Dante Valentine 03 - Feuertaufe
fortpflanzen konnten. Als Santino Eve gezeugt hatte, war dies ein Schlag gegen Luzifers Macht gewesen, den dieser nicht einfach unter den Teppich kehren oder schlicht ignorieren konnte. Deshalb hatte mich Luzifer das erste Mal in die Schlangengrube geworfen.
Die Kellnerin brachte uns schwere Tassen aus echtem Porzellan und goss uns mit zitternden Händen wohlriechenden Jasmintee ein. Die Kanne stellte sie auf den Tisch, dann zog sie sich eilends zurück. Ihr schwarzes Haar glänzte im Schein der fluoreszierenden Lampen.
„Wieso hat Luzifer uns nicht einfach beide umgebracht, als du zum Gefallenen geworden bist?“ Ich rechnete gar nicht mit einer Antwort.
Einmal mehr überraschte er mich. „Ich vermute, weil er glaubte, wir könnten ihm noch von Nutzen sein. Wie dem auch sei, ich werde mich hüten, an Nachkommenschaft auch nur zu denken.“ Japhrimel senkte den Blick.
Der Dampf, der von den Tassen hochstieg, nahm eine rechtwinklige, in sich verschlungene Gestalt an. Ich räusperte mich. In meinem Leben hatte es nur eine einzige Phase gegeben, in der ich eigene Kinder auch nur in Erwägung gezogen hatte, und die war lange her. Trotzdem … „Und was wäre, wenn ich ein Kind haben möchte?“
Ich fühlte seinen Blick auf mir, starrte selbst jedoch stur in meine Tasse. Eine bedrückende Stille machte sich breit.
„Ach, vergiss es“, sagte ich schnell. „Konzentrieren wir uns lieber auf ein Problem nach dem anderen. Wir sollten alle aus dem Scheißhotel holen und an einen sicheren Ort bringen. Danach versuchen wir festzustellen, welcher Dämon sich hier in Neo-Prag rumtreibt und was er möglicherweise vorhat.“
„Wünschst du dir Kinder, Dante?“
Er konnte sich schlagartig verwandeln. Keine Spur mehr von Sarkasmus. Stattdessen war sein Tonfall vollkommen ruhig und ausgeglichen. So mochte ich ihn am liebsten. Ich wartete, bis sich der Kloß in meinem Hals aufgelöst hatte.
„Nein“, antwortete ich schließlich. „Es ist schon anstrengend genug, mit dir auszukommen.“
Er lachte, dass die Tassen nur so wackelten. Ich warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Ich kannte jede Linie und Kurve seines Gesichts, fast jeden Quadratzentimeter seines Körpers, aber das reichte mir nicht. Ich wollte wissen, was hinter diesen leuchtend grünen Augen vor sich ging, was da unter der perfekten goldenen Haut steckte und sich hinter dem Gesicht verbarg, das zwar nicht ganz so makellos war wie Luzifers, aber der Schönheit eines tödlichen Streichs mit einem Katana gleichkam.
Ich wollte in sein Inneres, in seinen Kopf krabbeln, um endlich sicher sein zu können, dass er mich nicht verlassen würde.
„Japhrimel, was hat dich auf die brillante Idee gebracht, dir wieder die volle Psinergie eines Dämons auszubedingen?“
Seufzend schüttelte er den Kopf. Seine Haare waren nun beinahe länger als meine und fielen ihm in die Augen. „Das hatte einen einfachen Grund: Ich wollte dich beschützen, Dante. Eine Hedaira ist nur insoweit sicher, als ihr Änankimel ihre Sicherheit garantieren kann.“ Hörte sich an wie ein Sprichwort, das schon oft zitiert worden war.
Jetzt oder nie, Japhrimel. „Hast du nicht immer behauptet, es gäbe nicht viele Dämonen, die dir gefährlich werden könnten, nicht einmal als Gefallener?“
„Wenn wir unseren Auftrag für den Fürsten erledigt haben, könnte er uns für entbehrlich halten. In dem Fall brauche ich jedes Jota Psinergie, das ich auftreiben kann. Ich werde dich nicht aufgeben. Weder überlasse ich dich Luzifer noch deiner eigenen Verrücktheit – und auch nicht deinem geschätzten Gott des Todes. Deshalb habe ich die Gelegenheit ergriffen, als sie sich mir bot. Es war nicht von langer Hand vorbereitet.“
„Ach so.“ Gegen mein weiteres Überleben konnte ich schlecht was sagen. „Tja, dann war es wohl eine gute Idee, nehme ich an.“
Er erwiderte nichts, sah mir nur tief in die Augen. Es war bloß ein kurzes Aufflackern, aber ich hätte schwören können, er sah dankbar drein.
Die Kellnerin kam mit dem Essen – Rindfleisch mit Nudeln für mich und ein Teller mit etwas, das aussah wie Frühlingsrollen, für Japhrimel, der ihr höflich dankte. Ich nahm zwei Plasilica-Stäbchen und machte mich an die Arbeit.
Er rührte sein Essen nicht an.
Ich blickte an ihm vorbei auf die Straße hinaus. Starker Verkehr. Unbehagen stob wie eine Vorahnung um mich herum auf. Ich schluckte meine Nudeln hinunter, trank einen Schluck Tee und fragte: „Also, was, glaubst du, geht hier ab?
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