Daphne - sTdH 4
hergegangen waren, sagte Minerva
beiläufig: »Ich könnte Annabelle schreiben und sie einladen, mit dem kleinen
Charles zu mir zu kommen.«
»Ich wollte,
du tätest es, Merva«, sagte Daphne und spürte das wohlbekannte beruhigende
Gefühl, daß ihre Schwester alle ihre Probleme für sie löste, die Schwester, die
so lange Zeit die Mutter ersetzt hatte, da Mrs. Armitage sich mit nichts
anderem als mit ihren Krämpfen beschäftigte.
»Ach, und
Betty«, sagte Daphne. »Mit Betty mußt du auch sprechen, Minerva. Sie ist nicht
mehr die alte seit ihrer Krankheit, und wenn sie nicht eingeschnappt ist oder
herumschnauzt, weint sie. Sie hat John nicht geheiratet, aber sie sagt nicht,
warum. John schaut kaum zu ihr hin und hat sich auch verändert. Er trägt eine
Livree, die Papa eine Menge Geld gekostet haben muß, und ist furchtbar
eingebildet.«
»Gut, ich
werde mein Bestes tun. Du ziehst viel Aufmerksamkeit auf dich, Daphne. Die
zwei Gentlemen da drüben sind geradezu zu Stein erstarrt. Nein! Nicht
hinschauen! Du mußt so tun, als seien sie gar nicht vorhanden, sonst denken
sie, sie könnten sich Hoffnungen machen. Du liebe Zeit. Jetzt kommen sie auf
uns zu.«
»Es ist Mr.
Garfield, Merva«, sagte Daphne und wurde über und über rot. »Mit einem Freund.«
Minerva
blieb stehen und stellte sich mit dem Kinderwagen vor Daphne. Sie sah den
beiden sich nähernden Männern mit strengem Blick entgegen.
Sie
erkannte den sehr kühl und elegant aussehenden Mr. Garfield jetzt. Im
Gegensatz zu ihm war sein Freund klein und gedrungen, mit einem fröhlichen
Schuljungengesicht.
Mr.
Garfield zog seinen Seidenhut und machte eine tiefe Verbeugung. »Miss Daphne«,
sagte er ruhig, wobei er ein schwarzes Löckchen ansprach, das hinter Minervas
Schulter hervorblitzte. »Wie reizend, Sie wiederzusehen... das heißt das, was
ich von Ihnen sehen kann.«
»Ich kann
mich nicht erinnern, daß wir einander vorgestellt worden sind, Sir«, sagte
Minerva, nichts Gutes verheißend. Mr. Apsley blickte Mr. Garfield ängstlich an
und versuchte ihn am Ärmel wegzuziehen.
»Dann
überlaß es mir, euch miteinander bekannt zu machen, meine Liebe«, sagte eine
lässige Stimme hinter ihr.
Minerva fuhr
herum. Hinter Daphne stand die hochgewachsene, elegante Gestalt ihres Gatten,
dessen grüne Augen vor Schalk blitzten.
»Meine
Liebe«, sagte Lord Sylvester, »darf ich dir Mr. Garfield und Mr. Apsley
vorstellen? Mr. Garfield und Mr. Apsley, meine Frau. Kennen Sie beide Miss
Daphne Armitage?«
»Ich hatte
nicht das Vergnügen«, murmelte Mr. Apsley.
»Dann
sollen Sie dieses Vergnügen auf der Stelle haben. Daphne, erlaube mir, dir Mr.
Edwin Apsley vorzustellen. Mr. Apsley, Miss Daphne Armitage.«
»Sehr
erfreut«, sagte Mr. Apsley.
»Jetzt, da
die Vorstellung vorbei ist, meine Herren«, sagte Minerva in schneidendem Ton,
»müssen wir Ihnen erlauben, Ihren Weg fortzusetzen. Der Hahnenkampfplatz ist in
dieser Richtung. Ohne Zweifel ist er doch nach Ihrem Geschmack. Sylvester,
bitte bring uns nach Hause.«
»Ich bin
sicher, daß unsere Freunde nichts gegen eine kleine Erfrischung einzuwenden
hätten«, sagte Lord Sylvester und übersah den ärgerlichen Blick seiner Frau.
»Mr. Apsley, seien Sie doch so freundlich und spielen Sie Vater. Schieben Sie
den Wagen und gönnen Sie mir die Freude, meiner Frau den Arm zu reichen. Mr.
Garfield, wollen Sie Miss Daphne geleiten? Wir wohnen nur ein paar Schritte
von hier entfernt.«
Lord
Sylvester reichte Minerva den Arm und ging mit ihr voran. Mr. Apsley nahm den
Kinderwagen und schob ihn hinter ihnen her.
Mr.
Garfield bot Daphne den Arm, aber diese tat, als sehe sie es nicht. Sie war
puterrot und hatte das Gefühl, in kochendes Wasser getaucht worden zu sein. Sie
konnte sich vorstellen, wie Mr. Garfield und Mr. Apsley darüber gelacht
hatten, daß sie hilflos im Morast gelegen und sich schamlos hatte küssen
lassen.
»So seltsam
es scheinen mag«, kam Mr. Garfields kühle Stimme.»Gentlemen
sprechen nicht über das, was das Interesse von Damen so sehr erregt. Sie
sehen, es besteht kein Grund, wie ein begossener Pudel dazustehen, Miss
Daphne.«
Zwischen
Erleichterung und Wut hin- und hergerissen, sagte Daphne fast unhörbar: »Wir
haben so lange nichts von Ihnen gehört. Wir dachten schon, wir hätten Sie
durch irgend etwas verärgert.«
»Keineswegs.
Wollen wir den anderen nachgehen?«
Daphne ging
mit heftig klopfendem Herzen neben ihm her.
»Bellsire
und Thunderer warten in Hopeworth auf die Rückkehr
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