Daphne - sTdH 4
besonders für Daphne zu interessieren
schien. Simon war eben doch einsame Spitze. Er war nie den Weg allen Fleisches
gegangen und zum Traualtar geeilt, warum sollte er auch? Es gab nur allzu viele
Frauen, die bereit waren, ihm ihre Gunst zu schenken, ohne ihn zu zwingen, sie
zu heiraten.
Lord
Sylvester plauderte liebenswürdig über die Torheiten der Dandys und Dandizettes,
über deren extravagante Moden sich ganz London ereiferte. »Ich war immer der
Ansicht, daß es besser ist, selbst zu bestimmen, was Mode ist, als sich ihr
sklavisch zu unterwerfen«, sagte Lord Sylvester.
»Ganz
richtig«, stimmte Mr. Apsley aufgeräumt zu. »Schauen Sie sich nur Simon an. Er
kümmert sich keinen Pfifferling um das, was die Leute sagen, und ich beneide
ihn darum. Er ging sogar soweit, die Höllenhunde durch die Stadt zu führen,
und Sie werden es nicht glauben: Am nächsten Tag gingen bereits einige von den
jungen Männern, die immer mit der Mode gehen, mit Fuchshunden die Straßen auf
und ab.«
Ein Gedanke
schoß ihm durch den Kopf. »Armitage!« rief er. »Mein Gott, ich hab' dich doch
zu einem Mr. Armitage nach Hopeworth geschickt, um mir die Hunde zu kaufen. Es
war doch nicht Hochwürden Armitage?«
»Derselbe«,
antwortete Mr. Garfield.
»Oh«,
machte Mr. Apsley, und ein Schatten flog über sein Gesicht. »Und ich habe mich
gefragt, warum du so erpicht darauf warst, aus diesen bösartigen Hunden Haustiere
zu machen.«
»Sie sind
nicht bösartig, wenn sie nicht grob und gefühllos angefaßt werden«, sagte
Daphne lebhaft.
»So ist
es«, stimmte Mr. Garfield zu. »Haben Sie vor, heute abend auf den Ball zu
gehen, Lady Sylvester?«
»Nein«,
antwortete Minerva. »Ich wußte nicht, wann Daphne ankommt, sonst hätten wir
vielleicht geplant, sie auszuführen.«
»Ich würde
mich glücklich schätzen, sie zu begleiten, Lady Sylvester, abgesehen davon,
daß sie natürlich auch eine Anstandsdame braucht«, sagte Mr. Garfield, während
ihn Mr. Apsley voller Abscheu betrachtete. Hatte Simon vergessen, daß sie
vorhatten, mit den anderen Freunden im »Ship« Karten zu spielen?
»Wenn das
so ist, mein Liebling«, sagte Lord Sylvester, »dann tu' ich dir den Gefallen und
bleibe mit Julian zu Hause, während du mit Daphne ein Weilchen auf den Ball
gehst.«
Obwohl Baby
Julian eine tüchtige Kinderschwester hatte, ganz zu schweigen von einem Schwarm
ergebener Diener, die sich um sein Wohlergehen kümmerten, fühlten Lord Sylvester
und Minerva sich nicht wohl, wenn nicht einer von ihnen zu Hause blieb, um
nach dem Rechten zu sehen.
Minerva biß
sich auf die Unterlippe. Sie hatte ihrem Mann auf dem Heimweg von der Küsserei
im Schlamm erzählt, und Sylvester hatte nur gelacht und gesagt, daß die
Versuchung vermutlich zu groß war. Mr. Garfield schien ihm zu gefallen. Minerva
seufzte. Sie wäre viel lieber zu Hause geblieben.
»Würdest du
denn gerne hingehen?« fragte sie Daphne, in der Hoffnung, daß die junge Dame
ablehnte. Daphne schaute Mr. Garfield an, und Mr. Garfield schaute Daphne an.
Diese senkte schließlich die Augen und sagte, daß sie sehr gerne gehen würde.
»Dieser
Garfield hat sie hypnotisiert«, dachte Minerva verärgert und beschloß, so bald
wie möglich mit ihrem Mann darüber zu reden.
»Ich möchte
doch bemerken«, murmelte Mr. Apsley unglücklich, »daß ich der Meinung war, daß
wir den Abend am Kartentisch verbringen.«
»Ich habe
es nicht vergessen«, antwortete Mr. Garfield gelassen. »Ich werde bestimmt zu
euch stoßen, wenn es mir gelungen ist, Miss Daphne zu überreden, mit mir zu
tanzen.«
Mr. Apsleys
Miene hellte sich auf. Simon konnte nicht öfter als zweimal mit dem Mädchen
tanzen, ohne gegen die gesellschaftlichen Regeln zu verstoßen.
Als Mr.
Garfield den beredten Ausdruck auf dem Gesicht seines Freundes beobachtete,
wurde es ihm wieder einmal klar, daß Edwin unerträglich war, wenn er sich
gerade zwischen zwei Affären befand.
Daphne
beobachtete beide Männer und wunderte sich, was in aller Welt
der elegante und gewandte Mr. Garfield an dem plumpen, ungehobelten Mr. Apsley
fand. Mr. Apsley wiederum schaute Daphne an und fragte sich von neuem, was Mr.
Garfield an so einem nichtssagenden harmlosen Mädchen zusagte. Sein Pulsschlag
beschleunigte sich nur bei den Schönen der Halbwelt.
Fünftes
Kapitel
Es fiel
der Brightoner
Gesellschaft nicht weiter auf, daß Mr. Garfield zweimal mit Daphne Armitage
tanzte. Ihre Schönheit erregte so viel Beachtung, daß ihre Partner gar keine
Rolle
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