Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
viel unheimlicher.“
„Ihre Berührung war allerdings angenehm“,
sinnierte Monja.
„Ja, das ist wahr.“
„Und was wirst du jetzt machen?“
Kilian wusste genau, was sie meinte. Er konnte
ihr nicht antworten, denn er wusste es nicht. Daher zuckte er nur mit den
Schultern.
„Willst du zu Hause anrufen?“, lenkte er ab.
„Ja, ich glaube, das wäre wirklich
keine schlechte Idee. Ich fühle mich schrecklich. Wir hätten gestern schon
anrufen müssen.“
„Ich weiß. Es war dann doch wohl
alles ein bisschen zu viel …“ Dass er sich nicht getraut hatte, ihre Mutter
über den Stand der Dinge zu informieren, verschwieg er lieber. Alles war so
schnell gegangen und er wusste nicht, was er tun sollte. Was hätte er sagen
sollen, außer: ‚Mama, uns geht es gut. Mach dir keine Sorgen’. Nein, er kannte
sie zu gut, und wusste, sie würde weiter darauf drängen, dass die Geschwister
sich auf den Heimweg machten. All das ließ er unausgesprochen.
Kilian führte Monja einen Stock höher in die
Bibliothek, doch das schnurlose Telefon auf dem Tisch war leer.
„Dumm. Ich habe keine Ahnung, wo die Basis von
dem Ding ist“, gab Kilian zu.
„Na weit kann sie nicht sein. Wenn nicht hier
drin, dann in den Nebenräumen. So eine große Reichweite haben diese Dinger doch
nicht.“
Sie machten sich auf die Suche und wurden zwei
Räume weiter fündig. Die Ladestation stand auf einem Schränkchen. Das Zimmer
selbst war ähnlich wie ein Büro eingerichtet. Nur mit dem Unterschied, dass in
den Schränken nichts drin und außer der Telefonbasis keine weiteren Geräte
vorhanden waren.
„Lass uns noch mal runtergehen. Ich will nicht
hier herumstehen, bis der Akku voll genug zum Anrufen ist.“
„Gute Idee“, pflichtete Monja ihm bei. „Dann
kannst du mir mal zeigen, wo ich schl afen soll. Das
Sofa ist zwar bequem, aber ich ziehe es vor, unbeobachtet zu schlafen.“
„Na ja, Gästezimmer gibt es wohl nicht.
Zumindest hat Danyel das gesagt. Ich denke, du kannst es auch eine Nacht neben
mir aushalten, oder? Sofern sich nichts anderes findet.“
„Neben dir? Ich dachte …“
„Falsch“, unterbrach Kilian. „Er schläft
nicht.“
Sie grinste frech. „Außer miiiii…“ Kilian
brachte sie zum Schweigen, indem er sie kitzelte.
„Du freches Ding! Wo ist nur meine kleine
Prinzessin hin?“, fragte er theatralisch leidend.
„Erwachsen geworden. Lass uns ein Rennen machen
– wer zuerst unten ist, hat einen Wunsch frei. So wie früher“, schlug sie vor
und stand schon in den Startlöchern.
„Meinetwegen – aber glaub nicht, dass du gegen
mich eine Chance hast!“, stimmte er lachend zu.
Gemeinsam zählten sie von drei rückwärts und
spurteten los.
h
Lautes und schnell aufeinanderfolgendes Poltern
von Absätzen schallte durch die Halle. Danyel legte die Feder beiseite und
stand auf, um nachzusehen. Kaum war er um die Ecke gebogen, sah er Eduardo auf
sich zukommen. Der schien aufgeregt zu sein. Der sonst so gelassene Mann war
ungewöhnlich hektisch.
„Was ist los?“
„Das … solltest du … dir ansehen!“, presste
sein Türwächter schnaufend hervor und deutete über seine Schulter zur
Eingangstür.
„Beruhige dich.“
Eduardo holte mehrmals tief Luft und sammelte
sich.
„Immer mit der Ruhe. Was ist da draußen?“
„Menschen. Viele Menschen und es werden immer
mehr. Sie demonstrieren. Manche haben große Transparente dabei.“
„Was?“, Danyel musste ein Lachen unterdrücken.
„Weshalb demonstrieren sie denn?“
„Sieh es dir selbst an. Ich habe es anfangs gar
nicht bemerkt, doch dann wurden das Gemurmel und die Rufe auf dem Platz lauter
und ich sah nach.“
Danyel folgte Eduardo ungläubig an die Tür.
Dort angekommen öffnete er sie nur einen Spaltbreit und spähte hindurch. Was er
sah, konnte er kaum glauben. Zwei der Transparente konnte er durch die schmale
Lücke erkennen. Das eine war beschriftet mit: Gerechtigkeit. Auf dem anderen
prangte die Forderung: Sieben Jahrzehnte für jeden Menschen!
Danyel grunzte und schloss die Tür. „Was ist
denn in die gefahren?“, brummte er und beantwortete sich die Frage sofort
selbst: „Dafour.“ Er ballte die Hände zu Fäusten. Hätte er den Verräter doch
nur nicht am Leben gelassen. Nun hatte er die Quittung für den Fehler vor der
Tür. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben.
„Schließ bitte jede Tür und jedes Fenster hier
vorne. Ich kümmere mich selbst um die hinteren“, wies er Eduardo
Weitere Kostenlose Bücher