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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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blinkten – 75. Ein Zittern überlief mich. Der Kalender hinkte mindestens zwölf Jahre hinterher.
    Die Extrapackung Gitanes steckte ich in die Manteltasche, die erste riss ich auf, nahm mein Wechselgeld und spazierte aus dem Laden. Sein sarkastisches „Schönen Abend noch“ überhörte ich.
    Äußerst unwahrscheinlich, dass der Abend das auch nur ansatzweise wird. Ich trat in den Nebel hinaus. Meine Hände zitterten nur leicht, als ich das Zijaan mit meiner freien rechten Hand betätigte und die erste Gitane anzündete. Der Geruch des synthetischen Hasch ließ mich beinahe würgen. Ich blinzelte. Meine Augen tränten. Mit gesenktem Kopf überquerte ich die Straße, vor mich hintrödelnd wie an den Nachmittagen, wenn wir das Schulgelände verlassen durften. Dann sah ich mich noch einmal nach dem Sommersby Store um.
    Ein Schauder lief mir über den Rücken.
    Er war dunkel und auf der ganzen Front mit Brettern vernagelt, verlassen wie alle anderen Läden. Kein Licht, keine Neonreklame, kein fetter, haariger Ladenbesitzer.

32
     
     
     
    Schlagartig war mein Mund wie ausgetrocknet, und am Rand meines Gesichtsfeldes wurde alles grau und verschwommen. Ich kämpfte dagegen an, beugte mich nach vorne, und wieder verkrampfte sich meine rechte Hand. Die rot glühende Spitze der Zigarette schien mich zu verhöhnen. Vorsichtig inhalierte ich und sog den Rauch bis tief in die Lungen.
    „Verdammte Scheiße, ich habe gerade einem Geist Zigaretten abgekauft.“ Selbst für meine Ohren klang meine Stimme hoch und kindlich. Hieß das, die Götter standen mir zur Seite? Oder halluzinierte ich mal wieder? Beides war gleich wahrscheinlich.
    Wieder überquerte ich die Straße. Falls mich irgendjemand beobachtete, würde er mich vermutlich für geistesgestört halten. Ich zerrte an den Kartons über der zerbrochenen Glastür, die eben, als ich den Laden betreten hatte, noch heil gewesen war, und stellte mich auf die Zehenspitzen, um einen Blick ins Innere werfen zu können. Eine berauschende Geruchsmischung aus Abfall, Feuchtigkeit und Fäulnis schlug mir entgegen; meine dämonenscharfen Augen erspähten einen umgekippten Zeitschriftenständer und auf dem Boden verstreut ein paar Holomagazine und allen möglichen Müll. Der Plastilintresen war ebenfalls ramponiert, und rechts davon waren ein in den Boden gekratzter Kreis und Brandflecken zu erkennen. Vermutlich hatte sich ein Obdachloser in dem verlassenen Gebäude ein Feuer gemacht.
    Ich ließ die Zigarette fallen und öffnete meine Tasche. Das Magazin war verschwunden, ebenso die Süßigkeiten, nur die Zigaretten waren noch da. Ich fischte das andere Päckchen aus meiner Manteltasche und starrte die beiden an. Dann drehte ich das ungeöffnete um und las das Warnetikett. Außerdem wurde auf der Rückseite für ein Gewinnspiel geworben, bei dem man einen Gleiter gewinnen konnte.
    Ich zerknüllte beide Päckchen, spürte, wie die Zigaretten zerbrachen, und ließ sie achtlos fallen. Dann zog ich das silberne Zijaan aus der Manteltasche.
    Mir blieb die Luft weg, als hätte mir jemand einen Schlag in den Magen versetzt. Das Feuerzeug war vom langen Gebrauch verbeult und zerkratzt, und auf einer Seite waren in Kursivschrift die ineinander verschlungenen Buchstaben C und M eingraviert.
    Ich blinzelte. Dann schnipste ich mit dem Daumen den Verschluss hoch und drehte das Rädchen. Eine orangefarbene Flamme leuchtete auf. Ich ließ den Verschluss wieder zuschnappen und fuhr mit den Fingern die Buchstaben nach.
    Zum ersten Mal in meinem Leben war ich völlig ratlos. Wieder sah ich an den zugenagelten Schaufenstern hoch und roch die Fäulnis und diesen seltsamen, schwer einzuordnenden Geruch.
    CM? Christabel Moorcock?
    „Christabel?“, fragte ich zögerlich und hörte meine Stimme in dem feuchten, zerstörten Inneren des verlassenen Ladens widerhallen.
    Keine Antwort. Nur die Erinnerung an den schrecklichen, durchdringenden Schrei: Erinnere dich, erinnere dich. Der Fliedergeruch der Angst, der sich in das blassrosa Papier hineinfraß, als Christabel ihre letzte Botschaft schrieb. Die Erinnerung an ihr ordentlich gemachtes Bett, die Regale, auf denen nicht ein einziges Staubkörnchen lag, die makellose Küche und das ebenso makellose Badezimmer… alles penibel an seinem Platz.
    In den ganzen Jahren, in denen ich mich mit Psinergie und der seltsamen Logik von Magik beschäftigt hatte, war mir so etwas noch nie untergekommen. Ich hielt das Feuerzeug hoch und schluckte trocken. Dann ließ ich

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