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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Um in Ketten gelegt zu werden? Wollte ich, dass Vater mich fürchtete? Vierzehn Jahre alt, und der König von Ankrath zitterte hinter seinem Leibwächter?
    Für einen Moment kam ich mir wie ein Narr vor. Ich strich mit der Hand über das Heft meines Schwerts. Die Klinge bestand aus dem Metall, das in den Mauern der Burg steckte. Ein echtes Erbstück, mit einer Herkunft, die mindestens tausend Jahre tiefer in die Vergangenheit reichte als meine. Ich fieberte einer Konfrontation entgegen. Stimmen ertönten in meinem Hinterkopf, rangen miteinander und versuchten, sich gegenseitig zu übertönen. Ein Prickeln erfasste meinen Nacken, und die Muskeln sehnten sich nach Aktion.
    »Ein Bad, Prinz Jorg?«
    Die Frage stammte von dem Wächter. Fast hätte ich das Schwert gegen ihn gezogen.
    »Nein«, sagte ich und zwang mich zur Ruhe. »Ich will sofort zum König.«
    »König Olidan hat sich zurückgezogen, Prinz«, sagte der Wächter. Erlaubte er sich ein Grienen? In seinen Augen sah ich eine Intelligenz, die ich nicht mit der Palastwache in Verbindung brachte.
    »Er schläft?« Ich hätte ein oder zwei Jahre meines Lebens dafür gegeben, die Überraschung aus diesen Worten zu nehmen. Ich fühlte mich, wie sich Hauptmann Coddin gefühlt haben musste: Zielscheibe eines Spotts, den ich noch nicht ganz verstand.
    »Sageous erwartet Euch in der Bibliothek, mein Prinz«, sagte der Mann. Er wandte sich zum Gehen, aber ich hatte ihn an der Kehle.
    Mein Vater hatte sich zurückgezogen und schlief? Sie spielten mit mir, der König und sein Magier.
    »Dieses Spiel«, sagte ich. »Es mag für jemanden amüsant sein, aber wenn du mich noch einmal … ärgerst, werde ich dich töten. Denk daran. Du bist eine Figur im Spiel eines anderen, und es wird dir nur eine Schwertklinge in den Bauch einbringen, wenn du dich nicht innerhalb von zwanzig Sekunden eines Besseren besinnst.«
    Es kam einer Niederlage gleich, in einem Spiel von Spitzfindigkeit und Raffinesse zum Mittel grober Gewalt zu greifen, aber manchmal muss man eine Schlacht opfern, um den Krieg zu gewinnen.
    »Prinz, ich … Sageous wartet auf Euch …« Ich sah deutlich, dass es mir gelungen war, seine selbstgerechte Überlegenheit in Entsetzen zu verwandeln. Was ich zum Anlass nahm, aus den Spielregeln zu treten. Meine Hand schloss sich noch etwas fester um die Kehle. »Warum soll ich mit diesem … Sageous sprechen? Was bedeutet er mir?«
    »Er … er genießt die Gunst des Königs. B-bitte, Prinz Jorg …«
    Er quetschte die Worte an meinen Fingern vorbei. Man braucht nicht viel Kraft, um einen Mann zu erdrosseln, wenn man weiß, wo es zuzudrücken gilt.
    Ich ließ ihn los, und er schnappte nach Luft. »In der Bibliothek, sagst du? Wie heißt du, Mann?«
    »Ja, mein Prinz, in der Bibliothek.« Er rieb sich den Hals. »Robart. Ich heiße Robart Hool.«
    Ich schritt durch den Saal der Speere und hielt auf die mit Leder gepolsterte Tür der Bibliothek zu. Davor blieb ich stehen und drehte mich zu Robart um. »Es gibt Wendepunkte, Robart. Gabelungen im Weg, den wir durch unser Leben beschreiten. Gelegenheiten, bei denen wir zurückblicken und sagen: ›Wenn doch nur.‹ Dies ist eine solche Gelegenheit. Es geschieht nicht oft, dass jemand auf sie hinweist. An dieser Stelle beschließt du entweder, mich zu hassen oder mir zu dienen. Überlege sorgfältig, bevor du deine Entscheidung triffst.« Ich riss die Tür zur Bibliothek auf. Sie schlug an die Flurwand, und ich trat hindurch.
    In meiner Erinnerung reichten die Wände der Bibliothek bis in den Himmel, und sie waren voller Bücher, schwanger mit geschriebenen Worten. Ich hatte schon mit drei lesen gelernt. Im Alter von sieben Jahren sprach ich mit Sokrates und lernte Form und Ding von Aristoteles. Ich hatte lange Zeit in dieser Bibliothek gelebt. Doch die Realität sah anders aus als meine Erinnerung. Jetzt wirkte die Bibliothek klein, klein und verstaubt.
    »Ich habe mehr Bücher als diese hier verbrannt!«, sagte ich.
    Sageous kam aus einem der alten Philosophie gewidmeten Gang. Er war jünger als erwartet, höchstens vierzig, und trug nur weißes Tuch, wie die römische Toga. Seine Haut hatte den dunklen Ton der Mittländer, vielleicht Indus oder Persien, aber ich sah sie nur an den wenigen von der Tätowierungsnadel unberührten Stellen. Sageous trug den Text eines kleinen Buches auf seiner lebenden Haut, in der fließenden Schrift der Mathmagier. Seine Augen … Nun, ich weiß, dass wir uns unter dem Blick mächtiger Männer

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