Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit
einem Dornenstrauch hing, hilflos in einem Griff, der nicht nur aus Dornen bestand. Angst hatte mich gepackt.
Kalter Zorn stieg in mir auf. Aus tiefstem Innern. Ich stieß die Stirn ins monströse Gesicht und griff mit einer Sicherheit nach dem Türknauf, die kein Sehen brauchte.
»Nein!« Und ich sprang hinaus in die stürmische Nacht.
Der Donner grollte laut genug, selbst die ganz tiefliegenden Toten zu wecken. Mit einem Ruck setzte ich mich auf, verwirrt von Heugeruch und stechendem Stroh um mich herum. Die Scheune! Ich erinnerte mich an die Scheune!
Ein einzelnes Licht schien in der Nacht. Das Licht einer Laterne. Sie hing an einem Balken bei der Tür. Eine Gestalt – ein Mann, ein großer Mann – stand im Schein dieser Laterne. Der Nubier lag zu seinen Füßen, in einem unruhigen Schlaf gefangen.
Ich wollte schreien, doch dann biss ich mir fest genug in die Innenseite der Wange, um mich daran zu hindern. Der kupferne Geschmack des Blutes verscheuchte die letzten Reste des Traums.
Der Mann hielt die größte Armbrust, die ich je gesehen hatte. Mit der einen Hand betätigte er die Winde, die das Kabel spannte. Er ließ sich Zeit. Ich schätze, man hat es nicht eilig, wenn man im Auftrag eines Traumhexers jagt. Es sei denn, eins der Opfer entkommt aus dem Traum, der es fesseln soll.
Ich tastete nach meinem Messer und fand nichts. Vermutlich hatte ich es auf dem Weg verloren, den mich der Albtraum durchs Heu hatte nehmen lassen. Der Laternenschein spiegelte sich auf einem Gegenstand aus Metall zu meinen Füßen wider. Ein Haken für Heuballen. Noch drei Drehungen mit der Winde, und die Kabelsehne war gespannt. Ich nahm den Haken.
Grollender Donner übertönte die von mir verursachten Geräusche. Ich schlich nicht. Ich ging langsam genug, um zu wissen, wohin ich den Fuß setzte, und schnell genug, um dem Missgeschick keine Chance zu geben, etwas gegen mich zu unternehmen.
Ich hatte beabsichtigt, den Mistkerl von hinten anzugreifen und ihm die Kehle durchzuschneiden, aber er war groß, zu groß für einen zehnjährigen Knaben.
Der Mann hob die Armbrust und richtete sie auf den Nubier.
Man warte, wenn Warten angebracht ist. Das hatte Lundist immer wieder betont. Aber man zögere nie.
Ich rammte dem Jäger den Haken zwischen die Beine und zog mit all meiner Kraft.
Was dem Donnern des Gewitters und dem Heulen des Winds nicht gelungen war, schaffte der Schrei des Jägers. Der Nubier erwachte. Und er verlor keine Zeit damit, sich zu fragen, was geschehen war und wo er sich befand. Er sprang auf und stieß dem Mann scharfen Stahl in die Brust.
Wir standen mit dem Jäger zwischen uns, jeder mit einer blutigen Waffe in der Hand.
Der Nubier wischte seine Klinge am Mantel des Jägers ab.
»Das ist eine große Armbrust!« Ich stieß sie mit dem Fuß an und bestaunte ihr Gewicht.
Der Nubier nahm sie und strich mit den Fingern über das eingelegte Metall im Holz. »Mein Volk hat sie gebaut.« Er berührte Symbole und die strengen Gesichter fremder Götter. »Und jetzt schulde ich dir noch ein Leben.« Er hob die Armbrust und lächelte, seine Zähne eine weiße Linie im Schein der Laterne.
»Eins genügt.« Ich zögerte. »Es ist Graf Renar, der sterben muss.«
Da verschwand das Lächeln des Nubiers.
17
Die alten Flure umfingen mich, und vier Jahre wurden zu einem Traum. Vertraute Kurven, dieselben Vasen, dieselben Rüstungen, dieselben Gemälde an den Wänden, sogar dieselben Wachen. Vier Jahre, und alles war genau wie vorher. Bis auf mich.
In den Nischen verbrannten kleine Silberlampen Öl aus Walen in fernen Meeren. Ich wanderte von einem Lichtkreis zum nächsten, hinter einem Wächter, dessen Rüstung meine eigene schäbig wirken ließ. Makin und Gomst waren zu anderen Orten geführt worden, und ich ging allein dem Empfang entgegen, der mich erwartete, wie auch immer er beschaffen sein mochte. Der Burg gelang es noch immer, mir das Gefühl zu geben, klein zu sein. Die Türen waren wie für Riesen bestimmt und die Decken so hoch, dass ein Mann mit einer Lanze sie kaum berühren konnte. Würde mich Vater hier empfangen? Von Mann zu Mann, im Arboretum? Die Seelen entblößt unter der Kuppel des Planetariums? Ich hatte mir vorgestellt, wie er in der schwarzen Klaue seines Throns saß und über den Hof brütete, während mich zwei Kaiserliche Wachen zu ihm führten.
Ich folgte dem einen Wächter und fühlte vage Enttäuschung. Wollte ich von Bewaffneten umgeben sein? War ich so gefährlich geworden?
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