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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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ihr Pflegekraftköpfchen geschmeidig gegen die geschlossene Apothekenschranktür zu hauen, wobei sie gebetsmühlenartig »Nein – Nein – Nein – Nein – NEIN!« vor sich hin murmelt.
    »Notfall – so geht die Tür nicht auf – da musst du schon den Schlüssel nehmen!«
    Notfall indes beachtet mich gar nicht, sondern schlägt ihre Stirn weiterhin stereotyp gegen die Blechtür.
    »Notfällchen, ich bin es. Josephine! Magst du mir nicht sagen, was los ist?«
    Die Schwester hält kurz inne, als überdenke sie meine Frage ernsthaft, schüttelt dann jedoch resolut den Kopf und fährt fort, die unschuldige Tür zu malträtieren. Mit der linken Hand hält sie mir die Aufnahmeformulare der Privatpatientin hin, während sie mit der rechten pumpschwengelartig in Richtung des ersten Untersuchungsraumes winkt. Kopfschüttelnd nehme ich das Klemmbrett entgegen und verlasse den Aufenthaltsraum.
    Auf der Untersuchungsliege in Zimmer eins liegt eine große, stattliche Frau in lindgrünem Tweedzweireiher à la Chanel. Augenblicklich fühle ich mich an meine Begegnung mit Chefs Chanel-höriger Schwiegermutter erinnert. Dies hier ist jedoch – dem Himmel sei Dank – eine ganz andere Person, nur der Chanel-Fetisch scheint derselbe. Und obendrein brabbelt diese hier wirres Zeug vor sich hin, was man beileibe nicht von Chefs Schwiegerdrachen behaupten kann. Ich hänge zumindest ganze zwei Sekunden lang der irrigen Meinung an, es handele sich um eine nicht zurechnungsfähige Person, als Frau Coco plötzlich meiner gewahr wird, und …
    »Aaaah – Schwester! Da sind Sie ja endlich. Sie müssen jetzt augenblicklich meinen Schwiegersohn anrufen. Graf von und zu Rotz. Sie wissen schon. Der Rotz! Hatte vergangene Woche das Vergnügen, mit der Kanzlerin zu Mittag zu essen. In Grunewald. Wissen Sie. Da war auch schon der Juhnke – ach, eine Schande, dass der schon gehen musste. Großartiger Künstler. Wirklich wunderbarer Mensch. Hab ihn noch selbst mit meinem Gatten, Gott hab ihn selig, im Friedrichstadtpalast gesehen …« Frau Coco hält kurz inne, um mit einem blütenweißen, spitzenumhäkelten Damentaschentuch das Tränchen fortzutupfen, welches gerade die runzelige Wange herunterläuft, holt dann einmal herzhaft Luft und rattert, ohne mir auch nur den Hauch einer Chance zu lassen, ungebremst weiter.
    »Wissen Sie, Schwester, die Luft ist schon sehr trocken hier herinnen. Bringen Sie mir doch ein Glas San Pellegrino. Ohne Zitrone, ein bisschen Eis. Und es ist ja schon so spät – ein kleiner Zwischenimbiss wäre auch recht. Etwas Leichtes. Keinesfalls Wurst. Käse wäre sehr schön. Es gibt doch diesen …«
    In meinen Ohren rauscht das Blut, und ich kann gerade sehr gut nachvollziehen, was die gute Schwester Notfall dort im Nebenzimmer treibt. Das hier ist maligne Logorrhoe, Sprechdurchfall vom Feinsten, und ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frau dazu bekomme, jemals wieder mit dem Reden aufzuhören. Aber versuchen muss ich es. Energisch packe ich mein Klemmbrett fester und baue mich in voller Größe vor der Sabbelmamsell auf, hole tief Luft – und habe auch schon versagt!
    »Meine Liebe, Ihr Kittel sitzt aber sehr unvorteilhaft. Sie sollten etwas Enganliegendes tragen. Dieser unförmige Sack schmeichelt ihrer Größe nicht wirklich. Und dieser Bauch da – versuchen Sie es doch mal mit Power-Yoga. Ich betreibe seit Jahren Power-Yoga und habe immer noch einen sehr straffen Bauch. Und Ihre Haare – mein Gott, diese Haare sind schon sehr liederlich zusammengesteckt. Sie sehen ja aus wie ein Frühlingsbusch …«
    Noch während ich insgeheim überlege, wie wohl genau ein Frühlingsbusch aussehen mag, mache ich auch schon auf dem Absatz kehrt und verlasse im Stechschritt den Untersuchungsraum. Das hält Frau Coco keineswegs davon ab, munter weiter vor sich hin zu rhabarbern. Wie Wasser aus einem Springbrunnen sprudelt ununterbrochen Wort um Wort aus ihrem Mund hervor. UNFASSBAR das!
    Im Aufnahmezimmer hockt Notfall mit roter Stirn und Kaffeepott Nummer sechs auf der Bank und hebt abwehrend die freie Hand.
    »Kannst du vergessen, Josephine! Ich geh da NIE WIEDER rein! Ich schwöre!«
    »Aber irgendetwas müssen wir doch tun? Wir können sie schließlich nicht den ganzen Dienst über dort liegen lassen!« Ich muss schon wieder unmotiviert schnaufen. Mein Kreuz bringt mich heute noch mal um.
    »Was hat die Frau überhaupt?«
    »Du meinst, außer einem Riesen-Dachschaden? Die Einweisungsdiagnose lautet ›Verdacht

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