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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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weitere Akte hinüber. Mir kam der Mageninhalt hoch, aber ich zwang ihn wieder hinunter. Ich übergebe mich nicht, rief ich mir ins Gedächtnis. Nein. Auf gar keinen Fall.
    Glücklicherweise kann man sich eine Angewohnheit, die man dreißig Jahre lang gepflegt hat, nicht so leicht abgewöhnen. Ich sah den Rest der zweiten Akte durch und reichte sie an Jace weiter. Dann nahm ich die dritte.
    „Das hier ist letzte Nacht passiert“, sagte Gabe angespannt. „Mach dich auf was gefasst.“
    Ich öffnete die Akte und spürte, wie ich kreidebleich wurde.
    Gabe starrte mich unverwandt an. Ihre Anspannung ließ den Staub in ihrem Büroabteil aufwirbeln und sich in anmutigen Mustern in der klimatisierten Luft drehen. So aufgebracht und mit der Ausstrahlung scharfer, kraftvoller Psinergie roch sie wie eine Mischung aus Pfeffer und Moschus, und das war gar nicht mal so schlecht – jedenfalls besser als der übliche menschliche Gestank. Ich hatte schon mal mit dem Gedanken gespielt, Testerin zu werden, einfach, um mich in Übung zu halten, nachdem ich Psinergie und psionische Begabungen jetzt nicht nur mit menschlichen Sinnen sehen und fühlen, sondern auch riechen konnte. Da mir eine solche Arbeit jedoch keine Adrenalinschübe verschaffen und mich auch nicht vom Denken abhalten würde, lagen die Bewerbungsunterlagen immer noch halb fertig auf meinem Laserdrucker.
    Das ist doch unmöglich! Ich drehte das Blatt mit dem Bericht des Coroners um. Dort stand, schwarz auf weiß, der Name des Opfers, dessen Glieder jemand in der Mitte eines Kreises herausgerissen und dann Knochen, Knorpel und Muskeln in nicht mehr erkennbare Fitzel zerlegt hatte. Ein außerordentlich brutaler Mord, der besonders erschreckend war, weil er an einem Psion wie mir verübt worden war. So verstümmelt die Leiche auch war, von ihrem Gesicht war gerade noch genug übrig, dass ich sie identifizieren konnte.
    Christabel Moorcock.
    Eine Nekromantin.
    Wie ich.

5
     
     
     
    „Sekhmet sa’es“, flüsterte ich. „Das ist…“
    „Kommt dir das irgendwie bekannt vor, Danny? Du bist doch neuerdings dauernd am Studieren. Wenn du dich nicht gerade mit einer Kopfgeldjagd umzubringen versuchst, steckst du die Nase ununterbrochen in irgendwelche Bücher. Erinnert dich das an irgendwas, das du mal gelesen hast? Oder gesehen?“
    Gabes Mund war eine dünne Linie, auf ihrer Stirn zeichnete sich deutlich eine steile Falte ab. Sie zog eine Zigarette heraus und steckte sie sich hinters Ohr. Der Geruch von trockenem synthetischem Hasch mischte sich mit dem Aroma ihres Zitronengrasshampoos.
    Ich starrte auf das Foto. „Nein. So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich habe mich mit Dämonen, alten Legenden und Magizeugs beschäftigt. Wenn ich nicht auf der Jagd war.“ Ich riss den Blick von dem erbarmungslosen Bild los. „Aber deshalb hast du mich nicht herzitiert.“
    „Christabel ist im Leichenschauhaus. Ich brauche dich, um sie zurückzubringen, damit ich sie befragen kann.“
    Jace erstarrte. Bei anderer Gelegenheit hätte ich das vielleicht lustig gefunden. Oder anrührend.
    Plötzlich hatte ich einen bitteren Geschmack im Mund. Ich rieb auf meiner linken Schulter herum, als wollte ich die Narbe mitsamt dem Hemd wegrubbeln. „Gabe…“ Meine Stimme klang, als hätte mir jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt.
    Seit Japhrimel mich verwandelt hatte, gab es nicht mehr viel auf dieser Welt, das mich verletzen konnte. Verwandelt, gengespleißt, zu etwas Neuem geformt – aber mein Herz war immer noch das eines Menschen. Es schlug unter einem robusten, biegsamen Brustkorb, und sein Puls war schwach in meinen Handgelenken und meiner Kehle zu spüren. Jetzt schlug es so heftig, dass ich mich ein wenig benommen fühlte.
    „Ich weiß, das ist hart für dich“, fuhr Gabe fort. „Seit… seit Rio. Bitte, Danny. Ich kann es nicht, ich habe es versucht, aber es ist einfach nicht genug übrig… von der Leiche. Oder da ist irgendeine Wand, eine Grenze. Ich schaffe es einfach nicht. Bitte.“
    Ich starrte wieder auf das Foto. Seit zehn Monaten hatte ich das Reich des Todes nicht mehr betreten.
    Seit Nuevo Rio nicht mehr, als ich schluchzend und zusammengekrümmt auf einem riesigen weißen, von Sonnenlicht überfluteten steinernen Vorplatz gelegen und gebetet hatte. Ich erinnerte mich an den Zimtrauch, der in die Luft gestiegen war, während der Körper des Dämons in meinen Armen Stück für Stück zerfiel.
    Mit dieser Erinnerung quälte ich mich normalerweise im Laufe

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