Daphne - sTdH 4
spielten. Minerva war es zufrieden, bei den Matronen zu sitzen und den
Erfolg ihrer Schwester zu beobachten. Sie ermüdete auch leicht, da sie im
dritten Monat schwanger war.
Sie hatte
sich darauf eingerichtet, sehr lange auf dem Ball zu bleiben, um Daphne eine
Freude zu machen, aber kaum hatte Daphne zum zweitenmal mit Mr. Garfield
getanzt, erklärte sie sich bereit, nach Hause zu gehen. Minervas Erleichterung
darüber wurde dadurch etwas beeinträchtigt, daß der hünenhafte Mr. Garfield
draußen auf sie wartete, um sie nach Hause zu begleiten. Trotz ihrer unguten
Gefühle respektierte Minerva jedoch das Urteil ihres Gatten und bemühte sich,
zu Mr. Garfield liebenswürdig zu sein – ja, sie lud ihn sogar zum Tee ein.
Mr.
Garfield musterte Minervas müdes Gesicht einen Augenblick lang und sagte dann
ruhig, er wolle sich lieber verabschieden. Daphne, zwischen Erleichterung und
Enttäuschung hin- und hergerissen, sah ihm nach.
Sie seufzte
leise. »Was für ein seltsamer Mann er ist, Merva. Wir werden ihn wahrscheinlich
nicht mehr sehen, solange wir hier sind.«
Der Pfarrer
wartete auf sie und war hocherfreut, als ihm Minerva erzählte, wie erfolgreich
Daphne gewesen war. Jetzt würde sie doch sicherlich merken, daß Mr. Archer ein
ganz kleiner Fisch war.
Der
folgende Tag verlief kurzweilig, weil Daphnes neue Bewunderer ihr einen Besuch
abstatteten. Es war Brauch, daß die Gentlemen, die am Abend vorher mit einer
Dame getanzt hatten, diese am nächsten Tag besuchten. Sie konnten aber
natürlich auch einen Diener mit einer Empfehlung vorbeischicken, statt persönlich
zu erscheinen. Und um drei Uhr nachmittags war Daphne davon überzeugt, daß Mr.
Garfield genau das vorhatte.
Sie hatte
die Hoffnung schon aufgegeben – auch wenn sie versuchte, sich einzureden, daß
ihr wohler war, wenn er nicht kam – und machte sich gerade fertig, um mit
Minerva und Baby Julian an die Luft zu gehen, als Mr. Garfield und Mr. Apsley
gemeldet wurden.
Mr. Apsley
sah etwas mürrisch aus, und seine Brauen zogen sich noch ärgerlicher zusammen,
als Mr. Garfield Daphne überredete, mit ihm einen Spaziergang zu machen. Mr.
Apsley besann sich daraufhin äußerst plump und unglaubhaft, daß er schon vorher
eine Verabredung getroffen hatte, und zog ab, wobei ihm alle Welt ansah, daß er
eingeschnappt wie ein Schuljunge war.
Peregrine
und James wollten Mr. Garfield und Daphne begleiten. Lord Sylvester hielt sie
aber davon ab und sagte, er habe einen Auftrag für sie.
So konnte
Daphne allein mit Mr. Garfield auf der Promenade auf und ab spazieren. Dabei
war sie scheinbar so damit beschäftigt, den neuen Bekannten vom Ball
zuzunicken, daß sie es vermeiden konnte, mit Mr. Garfield zu sprechen.
Schließlich
hatte sie doch das Gefühl, daß das kein feines Benehmen sei, und wandte ihre
Aufmerksamkeit Mr. Garfield zu, der sie liebevoll belustigt beobachtete. »Der
Ball war sehr schön«, versuchte Daphne einen Anfang.
»Sehr«,
stimmte er zu, »obwohl er nach meinem zweiten Tanz mit Ihnen langweilig wurde.«
»Wirklich?«
Daphne fächelte sich intensiv Luft zu, obwohl von der See eine kühle Brise kam.
»Haben Sie vor, lange in Brighton zu bleiben, Mr. Garfield?«
»Ach, das
hängt davon ab...«
»Von was?«
»Davon, wie
lange ich mich hier amüsiere.«
»Langweilen
Sie sich oft?«
»Ja, Miss
Daphne, sehr oft.«
»Das ist
ein Armutszeugnis«, urteilte Daphne streng. »Leute, die sich oft langweilen,
legen bei anderen hohe Maßstäbe an, aber nicht bei sich selbst. Vielleicht
langweilen Sie sich, Mr. Garfield, weil Sie selbst langweilig sind.«
»Ich bin
untröstlich, daß Sie mich langweilig finden.«
»Nicht im
geringsten. Ich finde Sie im Gegenteil beunruhigend.«
»Ach. Was
kann ich denn tun, damit ich beruhigender auf Sie wirke?«
»Ich weiß
es nicht«, antwortete Daphne, die unfähig war, die Gefühle, die ihr Inneres
aufwühlten, zu deuten. »Vielleicht ist es beruhigend, über ganz alltägliche
Dinge zu sprechen.«
»Also gut.
Lassen Sie uns über Ihren Vater sprechen. Sie sind sicherlich stolz auf seinen
Ruf als hervorragender Jäger?«
»Ich weiß
nicht, ob er ein so hervorragender Jäger ist, wie er zu sein glaubt«, sagte
Daphne vorsichtig. »Meine kleine Schwester, Diana, ist sehr an der Jagd
interessiert und hat mir erzählt, daß unsere Gegend seit Jahren von einem
großen Fuchs heimgesucht wird, und Papa gelingt es einfach nicht, ihn zu
erwischen, obwohl er so viel Geld für Hunde und Pferde ausgibt. Er ist
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