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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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waren. Ich sah, wie der Rote Kent blindlings in den Sumpf floh. Nur wenige Brüder waren so vernünftig, auf der Straße zu bleiben, als sie losliefen; die meisten endeten im Morast.
    Pater Gomst betete in seinem Käfig und rief die Worte wie einen Schild: »Vater unser, der Du bist im Himmel, schütze Deinen Sohn. Vater unser, der Du bist im Himmel …« Immer schneller sprach er, als die Angst ihn packte.
    Der Erste von ihnen entstieg dem saugenden Schlamm und betrat die Totenstraße. Er hatte ein Glühen an sich wie Mondschein, ein Licht, von dem man sofort wusste, dass es nicht wärmen konnte. In diesem Licht zeichnete sich die Gestalt ab, und man konnte sehen, wie der Regen sie durchdrang und auf die Straße klatschte.
    Niemand stand bei mir. Der Nubier lief, die Augen groß in seinem dunklen Gesicht. Der Fette Burlow sah aus, als zapfe ihm jemand sein Blut ab. Rike schrie wie ein Kind. Selbst Makin wirkte entsetzt.
    Ich breitete die Arme aus, als wollte ich den Regen begrüßen. Deutlich spürte ich, wie er auf mich herabprasselte. Ich hatte noch nicht viele Jahre auf dem Buckel, aber selbst für mich fühlte sich der Regen wie eine Erinnerung an. Er weckte wilde Nächte in mir, als ich auf dem Burgturm gestanden hatte, ganz am Rand, dicht vor dem Abgrund, im Regen fast ertrinkend und die Blitze herausfordernd.
    »Vater unser, der Du bist im Himmel. Vater unser, der Du bist …« Pater Gomst begann zu brabbeln, als der Geist näher kam. Die Gestalt brannte mit kaltem Feuer, dessen Schein an meinen Knochen kratzte.
    Ich hielt die Arme ausgebreitet und das Gesicht dem Regen zugewandt.
    »Mein Vater ist nicht im Himmel, Gomsty«, sagte ich. »Er sitzt in der Burg und zählt seine Männer.«
    Der Tote kam noch näher, und ich sah ihm in die Augen. Hohl waren sie.
    »Was hast du für mich?«, fragte ich.
    Und er zeigte es mir.
    Und ich zeigte dem Geist, was ich für ihn hatte.
    Es gibt einen Grund, warum ich diesen Krieg gewinnen werde. Alle Lebenden fechten einen Kampf aus, der schon alt war, bevor sie geboren wurden. Ich habe meine Zähne bekommen, während ich im Kriegszimmer meines Vaters auf Holzsoldaten biss. Es gibt einen Grund, warum ich dort gewinnen werde, wo andere verloren. Und dies ist der Grund: Ich kenne die Spielregeln.
    »Hölle«, sagte der Tote. »Ich habe die Hölle für dich.«
    Und er floss in mich, kalt wie das Sterben, scharf wie ein Rasiermesser.
    Ich spürte, wie sich meine Lippen zu einem Lächeln verzogen, und ich hörte mein Lachen im Regen.
    Ein Messer ist durchaus erschreckend, wenn man es, scharf und kalt, an der eigenen Kehle fühlt. Auch Feuer kann Angst machen, und die Folterbank. Und ein alter Geist auf der Totenstraße. Das alles lässt einen innehalten. Bis einem klar wird, womit man es zu tun hat. Es sind Mittel und Wege, das Spiel zu verlieren. Man verliert das Spiel, und was hat man verloren? Das Spiel.
    Das ist das ganze Geheimnis, und es erstaunt mich, dass es allein mir gehört, dass niemand sonst davon weiß. In jener Nacht, als Graf Renars Männer unsere Kutsche überfielen … Da habe ich das Spiel gesehen und es als das erkannt, was es ist. Auch in jener Nacht gab es ein Gewitter. Ich erinnere mich an das Klopfen des Regens auf dem Kutschendach und den Donner.
    Der Große Jan hatte das Dach abgerissen, um uns herauszuholen. Doch ihm war nur Zeit für mich geblieben. Er hatte mich herausgezerrt und in einen Dornenstrauch geworfen, in einen Hakendorn, so dicht gewachsen, dass sich die Männer des Grafen hatten einreden können, ich sei in die Nacht geflohen. Weil sie das dornige Gestrüpp nicht durchsuchen wollten. Aber ich war nicht weggelaufen. Inmitten der Dornen hatte ich gesteckt und beobachtet, wie sie den Großen Jan umbrachten. Ich sah seinen Tod in den gefrorenen Momenten, die mir der Blitz gab.
    Ich sah auch, was sie mit Mutter machten, und wie lange es dauerte. Den Kopf des kleinen William zerschmetterten sie an einem Meilenstein. Goldene Locken und Blut. Und ich gebe zu, dass William der erste meiner Brüder war und ich ihn mochte, mit seinen Patschhänden und seinem Lachen. Seitdem habe ich viele neue Brüder bekommen, ziemlich böse noch dazu, und deshalb vermisse ich kaum jemanden, wenn der eine oder andere verloren geht. Aber damals schmerzte es zu sehen, wie sie den kleinen William zerbrachen, als sei er nicht mehr als ein Spielzeug.
    Als die Männer ihn umbrachten, wollte Mutter einfach nicht still sein, und deshalb schnitten sie ihr die Kehle durch.

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