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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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„Mir geht’s gut.“
    Eine weitere Lüge. In letzter Zeit gingen sie mir zunehmend mühelos über die Lippen. Dabei war ich immer so stolz darauf gewesen, dass ich stets zu meinen Worten stand. Ich fragte mich, ob sich dieser Stolz jetzt wohl gegen mich wandte und mir die Hände band, sobald ich meinen magischen Willen einzusetzen versuchte. Eine Nekromantin nutzt ihre Stimme, um die Toten zurückzuholen; deshalb reden wir die meiste Zeit auch nur im Flüsterton.
    Wir wissen, was das gesprochene Wort anrichten kann.
    Japhrimel schwieg so lange, dass ich schließlich die Augen schloss. Die Schwärze, die mich umfing, spendete mir keinen Trost. Als er sprach, klang es fast nur wie ein Murmeln. „Das glaube ich dir nicht, meine Neugierige.“
    Die Bitterkeit, die in meiner Antwort mitschwang, erstaunte sogar mich selbst: „Ich sollte mir für dich vielleicht auch mal so einen netten kleinen Spitznamen überlegen.“
    Etwas Derartiges hätte ich vielleicht in Toscano sagen können, damals, als die Welt noch in Ordnung war und nicht eine einzige Irrenanstalt. Zu der Zeit hatte ich gedacht, es ginge mir sauschlecht, ich sei aber auf dem Weg der Besserung. Ich hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, wie sauschlecht es mir noch gehen würde.
    Eine gemeine kleine Stimme in meinem Kopf flüsterte mir zu, dass ich vielleicht immer noch keine Ahnung hätte.
    „Tu das“, sagte er schließlich. „Ich würde auch daraufhören.“
    „Das wäre nichts Neues.“ Mit geschlossenen Augen ließ es sich leichter sagen. „Irgendwie.“
    „Ich war nicht nett zu dir.“ Die Worte sprudelten heraus, als hätten sie schon eine Zeit lang darauf gewartet, endlich ausgesprochen zu werden. „Was ich getan habe, geschah mit den besten Absichten. Das musst du mir glauben.“
    „Klar.“ Wen habe ich denn sonst noch, dem ich glauben könnte. „Japh, das ist schon in Ordnung. Du musst das nicht sagen.“
    Was so viel hieß wie: In puncto gute Absichten bin ich nicht in der Position, mit Steinen zu werfen. Und: Du hast mich gerettet, seihst wenn du das nicht musstest. Und: Jemand anderes hat mir wehgetan, nicht du. Es hieß auch noch ein paar andere Dinge, die ich aber nicht hätte aussprechen können. Vielleicht hatte es mal eine Zeit gegeben, wo ich einfach den Mund aufmachen und alles frei von der Leber weg sagen konnte, aber diese Zeit war lange vorbei.
    Außerdem hätte er es vermutlich nicht einmal verstanden, selbst wenn ich es in Worte hätte fassen können. Seine Unfähigkeit, die einfachsten Dinge über mich zu kapieren, hatte mir oft genug die Sprache verschlagen.
    Ich hatte nicht gehört, wie er das Zimmer durchquerte, spürte nur plötzlich seinen Atem in meinem Haar. Seine Wärme breitete sich über meinen Rücken aus. „Wir tun nur, was wir tun müssen.“ Jedes Wort berührte mein Haar wie die Finger eines Liebhabers, und dabei stellten sich mir die Nackenhaare auf. Nur sehr wenige Menschen kamen mir derart nah. „Du mehr als andere, glaube ich. Darf ich dich etwas fragen?“
    Ach du meine Güte! „Wenn du möchtest.“ Der Klumpen in meiner Kehle fühlte sich wie mit Eis überzogen an.
    Er schwieg, berührte meine linke Schulter und ließ die Finger über den Stoff meines Hemdes gleiten. Mein Kinn sank herab, und meine angespannten Schultern gaben nach.
    Vielleicht konnte ich mich ja wirklich ein paar Sekunden lang entspannen. Ich brauchte es. Ich war kurz vorm Durchdrehen -zu viel Gewalt und zu viel Aufgewühltheit über einen viel zu langen Zeitraum. Es war wirklich ein Wunder, dass ich noch keinen psychotischen Schub bekommen hatte. Ich wollte mich nur noch irgendwo verkriechen und ausruhen, die Augen schließen und die Welt ausblenden.
    Das Problem ist nur: Die Welt mag es nicht, wenn man sie ausblendet.
    Der Gleiter stieg, und mein Magen revoltierte. In einer vorgegebenen Bahn schwebten wir langsam über den höchsten Berg der Welt.
    Abgesehen natürlich von dem in meinem Kopf. Dem, der zwischen mir und jeglichem Anschein von Vernunft stand. Draußen vor der Tür hörte ich Lucas etwas murmeln, dann klickte etwas Metallisches – vermutlich Munition. Leanders gedämpfte Antwort war kurz und knapp.
    Japhrimel seufzte. Es klang sehr menschlich, und sein sanfter Atem wirbelte mein Haar auf. Als er die Arme um mich legte, entzog ich mich ihm nicht, lehnte mich aber auch nicht an ihn. Er breitete die Flügel aus und schloss mich in sie ein wie in einen seidenen Mantel. Würziger Dämonengeruch hing schwer in der Luft,

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