert.
»Mein Vater hat bis morgen früh Bereitschaft. Darauf habe ich ihn festgenagelt. Wenn er nicht mal mit einer einzigen Nacht Notdienst klarkommt, müssen wir uns endgültig nach einem dritten Tierarzt umsehen.« Er tunkt ein Kartoffelstäbchen in Ketchup und hält es mir vor den Mund. »Komm schon, Maz. Das sind die besten Pommes in ganz Devon, und du musst jetzt genug essen.«
»Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich überhaupt nichts tun muss«, erwidere ich, doch gleich darauf tut es mir wieder leid. »Entschuldige …«
»Schon gut – ich bin launische Stuten gewöhnt.« Lächelnd berührt Alex meine Wange, ein Fingernagel kratzt sacht über meine Haut, und mein Brustkorb wird vor Liebe und Verlangen ganz eng. »Ich würde niemals wagen, auch nur anzudeuten, dass es an den Hormonen liegen könnte … Maz, Schatz, ich liebe dich, und ich bin bei dir und dem Baby. Wir stehen das zusammen durch, das verspreche ich dir.«
»O Alex, ich liebe dich auch«, antworte ich, und zu meinem großen Kummer breche ich in Tränen aus.
11
Ein Vogeljunges
Als ich am nächsten Morgen mit einem Toast in der einen und einem Glas Wasser in der anderen Hand an den Empfang komme, höre ich Frances Selbstgespräche führen.
»Wie kann man nur so unaufmerksam sein? Einen Knopf berührt, ein Finger abgerutscht, und schon ist alles im virtuellen Orkus verschwunden«, schimpft sie ärgerlich. »Wenn es nach mir ginge, würde ich dir den Stecker rausziehen.« Sie dreht sich um und bemerkt mich. »Oh, Sie sind’s, Maz.«
»Haben Sie Emma gesehen?« Ich wollte sie schon anrufen, als ich heute Morgen um halb sechs aufgewacht bin, auf dem Rücken lag und Alex’ Hand auf meinem Bauch spürte, doch dann habe ich es mir anders überlegt – Ben legt Wert auf seinen Schlaf.
»Sie ist für die Morgensprechstunde eingeteilt. Wenigstens das hat mir der blöde Apparat noch verraten, ehe er alles verschusselt hat.« Frances meint den Computer. »Ich weiß wirklich nicht, warum wir nicht wieder die guten alten Karteikarten benutzen.«
»Weil niemand sie gerne einsortiert. Normalerweise ist Emma um diese Zeit längst da«, füge ich hinzu, denn ich kann es kaum erwarten, ihr meine Neuigkeit zu erzählen.
»Ich rufe sie an«, sagt Frances.
Ich versuche ebenfalls, sie zu erreichen, aber sie geht weder zu Hause ans Telefon noch an ihr Handy. Ich schicke ihr ein paar SMS , bekomme allerdings keine Antwort.
»Soll ich es weiter versuchen?«, will Frances wissen.
»Nein, lassen Sie nur. Es gibt sicher eine Erklärung dafür. Bestimmt musste sie zu einem Termin und hat nur vergessen, mir Bescheid zu sagen.« Auch wenn das nicht sehr wahrscheinlich ist. Sonst berichtet sie mir doch in allen Einzelheiten von ihren Planungen, von den Besuchen bei der Hebamme, vom Geburtsvorbereitungskurs bei Bev King und von ihrem aktuellen Ausgabenstand bei Mothercare. »Wie viele Termine hat sie denn heute Morgen?«
»Bis jetzt sind es sieben. Soll ich versuchen, sie abzusagen?«
»Nein, das schaffe ich schon, solange Sie keine neuen mehr hinzunehmen.« Ich habe Frances nicht gesagt, wie der Test ausgefallen ist, und sie hat nicht danach gefragt, aber die Frage steht zwischen uns, und ich will sie nicht beantworten, ehe ich mit Emma gesprochen habe.
»Soll ich Drew anrufen und ihn fragen, ob er herkommen und Ihnen helfen kann?«
Ich möchte ihn ungern an seinem freien Tag stören, aber … »Bitten Sie ihn doch, am späten Vormittag vorbeizukommen«, entscheide ich. »Dann kann er die restlichen Operationen übernehmen.«
Kurz nach elf schlurft Drew auf die Station und leert dabei ein Glas, dessen Inhalt nach Milch und rohem Ei aussieht.
»Kater?«, frage ich.
»Ich habe gestern Abend mit Stewart ein paar Bier gekippt.« Er lächelt schmerzlich. »Und vorhin hatte ich ein komplettes englisches Frühstück. Eier, Speck, die ganze Palette. Lynsey hat es extra für mich gemacht – da konnte ich ja schlecht nein sagen.«
»Tut mir leid, dass ich Sie an
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