Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)
sein, riechen aber drei Meilen gegen den Wind nach Zigarettenrauch, und ihre kleinen, spitzen Babybäuche sind jeweils nur bis zur Hälfte durch enganliegende T-Shirt-Fetzen bedeckt. Darunter blitzt gleich eine ganze Reihe dunkelroter Schwangerschaftsstreifen auf babyweißer Haut hervor.
»Okay, Ladys, wer von euch beiden Hübschen ist die Frau mit den Wehen?«
Es dauert eine ganze Weile, bevor Teenie Eins den Blick vom Handy reißen kann und mich mit leichtgeöffnetem Mund sinnentleert anstarrt. Ich meine fast, das Echo meiner Frage im Vakuum zwischen den Ohren dieser kleinen Kröte widerhallen zu hören, bevor sich ihr Mund tatsächlich stückchenweise weiter öffnet. Gebannt starre ich auf die im Zeitlupentempo ablaufende Mundmotorik, und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, ehe des Teenagers Großhirn Worte produziert. »Hääääääääääääh?«
Okay – EIN Wort!
»Hast DU Wehen, Kind? Und wenn ja, seit wann? Geht Fruchtwasser ab? Warst du irgendwann einmal bei einem Frauenarzt? Und wenn ja, bei welchem?«
Teenie Eins glotzt mich stumpf an, wendet dann den Kopf Teenie Zwei zu, die sich gerade begeistert kichernd die Reanimationsmaske vorhält und eine Portion Sauerstoff ins Gesicht blasen lässt – und meint nun gedehnt in die Richtung der Freundin: »HÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄH?«
Au weia, das hier kann wohl etwas länger dauern. Ich mache mich auf die Suche nach einer Hebamme und finde Gloria-Victoria seelenruhig in der Kreißsaalküche sitzend und ein Riesenstück Kuchen verdrückend.
»Gloooria – du musst dich dieser Kinder in der II annehmen – ich kann mich nicht um alles kümmern! Außerdem bin ich gerade Fancy-Nancy begegnet, die schön wie der junge Morgen mit ihrer logorrhoeischen Oma in meinem Untersuchungszimmer sitzt und mein Selbstwertgefühl komplett zum Teufel gejagt hat! Ich fühl mich hääääässlich …!«
»Doc Josephine, Doc Josephine – DU bist die Schönste im ganzen Land! Und wenn du nicht gerade hochschwanger bist, hast du eine sehr süße Figur. Ich schwöre!«
»Jaja, und Fancy-Nancy, hinter den sieben OP-Türen, bei den sieben Chirurgen ist noch tausendmal schöner als Ihr! Ist schon klar! Magst du dich jetzt – bitte, danke – um meine schwangeren Riesen-Kinder kümmern? Ich muss dringend auch so ein Stück fette Sahnetorte essen!«
»Sicher doch, Josephine. Für dich mach ich doch alles!«
»Auch Frau Vier in die Badewanne packen?«
»Aber ja doch – auch das!«
»Und bringst du mir etwas Kühles zu trinken, fächelst mir Luft zu und singst mich in den Schlaf?«
»Wir wollen es mal nicht übertreiben, ja!«
Und so sitze ich um – Uhrenvergleich – Elfhundertdreiundvierzig mit meinem Sahnetorten-Antidepressivum am Kreißsaalküchentisch, und alles könnte ein bisschen schön sein, wenn nicht …
»RING-RING-RING.«
»Josephine beim Essen, wer stört?« Es ist Schwester Notfall, die kaum verständlich ins Telefon haucht.
»Ich bin’s – du musst schnell kommen. Fancy-Nancy hat die Kavallerie gerufen!«
»Häh? Wie meinen?«
Die Schwester haucht lauter: »ÜBERZWERG ist da!«
»Nee – nä?«
»Aber ja – beweg deinen Hintern hierher – stat !«
Zurück im Ambulanzzimmer I steht der chirurgische Oberarsch Dr. Überzwerg, größter lebender Fan von Nancy-The-One-And-Only-Fancy, und versucht gerade erfolglos, seinen Blick vom kaschmirverpackten Superbusen seiner Lieblings-Assistenzärztin zu reißen, während Oma Coco die Hintergrundbeschallung übernimmt.
»… und dann war ich 1956 bei Herrn Prof. Zackig in Großkotzhausen, der hat mir dann die Gebärmutter ausgeschabt. Nein, warten Sie? Die Gebärmutter war 1963, im Jahr, nachdem meine zweite Tochter zur Welt kam. Die ist im Übrigen mit Herrn von und zu Rotz verheiratet, wissen Sie, Herr Doktor Überzwerg? DER Rotz! Cousin zweiten Grades von Graf Rotz! Nancy, Liebes, hast du deinem Oberarzt gesagt, dass Onkel Eduard schon mit der Frau Kanzlerin zusammen …?«
Ich beschließe, dem Theater an dieser Stelle ein Ende zu bereiten, und schiebe mich und den Bauch zwischen Überzwerg und Nancy hindurch zu Frau Coco-auf-der-Liege, woraufhin der Oberarsch – offensichtlich unverhofft aus schönem Tagtraum gerissen – beleidigt aufmuckt.
»Kollegin Josephine – es ist unfassbar, dass die arme Frau nun schon geschlagene zwei Stunden hier herumliegt, ohne dass auch nur eine Anamnese durchgeführt wurde. Ich werde mich Montag umgehend bei Ihrem Chefarzt über Sie
Weitere Kostenlose Bücher