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Danse Macabre

Danse Macabre

Titel: Danse Macabre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Review). Wie dem auch sei, schließlich kommt sie durch die Tür wie ein
gräßliches Sprungteufelchen aus der Schachtel, graues Haar
und irre Augen, sie tobt und schwingt eine Axt. Und als ich
weglaufe, stelle ich fest, daß das Haus irgendwie nach außen
explodiert ist - es ist so viel größer geworden - und ich mich
vollkommen verirrt habe. Wenn ich aus diesem Traum erwache , schlüpfe ich sofort auf die andere Seite des Bettes zu meiner Frau.
    Aber wir alle haben unsere Alpträume, und wir verwenden
sie alle so gut wir können. Doch es ist eine Sache, einen
Traum zu verwenden, aber wieder eine ganz andere, anzudeuten, daß derTraum die Ursache in sich und von sich selbst
ist. Das hieße, etwas Lächerliches von einer interessanten
Nebenfunktion des menschlichen Gehirns zu behaupten, die
wenig oder gar keine Bedeutung in der wirklichen Welt hat.
Träume sind lediglich Gedankenfilme, Schnipsel und Überbleibsel unseres wachen Lebens, die der emsige Verstand,
dem es widerstrebt, etwas ungenützt hinauszuwerfen, zu eigentümlichen kleinen, unterbewußten Mustern verwebt.
Einige dieser Gedankenfilme gehören in die Kategorie »Nur
für Erwachsene«; einige sind Komödien; andere sind HorrorFilme.
    Ich bin der Meinung, daß Schriftsteller gemacht und nicht
aus Träumen oder Kindheitstraumata geboren oder erschaffen werden - wenn man Schriftsteller wird (oder Maler,
Schauspieler, Regisseur,Tänzer, und so weiter), ist das eine
direkte Folge des bewußten Willens. Natürlich muß auch eine
gewisse Begabung im Spiel sein, aber Begabung ist ein
schrecklich billiges Zubehör, billiger alsTafelsalz. Was den begabten Menschen vom erfolgreichen unterscheidet, ist eine
Menge harte Arbeit und Lernen; ein unaufhörlicher Prozeß
des Schleifens. Begabung ist ein stumpfes Messer, mit dem
man nichts schneiden kann, es sei denn, es wird mit großer
Gewalt geführt - einer so großen Gewalt, daß das Messer gar
nicht richtig schneidet, sondern reißt und bricht (und nach
zwei oder drei solchen brutalen Hieben kann es selbst zerbrechen …, was mit so unterschiedlichen Schriftstellern wie ROSS Lockridge und Robert E. Howard passiert sein mag).
Disziplin und harte Arbeit sind die Schleifsteine, mit denen
man das stumpfe Messer der Begabung schärfen kann, bis es
hoffentlich scharf genug wird, daß es auch das zäheste Fleisch
und Knorpel durchschneiden kann. Keinem Schriftsteller,
Maler oder Schauspieler - keinem Künstler wird jemals ein
scharfes Messer gegeben (aber manchen Menschen werden
unglaublich große gegeben; einen Künstler mit einem so großen Messer nennen wir »Genie«), und wir schleifen mit unterschiedlichen Stufen von Eifer und Geschick.
    Ich will damit sagen, daß der Künstler, wenn er erfolgreich
sein will, zur rechten Zeit am rechten Ort sein muß. Die
rechte Zeit liegt in Gottes Hand, aber einer jeden Mutter
Sohn oder Tochter kann sich zum rechten Platz vorarbeiten
und warten.*
    Aber was ist der rechte Ort? Das ist eines der großen ungelösten Geheimnisse menschlicher Erfahrung.
Ich erinnere mich, daß ich als Kind einmal mit meinem
Onkel Clayton mit der Wünschelrute unterwegs war. Er war
ein echter Mainer, wenn es je einen gegeben hat. Wir schritten
dahin, mein Onkel Clayt und ich, er mit seinem schwarz-rot
karierten Flanellhemd und der grünen Mütze, ich in meinem
blauen Parka. Ich war etwa zwölf; er hätte Mitte vierzig oder
Mitte sechzig sein können. Er hatte die Wünschelrute unter
einem Arm, ein wie eine Schleuder geformtes Stück Apfelbaumholz. Apfelbaumholz war das beste, sagte er, aber in der
Not tat es auch Birke. Außerdem gab es noch Ahornholz,
aber Onkel Clayts Überzeugung war, daß Ahornholz das
schlechteste Wünschelrutenholz war, weil die Maserung nicht
stimmte und es einen anlog, wenn man es ließ.
Mit zwölf Jahren war ich alt genug, nicht mehr an den Nikolaus, die Zahnfee oder Wünschelruten zu glauben. Eines der
seltsamen Dinge in unserer Kultur ist, daß Eltern sich befleißigt sehen, ihren Kindern diese reizenden Geschichten so
schnell wie möglich auszutreiben - Dad und Mom finden vielleicht nicht genügend Zeit, ihren Kleinen bei den Hausaufgaben zu helfen oder ihnen abends eine Geschichte vorzulesen
(laßt sie statt dessen fernsehen, das Fernsehen ist’n großartiger Babysitter, ‘ne Menge schöner Geschichten, laßt sie fernsehen), aber sie machen sich wirklich große Mühe, den
armen alten Nikolaus zu diskreditieren oder Wünschelruten
oder Brackwasserhexerei. Dafür ist

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