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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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bebaut worden, aber auch wenn jetzt alles ganz Hegemonie-Europa ist, kann man das alte Franje noch entdecken, und zwar in seiner ganzen Schönheit und chauvinistischen Größe. Paradisses oberirdische Sonnenseite wird in Holoviddarstellungen oft als Nirwana gepriesen, und Künstler haben in allen Jahrhunderten die Seitengassen durchstreift und sie in Gemälden verewigt.
    Aber unter der Erde, unter den Jahrhunderten menschlicher Behausung, existiert eine ganz andere Welt.
    Die Darkside, die Schattenseite von Paradisse, ist anders als das Gore in Jersey. Sie ist nicht einmal wie der Tank in Saint City. Klar, auch sie ist von Chill beherrschte städtische Fäulnis, aber unten in der Darkside gibt es nichts anderes als Mord, Raub und Ausschweifung. Einige Teile der Darkside sind halbwegs sicher für Normalbürger, die sich auf einen Sprung in die verrufenen Gegenden der Stadt begeben wollen. In diesen Gebieten werden die Bordelle und die Haschschuppen genauestens von der regulären Hegemoniepolizei überwacht, außerdem von Staatspolizei und einer Truppe Freiwilliger, die als Parisische Garde bekannt sind.
    In die anderen Teile der Darkside möchte man sich nur ungern verirren, nicht mal bei einer Kopfgeldjagd. Ich fragte mich, ob die eiternde Wunde städtischen Verfalls wohl heilen würde, jetzt, da es ein Heilmittel für Clormen-13 gab – Chill, die Droge, die an so viel Tod und Zerstörung schuld war. Schön wäre es ja, aber wenn die Geschichte uns eins gelehrt hat, dann, dass die Leute nun mal Drogen nehmen wollen. Die Pharmakonzerne würden neue Drogen erfinden, und die Mafia würde sie verkaufen. Wie ein altfranje Sprichwort besagt: Plus ga change …
    Das ist das Problem, wenn man sich mit Geschichte beschäftigt: Selbst ein unerschütterlicher Optimist wird dabei zum Zyniker. Jemanden wie mich, die ich sowieso eher pessimistisch veranlagt bin, führt es direkt in die Depression.
    Zwei Tage nachdem wir während eines blutigen Sonnenuntergangs aus Caracaz geflohen waren – als blinde Passagiere in einem transatlantischen Frachtgleiter –, saß ich ganz still auf einem Stuhl mitten in einem schwarzen kleinen Loch von Zimmer, das Schwert quer über die Knie gelegt. Wir hatten keine Gelegenheit gehabt, eine Scheide für das Schwert aufzutreiben, obwohl es sehr auffällig war, mit blankem Stahl herumzuspazieren.
    Draußen brodelte die Darkside.
    McKinley zog langsam die Gardine zur Seite und starrte auf die schmale, nur von Natriumbogenlampen erhellte Straße. Hier unten, unter dem Rest der Stadt, herrschte ewige Nacht. Bei jedem Atemzug hatte ich das Gefühl, der unglaubliche Druck der Jahrhunderte und der Erde über mir würde gleich einen Klaustrophobieanfall auslösen.
    Ich schloss die Augen und atmete. Die Abwehrzauber, mit denen ich die Wände und das Fenster überzogen hatte – leichte, unauffällige Zauber, die nur dem Zweck dienten, mich zu warnen, falls jemand auf das Zimmer schaute –, zitterten unbehaglich. Am liebsten hätte ich das Zimmer abgeschirmt, wie Japhrimel das immer machte, aber dann hätte ich meine Anwesenheit auch gleich auf den örtlichen Holoreklametafeln bekannt geben können.
    Meine Schulter war noch immer taub. Inzwischen kannte ich dieses Gefühl. Es bedeutete, dass Japh in der Hölle war, weit weg von der normalen Welt. Soweit man im Moment noch von normal sprechen konnte. Dass man den Magi verboten hatte zu praktizieren, hatte die Unruhen nicht im Geringsten eingedämmt. Psione werden nun einmal nervös, wenn sie ihre Fälligkeiten nicht einsetzen dürfen. Immer noch verschwanden Magi spurlos oder tauchten irgendwann als Leichen auf, und die Hegemonie hatte alle Hände voll zu tun, das in den Griff zu bekommen. Industriespionage und Raub hatten einen neuen Höchststand erreicht. In den Holovidnachrichten wurde nur noch von Gewalt und Zerstörung berichtet.
    Und dann gab es da noch Gerüchte über seltsame Wesen, die am helllichten Tag auf den Straßen gesichtet wurden, Wesen, die man seit dem Großen Erwachen nicht mehr gesehen hatte, als psionische und magische Begabung ihre Blütezeit erlebten, die Welt einen kollektiven Sprung in die Zukunft machte und sich aus der Ära der Unterwerfung befreite.
    In der Unterwelt der Kopfgeldjäger und Söldner erzählte man sich, ich sei irgendwo da draußen und auf meinen Kopf eine fantastische Summe ausgesetzt – egal, ob tot oder lebendig, Hauptsache, man konnte herausfinden, bei wem man mich eigentlich abliefern sollte. Auch Aussagen

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