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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund
Autoren: Lilith Saintcrow
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lehnte an einem Fenster und sah hinaus. Seine gelben Augen waren zu Schlitzen verengt, und die Narbe, die sich wie ein Fluss durch sein Gesicht wand, war rot und sah richtig bösartig aus. Mit einer Hand strich er gedankenverloren über den Griff einer Sechzig-Watt-Plaswaffe. Leander Beaudry, dessen Zulassungstätowierung fast schon unter seinen Bartstoppeln verschwand, tat alles, um Japhrimels Blick auszuweichen. Er saß mit angezogenen Knien auf einem der festgeschraubten Stühle, das Schwert über die Oberschenkel gelegt. Als ich in sein vertrautes, mir plötzlich ganz fremd vorkommendes Gesicht schaute, leuchtete sein Smaragd auf und stieß einen Funken aus. Er sah so … menschlich aus. Und er roch auch menschlich, ein Hauch von Sterblichkeit, der sich unter die Ausdünstungen aller anderen an Bord mischte.
    Aller, einschließlich mir. Mein Daumen lag auf der Sicherung des Katana.
    „Wir fallen hier zu sehr auf“, sagte Lucas, der mein Auftauchen nicht weiter kommentierte. „Wie lange bleiben wir?“
    „Nur kurz.“ Japhrimels Wärme in meinem Rücken fühlte sich angenehm an. Er stand so dicht hinter mir, wie er das sonst nie getan hatte. „Bis wir haben, was wir benötigen.“
    McKinleys Augen waren wie zwei kleine Strahler auf mich gerichtet, was mir ganz und gar nicht gefiel. Der Abscheu, den ich vom ersten Moment an für ihn empfunden hatte, war wie Schmirgelpapier, das mir jemand über die Haut zog. Auch das Klicken der Knochen, die Vann warf, ging mir auf die Nerven.
    Ich fragte mich, ob ich es wohl schaffen würde, einen von ihnen oder sogar beide umzubringen, bevor Japhrimel einschreiten konnte. Ich überlegte mir sogar schon, wie ich das am besten anstellen sollte. Bei dem Gedanken, wie ich das Schwert ziehen und meiner Wut freien Lauf lassen würde, verspürte ich eine ungesunde Freude.
    Ich würde Anlauf nehmen und springen, während McKinley noch ahnungslos auf seinem Stuhl saß. Mit einem singenden Ton würde das Schwert aus der Scheide gleiten und diagonal nach oben fahren, sodass es ihn auch dann erwischte, wenn er auszuweichen versuchte. Nach hinten konnte er nicht entkommen, denn der Stuhl war festgeschraubt, er konnte ihn also nicht einfach umkippen. Der nächste Stoß würde in die umgekehrte Richtung erfolgen, ihm den Rest geben und mich in eine hockende Position bringen, aus der ich mich sofort auf Vann stürzen könnte …
    McKinleys Augenlider hoben sich mit lähmender Langsamkeit, und er blickte mich an, als könnte er meine Gedanken lesen.
    Ich bin sicher, dass mir ins Gesicht geschrieben stand, was ich dachte, schließlich spürte ich selbst, wie sich meine Lippen zu einem kalten Lächeln verzogen und kräftige weiße, dämonisch veränderte Zähne sehen ließen.
    McKinley rührte sich nicht. Als er schluckte, war die Bewegung seines Adamsapfels deutlich zu erkennen, aber Angstgenich ging nicht von ihm aus. Stattdessen betrachtete er mich, als wäre ich ein giftiges, aber nicht sonderlich intelligentes Tier, eines, vor dem man sich trotz seiner Dummheit in Acht nehmen musste.
    Japhrimels Hand senkte sich auf meine linke Schulter herab, und seine Finger legten sich fest auf das Mal in der empfindsamen Kuhle über meinem Schlüsselbein. „Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung“, sagte er leise. Seine Stimme konnte ich trotz des plötzlichen Rauschens in meinen Ohren deutlich wahrnehmen. „Schließlich ist es ganz natürlich.“
    McKinley zuckte lässig mit den Schultern. „Sieht nicht so aus, als würde sie dem zustimmen, mein Gebieter.“
    Japhrimels Daumen strich mir über das Schulterblatt und glitt über einen der Lederriemen meines Rüstzeugs. Die Berührung brannte sich durch mich hindurch und ließ das krankhafte, beunruhigende Bedürfnis nach Gewalt abklingen.
    Ergeht mir auf die Nerven, aber das ist kein Grund, ihn gleich umzubringen. Was denke ich bloß?
    Ich wusste es nicht. Und allein das war schon gefährlich.
    Die Stille hielt an, bis McKinley die Augen wieder schloss. Vann sammelte die Knochen auf und rollte sie mitsamt dem Lederviereck zu einem ordentlichen Päckchen zusammen, das er mit einem Lederband sicherte. Das kleine Bündel ließ er in seiner Kleidung verschwinden, bevor er sich geschmeidig erhob. „Werden wir Euch begleiten, mein Gebieter?“
    Die Art und Weise, wie die beiden Agenten mit Japh sprachen – mit auffälligem Respekt, aber auch uneingeschränktem Vertrauen –, ging mir ebenfalls gegen den Strich. Nicht, weil sie sich so ehrerbietig
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