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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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brachte, wo ich meine Nekromantenausbildung absolvieren sollte. Während meiner Zeit in Rigger Hall hatte ich die Straßen bei Nacht nur selten gesehen; nach Einbruch der Dunkelheit war es den Schülern nicht gestattet, das Schulgelände zu verlassen, und in den Jahren nach meiner Ausbildung an der Akademie war ich, obwohl ich in Saint City lebte, nie östlich der Brücke gewesen. Überall in der Welt war ich Flüchtigen hinterhergejagt, aber diesen Ort hatte ich, obwohl er doch so nahe war, gemieden wie der Teufel das Weihwasser.
    Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich das auch weiterhin so gehalten.
    Nebel stieg von der Bucht und vom See auf, ein feuchter, undurchdringlicher Nebel, der in der Nähe des Bodens grün und zwischen den Straßenlampen orangefarben glänzte. Mit dem Nebel drang der Geruch von Salzwasser herüber, außerdem von Feuer, abgebranntem Kerzenwachs und Asche. Vielleicht verströmte auch nur meine Kleidung diesen Geruch nach verbranntem, zerstörtem Leben.
    Ich stieg den Sommersby Hill hinauf und stellte zu meiner Überraschung fest, dass es den Sommersby Store noch gab.
    Während ich in Rigger Hall gewesen war, hatten wir Kinder alle in unserer mageren Freizeit in diesem Laden eingekauft: billige Romane und Modemagazine über Holovidstars, Süßigkeiten, um das fade Essen zu ergänzen, und Haschzigaretten, die man aufs Schulgelände schmuggeln musste. Der Laden hatte damals eine Theke für den Straßenverkauf gehabt, an der Tofu-Hot-Dogs und andere billige Gerichte sowie Eis verkauft wurden, aber dieser Teil des Gebäudes war jetzt mit Brettern vernagelt. Mit der Auflösung von Rigger Hall musste dem Geschäft auch der Großteil seiner Kundschaft abhanden gekommen sein. Es war ein Wunder, dass wenigstens der Laden selbst noch existierte.
    Ein paar Minuten lang stand ich da, die Hände in den Taschen von Jace’ Mantel vergraben, das Schwert durch eine Schlaufe am Gürtel meiner Waffenausrüstung gesteckt, und betrachtete die Auslage im Fenster, dessen rotes Neonlicht auf dem dreckigen Glas verschwamm. Der Zeitungsständer neben der Eingangstür war verschwunden, nur ein blasses Rechteck in der Wandfarbe ließ noch erahnen, wo er damals gestanden hatte. Aber das Slicboardregal war noch da. Die vernagelte Hälfte des Ladens war über und über mit Graffiti bedeckt, und im ersten Stock war eins der Fenster zerbrochen. Ich starrte die Glastür mit ihrem altmodischen Infrarotdetektor an, über deren mittlerer Strebe immer noch ein Plastilinschild verkündete: Ladendiebstahl wird angezeigt. Es war schmuddelig und wellte sich an den Ecken.
    Schließlich zog ich mein Schwert aus der Gürtelschlaufe, nahm es in die linke Hand und überquerte die Straße.
    Gleich wird mich meine eigene Vergangenheit verschlingen. Kein angenehmes Gefühl – schließlich hatte meine Vergangenheit Zähne. Und was würde aus mir werden, wenn sie mich erst mal verdaut hatte?
    Willst du wohl mit solchen ekelhaften Überlegungen aufhören! Bitte, Danny. Du nervst dich doch sogar selbst.
    Als ich in die warme Düsternis trat, piepste der Bewegungsmelder. Der Laden sah verdreckter und heruntergekommener aus als damals, aber sonst war alles noch beim Alten: dieselbe Eismaschine wie früher, der Ständer mit den Holovidmagazinen, Regale voller Kekspackungen und Junkfood in glänzender Folie, außerdem ein Plasilicaschrank mit billigen Klappmessern und Datbandzubehör, das wie Narrengold funkelte. Der Boden war immer noch mit schwarz-weiß kariertem Linoleum bedeckt, und in den Ecken sammelten sich Dreck und Staub. Die Vergangenheit war so greifbar, dass ich schon darauf gefasst war, das bedrückende Gewicht des Kontrollhalsbands an meiner empfindlichen Kehle zu spüren, genau wie die kratzigen Wollsocken an meinen Waden, und, wenn ich den Blick senkte, meine schorfigen Knie unter einem Schottenrock zu sehen.
    „Kann ich Ihnen helfen?“
    Die Stimme war ein unangenehmer Schock. Noch schockierender war der dazugehörige Mann: fett, unrasiert, bekleidet mit einem fleckigen weißen T-Shirt, schmierigen roten Hosenträgern und einer weiten Khakihose. Ich atmete tief aus. Meine linke Hand, die das Schwert hielt, sank herab. „Hallo.“ Meine Augen gewöhnten sich allmählich an das trübe Licht. Im Fenster blinkten rote Neonreklameschilder für Zigarettenmarken: Tamovar. Marlboro X. Gitanes. Copperhead. „Ich hätte gern ein Päckchen Gitanes. Oder besser gleich zwei. Und das silberne Zijaan da drüben.“ Ich nahm mir ein paar

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