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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund
Autoren: Lilith Saintcrow
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seltsame Kupfergeschmack in meinem Mund war mir äußerst vertraut.
    Ein Zeichen von Angst. Ich fürchtete mich vor meinem eigenen Gefallenen.
    Wie sollte ich damit umgehen?
    Geh damit um, wie du willst, sagte ich mir. Aber erst muss da noch jemand umgebracht werden. Dann kannst du dir alle Zeit der Welt nehmen und alles herausfinden, was du schon immer wissen wolltest.
    Meine Stimme überraschte mich. „Ich muss ihn umbringen.“ Ich ließ den Blick über Japhrimels Gesicht schweifen und suchte in seinen glühenden Augen nach der verborgenen menschlichen Dunkelheit. Sie war da, ich musste nur tief genug hineinsehen. „Ich muss ihn umbringen. Und du musst mir helfen.“
    Seine Antwort war ein knappes Nicken. Er fragte nicht, von wem ich sprach.
    „Keine Tricks mehr. Keine Lügen und keine Pläne, von denen ich nichts weiß. Schluss mit dem Versteckspiel.“
    Ein weiteres knappes Nicken. Er sah aus, als wollte er etwas sagen, schwieg dann aber doch.
    „Versprich es mir, Tierce Japhrimel.“ Selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich nicht noch todernster klingen können. Mein Magen zog sich zusammen, und meine Haut vibrierte, als erwartete ich einen Tiefschlag. „Versprich es mir.“
    „Was könnte ich dir versprechen, was ich dir nicht bereits versprochen habe? Um deinetwillen lehne ich mich auf, ist das nicht genug?“ Mit einer schnellen Bewegung legte er mir einen Finger auf die Lippen und erstickte meine Widerworte. „Komm mit.“
    Ich zuckte zusammen, konnte es aber ganz gut überspielen. „Wohin?“ Als ob das eine Rolle gespielt hätte.
    „Wir haben eine Verabredung. Eine, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie einhalten würde.“ Sein rechter Mundwinkel zuckte nach unten, und er gab ein leises, verbittertes Knurren von sich. Mir hätte eigentlich das Blut gefrieren müssen.
    Aber das tat es nicht. Aus irgendeinem Grund verspürte ich eine tiefe Erleichterung, die mir die Brust weit werden ließ. Er hatte es versprochen.
    Das würde reichen müssen.

6
     
     
    Konstans-Stamboul ist eine Stadt mit erstaunlich wenig hohen Gebäuden. Die Baugesetze hier sind sehr strikt und überkommenen Traditionen verhaftet, und der Verkehr besteht vor allem aus Fahr- und Lufträdern sowie aus einer nicht gerade kleinen Slicboardflotte. Gleiter gibt es nicht viele, und die Frachtkorridore über der Stadt sind voll von langsamen silbrigen Käfern, die sich vor einem meist tiefblauen Himmel abzeichnen. Die Luftverschmutzung aus früheren Tagen und die Stadtausdünstungen von heute liegen wie eine umgedrehte Schüssel, in der sich das Licht bricht, über verträumten Blocks aus Steingebäuden, unter die sich andere aus Beton und verwittertem Plasstahl mischen.
    Mittendrin erheben sich die weißen Wände und hochstrebenden Türme der Hagia Sofya wie ein makelloser Zahn aus einem ansonsten verfaulten Gebiss. Der anmutige und würdevolle Tempel ist vom Glauben und der Verehrung schmerzgepeinigter Jahrhunderte erfüllt. Altes Christentum, Islum, Gileads Evangelikalismus und schließlich das farbige, vielschichtige Summen von Psinergie, die bewusst von Psionen angesammelt wurde, die hierherkamen, um zu ihrem jeweiligen Gott zu beten, sowie von Normalos, die ebenfalls hierherkamen, um dieselben Götter versöhnlich zu stimmen. Der Glaube legt sich wie Tau auf die schneeweißen Wände, und überall in der Stadt kann man den Tempel aufragen spüren, wie ein Herz, das langsam aber sicher vor sich hin schlägt.
    Es gibt auch noch andere Tempel in Konstans-Stamboul, aber keiner von ihnen fühlt sich an wie Sofya. So wird sie von Psionen genannt. Sofya. Oder noch vertrauter: Sie. Es gibt nur zwei Tempel, von denen man in der weiblichen Einzahl spricht: Hajia Sofya und Notra Dama in Paradisse.
    Vann hockte auf dem rauen Plasstahlboden des Gleiters und warf etwas, das wie braune Fingerknöchelchen aussah, auf ein Viereck aus dunklem Leder, auf das drei konzentrische Kreise gemalt waren. Er sah nicht aus wie ein Psion, aber ich nahm an, dass ein Hellesvrontagent, der für Japhrimel arbeitete, hier und da ein bisschen was über Divination aufgeschnappt hatte.
    McKinley lümmelte auf einem Stuhl, den Kopf zurückgelehnt, sodass man einen Teil seiner bleichen Kehle sah. Wie üblich war er ganz in Schwarz gekleidet; die linke Hand, metallischer denn je, lag auf seinem Knie und glänzte in dem gedämpften Licht, das durch die schmalen Fenster fiel. Er sah müde aus. Unter seinen Augen hatten sich dunkle Ringe eingegraben.
    Lucas
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