Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
Vom Netzwerk:
Traumhexer in den Diensten meines Vaters befand.
    »Ich glaube, er versuchte, dem König zu gefallen«, sagte der Nubier.
    Plötzlich setzte er sich in Bewegung und stapfte durch den Schlamm. Ich folgte ihm und schwieg. Ich hatte Kinder gesehen, die Erwachsenen hinterher trotteten und immer wieder Fragen nach ihnen warfen, doch ich hatte meine Kindheit beiseite geschoben. Meine Fragen konnten warten, zumindest bis der Regen aufhörte.
    Fast eine Stunde lang platschten wir ziemlich zügig durch Schlamm, bevor der Nubier schließlich innehielt. Aus dem Wolkenbruch war ein leichter, beständiger Regen geworden, der versprach, die ganze Nacht bis weit in den nächsten Morgen zu dauern. Diesmal duckten wir uns genau zur richtigen Zeit in die Hecke am Wegesrand, denn zehn Reiter kamen vorbei. Die Hufe ihrer Pferde ließen den Schlamm spritzen.
    »Dein König will uns wieder in seinem Verlies haben, Jorg.«
    »Er ist nicht mehr mein König«, sagte ich und wollte aufstehen, doch der Nubier hielt mich an der Schulter fest.
    »Du hast ein sorgloses Leben in der Burg des Königs zurückgelassen, und jetzt versteckst du dich im Regen.« Er behielt mich im Auge, und seine Augen konnten viel erkennen. Das gefiel mir nicht. »Dein Onkel hat sich geopfert, damit du in Sicherheit bleibst. Ich glaube, er war ein guter Mann. Alt, stark und klug. Aber du bist mitgekommen.« Er schüttelte Dreck von seiner freien Hand. Stille senkte sich zwischen uns herab, von der Art, die man mit Beichte füllen möchte.
    »Es gibt einen Mann, den ich tot will.«
    Der Nubier runzelte die Stirn. »So sollten Kinder nicht denken.« Der Regen rann durch die Furchen in seiner Stirn. »Und auch Männer nicht.«
    Ich löste mich aus seinem Griff und marschierte weiter. Der Nubier blieb an meiner Seite, und wir legten noch einmal zehn Meilen zurück, bevor das letzte Licht schwand.
    Wir kamen an Bauernhäusern und der einen oder anderen Mühle vorbei, doch als die Nacht begann, sahen wir eine Lichtergruppe unter einem bewaldeten Höhenrücken südlich von uns. Ich erinnerte mich an Lundists Karten und vermutete, dass es sich um das Dorf Pineacre handelte, das bisher nur ein kleiner grüner Fleck auf altem Pergament für mich gewesen war.
    »Ein bisschen trockenes Holz wäre nicht schlecht.« Ich roch den Rauch brennender Scheite. Plötzlich begriff ich, warum sich die Brüder so schnell davon hatten überzeugen lassen, dass Kraft in Wärme und Essen lag.
    »Wir sollten die Nacht dort oben verbringen.« Der Nubier deutete zum Höhenrücken.
    Der Regen fiel jetzt leicht und langsam. Er hüllte uns in eine kalte Decke, die meine Glieder schwer werden ließ. Ich verfluchte die Schwäche. Ein Tag auf der Straße, und schon war ich erschöpft.
    »Wir könnten uns in eine Scheune schleichen«, sagte ich. Zwei standen abgelegen, dicht bei der Baumgrenze.
    Der Nubier setzte zu einem Kopfschütteln an, als im Osten Donner grollte und mehr Regen in Aussicht stellte. Daraufhin zuckte er die Schultern. »Das könnten wir.« Die Götter liebten mich!
    Wir setzten den Weg über Felder fort, die sich fast in Sümpfe verwandelt hatten. Immer wieder stolperten wir in der Dunkelheit, und ich konnte mich vor Müdigkeit kaum mehr auf den Beinen halten.
    Das Scheunentor ächzte protestierend und schwang dann mit einem Quietschen auf, als sich der Nubier dagegen stemmte. Irgendwo in der Ferne bellte ein Hund, aber ich bezweifelte, dass sich ein Bauer dem Regen aussetzen würde, nur weil er der Meinung eines Hunds vertraute. Wir wankten hinein und sanken ins Heu. Mein Körper fühlte sich schwer wie Blei an, und fast hätte ich vor Erschöpfung geschluchzt.
    »Fürchtest du nicht, der Traumhexer könnte zu dir zurückkehren?«, fragte ich. »Er dürfte kaum begeistert davon sein, dass sein Geschenk für den König entkommen ist.« Ich gähnte herzhaft.
    Hexer, dachte ich. Was die Hexerei betraf, hatte ich immer an Frauen gedacht, an Hexen. Ich hatte mir vorgestellt, wie sie sich in einem dunklen Zimmer versteckten, von dessen Existenz ich nichts ahnte. In einem Zimmer, dessen Tür sich in einen Flur öffnete, durch den ich gehen musste. Ich stellte mir vor, wie ich an dem Eingang vorbeikam, wie es mir dabei kalt den Rücken hinunterlief und unsichtbare Würmer über meine Arme zu kriechen schienen. Ich stellte mir vor, wie ich sie in der Dunkelheit sah, halb verborgen in den Schatten, ihre bleichen Hände wie Spinnen, die aus schwarzen Ärmeln krochen. Als ich zu fliehen versuchte,

Weitere Kostenlose Bücher