Dante Valentine 02 - Hoellenritt
willkommene Schwärze zurückgesandt hatte, wenn ich mitten in der Nacht aus einem Albtraum hochgeschreckt war.
Die Zeit mit Japhrimel konnte ich auch dazurechnen, aber wir waren nicht viel zum Schlafen gekommen.
„Was ist denn jetzt schon wieder los?“ Jace klang schläfrig, schwang aber schon die Beine aus dem Bett und griff nach seiner Jeans. Ich stand bereits auf der anderen Seite des Zimmers und riss ein frisches Hemd vom Bügel, ohne dass ich wusste, wie ich dort so schnell hingekommen war. Wieder einmal war ich mit übermenschlicher Geschwindigkeit durch den Raum gefegt. Damit muss jetzt wirklich mal Schluss sein, dachte ich.
Nach mehr als zehn Monaten hatte ich mich immer noch nicht daran gewöhnt. Ich erinnerte mich gut, wie schnell Japhrimel sich bewegen konnte, und fragte mich, ob es bei mir auch so unheimlich und gespenstisch aussah, wenn mein Körper blitzschnell durch den Raum schoss und mein Verstand erst noch nachkommen musste. Ein Teil meiner Kraft, hatte er gesagt. Damit du stärker und nicht so leicht zu verletzen bist.
Ohne dieses Geschenk wäre ich inzwischen vermutlich tot.
Glückliche Danny Valentine – sie ist stärker als der Durchschnittspsion.
„Gabe. Wir sollen sofort ins Revier kommen.“ Gähnen musste ich nicht, aber ich holte tief Luft und fragte mich, woher bloß diese andauernde Müdigkeit kam. Wenn ich keinen Schlaf brauchte, wieso war ich dann müde?
Brauchten Teildämonen überhaupt Schlaf? Nicht eines der Schattenschriftstücke der Magi und nicht eines der Dämonologiebücher hatten mir darüber Auskunft geben können, und wenn ich Flüchtigen nachjagte, fehlte mir einfach die Zeit, meine Nachforschungen voranzutreiben. Und wenn ich doch dazu kam, blieb mir zu viel Zeit, mir Gedanken zu machen.
„Scheiße.“ Jace gähnte, dann streckte er sich, strich sich das weizenblonde Haar aus dem Gesicht und streifte sich T-Shirt und Mörderausrüstung über: geöltes, geschmeidiges Leder, Waffen, Messer. Meine Hände bewegten sich genauso automatisch; allerdings pulsierte meine Rechte unangenehm, und als ich sie ausschüttelte, knackten die Gelenke. Ich zog mir den Riemen meiner schwarzen Segeltuchtasche über den Kopf und schob ihn diagonal über den Körper.
Vielleicht ging es wieder um die Jagd auf einen Flüchtigen. Ich hoffte es. Eine lange, komplizierte Jagd – eine, bei der ich immer nur über den nächsten Schachzug nachdenken musste. Egal. Ich riss die Jacke vom Haken und schlüpfte hinein. Meine beiden Messer ruhten in ihren Scheiden, die Pistole steckte locker und griffbereit an ihrem Platz, und meine Ringe versprühten wieder ein paar goldene Funken. Altvertraute Erregung mischte sich mit einem Gefühl von Grauen und vergiftete die Luft, die ich zwischen den Zähnen hervorpresste.
„Hat sie sonst noch was gesagt?“ Jace rieb sich gähnend das Gesicht. Seine Aura waberte unruhig, und die stachelige Schamanendunkelheit elektrisierte die Luft. Meine Energiehülle sang eine fast schon hörbare Antwort. „Was ich sagen will: Muss ich das Gewehr mitnehmen?“
„Nein.“ Ich sah nach, ob ich genügend Ersatzmunition in der Tasche hatte. Für die Plaspistole brauchte ich keine, für die Projektilwaffe schon. Durch die Jalousien meines Schlafzimmerfensters sickerte Sonnenlicht. Ich fühlte mich fix und fertig, wie immer tagsüber. „Nur deinen Stab. Wenn du dein Gewehr brauchen würdest, hätte sie nicht angerufen. Dann hätte sie höchstpersönlich vor der Tür gestanden.“
„Da ist was dran.“ Wie schaffte es dieser Mann, so beiläufig amüsiert zu klingen, noch dazu, nachdem er drei Viertel einer Flasche Chivas Red geleert hatte? Ich konnte immer noch seinen sauren Körpergeruch wahrnehmen: Psinergie, die den Alkohol abbaute und den Zucker des hochprozentigen Beruhigungsmittels umwandelte. „Scheiße, Danny. Ich glaube, ich bin immer noch besoffen.“
„Prima.“ Ich stopfte zwei weitere Magazine in die Tasche. Gute Vorbereitung ist alles. „Dann regst du dich wenigstens nicht auf. Komm jetzt.“
4
Die Spätnachmittagssonne ließ Jace’ Haare wie einen Hochofen leuchten. Ich blinzelte, rieb mir die Augen und glitt aus dem Taxi, während Jace den Fahrer bezahlte. Für ein Trinkgeld von fünfzig Credit hatte er uns in Rekordzeit zum südlichen Polizeirevier von Saint City gefahren. Mein Magen war immer noch heftig in Aufruhr. Den Göttern sei Dank, dass sich Teildämonen nicht oft übergeben müssen.
Oder zumindest musste ich das nicht –
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