Dante Valentine 05 - Hoellenschlund
angereichert mit dem undefinierbaren Duft nach männlichem Wesen sowie einem Hauch von Leder und Schießpulver, eine Mischung, die nur von ihm ausging.
Ich fühlte mich wie in einem Kokon, in den nicht einmal mehr das Sternenlicht drang und in dem mir flüssige Hitze über die Haut glitt. Er war immer dermaßen warm!
Vor sehr langer Zeit hatte ich mal eine Abhandlung über Dämonen der Höheren Schar und ihre Flügel gelesen. Wenn ein Dämon die Flügel um ein anderes Wesen legt, macht ihn das nicht nur äußerst verletzlich, es ist fast schon ein Zeichen von Unterwerfung. Der Verfasser der Abhandlung – ein Magi aus der Zeit nach dem Großen Erwachen, dessen Schattenjournal noch schwieriger zu entziffern gewesen war als andere – hatte zwar nicht das Wort Vertrauen benutzt, doch das war meine Schlussfolgerung gewesen, auch wenn mir durchaus bewusst war, dass ich dabei etwas … Nichtmenschlichem menschliche Gefühle unterstellte.
Und das konnte ich mir einfach nicht abgewöhnen, auch nicht, wenn ich diesen kurzen, verebbenden Ton von mir gab, die Luft mit einem angedeuteten Schluchzer aus meinen Lungen strömte und ich mich von einem Moment auf den anderen entspannt an ihn schmiegte.
Jetzt war die Dunkelheit angenehm und tröstlich. Er hielt mich ganz vorsichtig fest, ließ das Kinn auf meinem Scheitel ruhen und verlagerte gelegentlich das Gewicht, wenn sich der Gleiter in die Kurve legte. Sein Herz schlug kräftig und zuverlässig, dreimal langsamer als meins.
„Ich wollte dich fragen, ob du mir verzeihen kannst“, murmelte er, und seine Stimme glitt wie ein dünner Goldfaden durch die Stille. „Ich wollte dich fragen, ob du bereust, dass wir uns kennengelernt haben. Außerdem wollte ich dich fragen …“
Ich wartete, aber er sprach nicht weiter. Wie soll ich dir denn auch nur eine dieser Fragen beantworten, Japhrimel? Du hast mir wehgetan, mich manipuliert … aber du bist auch immer zur Stelle, wenn ich gerade mal wieder von einem anderen Dämon misshandelt werde. Und wenn ich dich nie kennengelernt hätte, wäre Santino noch am Leben und Doreen ungerächt. Andererseits hätten dann Jace und Gabe und Eddie vielleicht nicht sterben müssen.
Wenn ich dich nicht kennengelernt hätte, wäre ich bei der Lourdesjagd getötet worden. Winzige, eisige Klauen arbeiteten sich meine Wirbelsäule hinauf. Gegen das Ka eines Schmarotzers zu kämpfen, das aus den Ruinen von Rigger Hall auferstanden war, wäre sogar für eine gut trainierte Nekromantin schier aussichtslos gewesen. Vielleicht hätten meine Kräfte ausgereicht, vielleicht aber auch nicht.
Vermutlich eher nicht. Schließlich wäre ich nur ein Mensch gewesen. Wenn ich ihn nicht kennengelernt hätte.
Wenn er mich nicht auf so vielen Ebenen verändert hätte. Und die körperlichen Veränderungen waren dabei noch das Geringste.
Wie hätte ich auch nur den ersten Faden finden sollen, um
dieses Knäuel aufzuknüpfen? Lügen und Wahrheit, Hass und Sehnsucht, alles ineinander verschlungen. Und selbst wenn ich mir daran die Hände verbrannte und in einen Abgrund stürzte, konnte ich mich doch auch darauf verlassen, dass er mich wieder herausziehen würde. Jedes andere Sicherheitsnetz, das ich je besessen hatte, war fort.
Sag ihm die Wahrheit, Danny, wenn du es schaffst. Sag ihn, dass du froh wärst, wenn du niemals sein Gesicht erblickt hättest. Sag ihm, dass du dir wünschst, Luzifer und er hätten dich in Ruhe gelassen, statt dich so auf zumischen, dass du kaum halbwegs geradeaus denken und nicht mal mehr mit deinem Gott sprechen kannst.
Na los, Süße. Reib ihm die schlechten Nachrichten unter die Nase. Vielleicht tut ihm das sogar weh.
Die Finger, mit denen ich das Katana hielt, entspannten sich. Das Rüstzeug war schwer, die Riemen schnitten mir in die Schultern, und an allen möglichen Stellen pieksten mich die Waffen. Nach einiger Zeit würde sich das Leder an mich gewöhnen, und ich würde die Griffe erst wieder spüren, wenn ich sie brauchte.
Sag es ihm, Dante. Du bist doch immer so stolz darauf, dass du stets die Wahrheit sagst und deine Versprechen einlöst. Sieh dir an, wohin dich das gebracht hat. Sag es ihm!
„Ich bin froh, dass ich dich kennengelernt habe.“ Die Lüge kam mir wie selbstverständlich über die Lippen. Zum ersten Mal sagte ich etwas Unwahres, das ich noch dazu so meinte, als ich es aussprach. „Sei nicht albern.“
Eine ewige Sekunde lang lehnte Japhrimel sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich. Dann richtete er sich
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