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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gleichen Entstehungszeit
- Dracula und, sagen wir einmal, Jude the Obscure miteinander vergleichen, dann wird das von alleine deutlich. Aber kein Roman überdauert einzig wegen der Originalität seiner
Idee - auch nicht aufgrund von Diktion oder Ausarbeitung,
wie so viele Verfasser und Kritiker moderner Literatur zu
glauben scheinen …, diese Händler und Verkäufer von wunderschönen Autos ohne Motor. Zwar ist Dracula kein Jude, aber Stokers Roman um den Grafen liefert dem Verstand
noch lange Stoff zum Nachdenken, nachdem das ghulischere
und lärmendere Varney the Vampyre verstummt ist; dasselbe
gilt für Mary Shelleys Abhandlung über das »Ding ohne
Namen« und Robert Louis Stevensons Version desWerwolfMythos.
    Was die Möchtegern-Verfasser »ernster« Literatur (die
Handlung und Geschichte ans Ende einer langen Reihe setzten, die von Diktion und einem glatten Sprachfluß angeführt
wird, den die meisten Collegeausbilder fälschlicherweise für
Stil halten) zu vergessen scheinen, ist die Tatsache, daß Romane Maschinen sind, so wie Autos Maschinen sind; ein
Rolls-Royce ohne Motor könnte als der Welt teuerster Begonientopf dienen, und ein Roman, in dem keine Geschichte erzählt wird, wird nichts mehr als eine Eigenheit, ein kleines
Gedankenspiel. Romane sind Motoren, und was immer wir
über diese drei sagen können, ihre Schöpfer haben sie mit genügend Einfallsreichtum versehen, daß sie schnell und heiß
und sauber laufen.
    Seltsamerweise war nur Stevenson in der Lage, den Motor
mehr als einmal zum Laufen zu bringen. Seine Abenteuerromane werden immer noch gelesen, aber Stokers spätere Bücher, etwa The Jewel of the Seven Stars (dt: Die sieben Finger
des Todes) und The Lair of the White Worm (dt: Das Schloß
der Schlange), sind heute längst vergessen und werden nicht
mehr gelesen, es sei denn von den eingeschworensten Fantasy-Fans.* Auch Mary Shelleys spätere Schauerromane sind
fast völliger Vergessenheit anheim gefallen.
    Jeder der Romane, die wir hier behandelt haben, ist in
einer Weise bemerkenswert, nicht nur als Horror- oder Spannungsroman, sondern als Beispiel eines viel umfassenderen
Genres: dem des Romans an sich.
    Wenn Mary Shelley davon ablassen kann, weitschweifig
die philosophische Bedeutung von Victor Frankensteins Arbeit zu diskutieren, gibt sie uns einige bemerkenswerte Szenen von Einsamkeit und grimmigem Horror - am bemerkenswertesten möglicherweise in der Schilderung der stummen
Polarwüste, als der beiderseitige Tanz der Rache sich dem
Ende nähert.
    Bram Stoker ist von den dreien wahrscheinlich der spannendste. Sein Buch mag modernen Lesern zu lang erscheinen, ebenso modernen Kritikern, die der Meinung zu sein
scheinen, einem Werk der populären Literatur sollte man
nicht mehr Zeit widmen als einem Fernsehfilm (in dem Glauben wohl, daß die beiden austauschbar sind), doch in seinem
Verlauf werden wir mit Szenen und Bildern belohnt - wenn
das das richtige Wort ist -, die eines Dore würdig wären: Renfield, der seinen Zucker mit der unerschütterlichen Geduld
des Verdammten ausbreitet; das Pfählen von Lucy; das Köpfen der drei unheimlichen Schwestern durch Van Helsing; das
    * Man muß der Gerechtigkeit halber hinzufügen, daß Bram Stoker
einige absolut meisterhafte Kurzgeschichten geschrieben hat -»The
Squaw« (dt: »Die Squaw«) und »The Judge’s House« (dt: »Das Haus
des Richters«, u. a.) dürften zu den bekanntesten gehören. Wer Spaß
an makabrer Kurzprosa hat, sollte sich seine Sammlung Dracula’s
Guest (dt: Draculas Gast) besorgen, die zwar dummerweise vergriffen,
aber in den meisten Bibliotheken vorhanden ist.
    Ende des Grafen, das von einem Gewehrfeuerhagel und
einem nervenaufreibenden Wettlauf gegen die Dunkelheit
begleitet wird.
    Dr. Jekyll and Mr. Hyde ist ein Meisterstück der Kürze - so
das Urteil von Henry James, nicht meines. In dem unersetzlichen kleinen Handbuch vonWilfred Strunk und E. B. White, The Elements of Style, lautet die dreizehnte Regel für eine
gute Komposition einfach: »Unnötige Worte weglassen.« Zusammen mit Stephen Cranes Red Badge of Courage (dt: Die
rote Tapferkeitsmedaille), Henry James’ The Turn of the
Screw, James M. Cains The Postman Always Rings Twice und
Douglas Fairbairns Shoot könnte Stevensons ökonomisch gestaltete Horror-Geschichte als Musterbeispiel für junge
Schriftsteller dienen, wie Strunks Regel 13 - die drei bedeutendsten Worte, die überhaupt jemals in einem Lehrbuch
über die Kunst des Schreibens geschrieben wurden -

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