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Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition)

Titel: Dann press doch selber, Frau Dokta!: Aus dem Klinik-Alltag einer furchtlosen Frauenärztin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Josephine Chaos
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nur anderer Menschen Hilferufe hier angekommen! Was willst DU denn noch?«
    »Bei Frau Vier gehen gerade die Herztöne in den Keller – aber so was von! Ich hab schon zweimal Bolus-Wehenhemmung drin, aber wir sind immer noch bei 80 Schlägen!«

    Das ist alles ein böser Traum. In Wirklichkeit liege ich gerade am Waikiki-Beach und schlürfe Mai Tais, die Wellen rollen malerisch am blütenweißen Sandstrand hin, alles ist ruhig und friedlich …
    »JOSEPHINE!«
    Ruhig und friedlich hört sich definitiv anders an! Als ich die Augen erneut öffne, glotzen mich zumindest nicht mehr nur meine drei Hebammen an, sondern obendrein – reichlich motiviert und erschreckend kompetent – die Jungs der Schlafmedizin!
    »Kollege Sandmann!«, bricht es überglücklich aus mir heraus. »Mach der Frau mal bitte wieder Kreislauf, okay? Und weißte – ich liebe dich!«
    »Geht klar, Josi!«, brummt Sandmännchen freundlich und pfeift Frau Drei schon von der Tür aus den zweiten Zugang rein.
    Bleiben nur noch zweieinhalb Probleme – die Blutung, die Beckenendlage und die Badewanne. Ich muss nachdenken – ganz kurz nur muss ich nachdenken …

Beckenendlagengeburten sind wie afrikanische Elefanten
    Es ist wie im schlechten Film – das Orchester gibt die Variation in Moll, der Technische Assistent fährt Slow-Mow und gedämpftes Licht, während um mich herum Menschen mit verwischten Konturen und abgehackten Bewegungen durchs Bild flimmern. Zwei Sekunden nur, dann ist es vorbei. Genug nachgedacht – JETZT mal schnell die Welt retten!

    »Frau Drei kommt in den OP – SOFORT! – Eine Ampulle von dem hier geben und den Tropf fertig machen. – Im Saal dann drei Siebe bereit stellen: Nahtset, Curette und Hysterektomie. Sobald sie gelagert ist, gebt ihr Bescheid. – Sandmann, du bist der Chef, bis ich dazukomme. Oder – so der Herr will – Oberarzt Napoli endlich hier aufschlägt!«

    So, Nummer Eins – Verzeihung: Nummer Drei ist abgehakt, somit ist Nummer Vier die Nummer Zwei auf der Liste – kann mir noch irgendjemand folgen?
    Ich sprinte also nach Kreißsaal IV, wo meine kleine Patientin mit dem Riesenbauch laut stöhnend und schnaufend auf ihrem Kreißbett liegt, während die Herztöne des Kindes immer noch weeeeeeiiiiiit im Keller sind. Na ja – Australien trifft es eher. Tief halt.
    Das Babyköpfchen ist im Scheidenausgang schon deutlich zu erahnen – tiefschwarzes Haar, nass und lockig. Eigentlich eine schöne Aussicht.
    »Wie lange sieht das CTG jetzt schon so bescheiden aus?«
    »Acht Minuten …« Soli steht im eigenen Saft – Schweißränder, groß wie Russland, zieren ihren Hebammenkittel sowohl vorne als auch hinten, während die Graulöckchen auf ihrem Kopf munter vor sich hin tropfen.
    Acht Minuten, Kopf tief Beckenmitte, der OP voll, kein zweiter Arzt und die Blutung hat Vorrang. SCHEISSE! (Das muss jetzt mal gesagt werden!)
    »Soli – ruf den Chef an!«
    »Okay!«
    Es macht mir ein bisschen Angst, dass noch nicht einmal der Versuch einer Gegenfrage kommt. Der Chef hat keine Rufbereitschaft. Nie. Dafür ist er der Chef. Wenn man ihn anruft, ist Holland in Not. Land unter. Aller Tage Abend – sucht euch etwas aus. Das weiß die Hebamme. Und der Chef auch.
    »Chefarzt – hier ist Hebamme O Sole Mia! Sie müssen kommen – sofort!«
    Nach dem Zeitfenster zwischen »Sofort!« und Hörer aufgelegt zu schließen ist unser Chef von der Schnell-Versteher-Sorte, denn da war noch nicht einmal die Zeit für ein »Okay« dazwischen.
    »Was jetzt?« Soli schaut mich erwartungsvoll an, den Hörer immer noch fest in der Hand. Die Herztöne sind noch so, wie sie schon die ganze Zeit waren – und ich hab keine Ahnung, warum. Keine Dauerwehe, keine Blutung, keine Nabelschnur. Einfach nur eine total beschissene Herzfrequenz und sekündlich blauer werdende Kopfhaut unter schwarzem Babyhaar.
    »Kiwi!«
    Ich ziehe jetzt. Pfeif auf dickes Kind in kleiner Frau, auf Schulterdystokie und alles, was es sonst noch gibt – das Kind muss da jetzt raus. Und zwar pronto!
    Für alle nicht Eingeweihten: »Kiwi« ist kein Obst – zumindest nicht im Kreißsaal –, sondern eine Plastik-Einhand-Saugglocke, die mittels Unterdruck am Babykopf befestigt wird. Sobald das Teil sitzt, kann man dann am integrierten Griff ziehen und in aller Regel das Kind so in die Welt befördern. Hervorragend geeignet bei Frauen im akuten Erschöpfungszustand und/oder bei schlechten kindlichen Herztönen. Dagegen äußerst

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