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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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umhüllte alles, und ich konnte nur noch die Brüder sehen, die in meiner unmittelbaren Nähe standen. Die Skelette näherten sich langsam, wie in einem Traum. Wenn nicht das Feuer von Gorgoths Fackel gewesen wäre, hätte uns stockfinstere Dunkelheit umgeben.
    Ich schwang mein Schwert nach dem ersten Angreifer. Das Heft fühlte sich eisig an in meiner Hand, aber ich wollte es nicht loslassen – ich brauchte Bewegung, um mir Wärme zu bewahren. Die spröden Knochen des Skeletts zerbrachen sofort, als meine Klinge sie traf. Mir blieb keine Zeit für Jubel, denn schon kam das nächste Skelett aus dem Nebel.
    Wir fanden in den Rhythmus des Kampfes, und das Zeitgefühl verließ uns. In einem kalten Limbus hingen wir, in dem nur brechende Knochen und Schwerthiebe Bedeutung hatten. Jedes Mal, wenn ich mit meiner Klinge durch Geisterfleisch schnitt, schien die Kälte tiefer in meinen Leib zu beißen. Das Schwert wurde schwer in meiner Hand, bis es sich anfühlte, als sei es aus Blei geschmiedet.
    Ich sah Roddat sterben. Ein Skelett erwischte ihn, als er nicht aufpasste. Knochenfinger fanden beide Seiten seines Kopfs, und Blässe breitete sich von ihnen aus – das lebende Fleisch starb dort, wo das Geisterfleisch es berührte. Er war ein Wiesel, unser Roddat, aber es bereitete mir eine gewisse Genugtuung, das Ding zu zerhacken, das ihn getötet hatte.
    Hinter mir schrie jemand. Es klang nach Bruder Jobe. Und es war ein Schrei, von dem man nicht wieder aufsteht.
    Makin erschien an meiner Seite, mit Raureif am Brustharnisch. Seine Lippen waren blau. »Es kommen immer mehr.«
    Ich hörte Gebrüll hinter uns. Der Dunst schien Geräusche zu schlucken, doch das Brüllen fand einen Weg hindurch.
    »Rike?« Ich musste rufen, damit Makin mich hörte.
    »Gorgoth!«, erwiderte er. »Du solltest ihn kämpfen sehen. Er ist ein Ungeheuer!«
    Dabei musste ich lächeln.
    Es kamen tatsächlich immer mehr. Endlos stapften sie aus der Dunkelheit, ein Skelett nach dem anderen. Jemand starb neben mir. Ich wusste nicht, wer es war.
    Zweihundert von den Mistkerlen mussten wir erledigt haben, aber es kamen immer mehr.
    Mein Schwert verfing sich in den Rippen des Skeletts, nach dem ich schlug. Nicht genug Kraft in den Hieb gelegt. Makin schwang seine Klinge und köpfte den Knochenmann.
    »Danke.« Das Wort klang beinahe tonlos, es kam zwischen tauben Lippen hervor.
    Ich werde hier nicht sterben, dachte ich immer wieder, aber dieser Gedanke verlor allmählich an Überzeugungskraft. Ich werde hier nicht sterben. Es war zu kalt fürs Denken. Ich sterbe nicht an diesem Ort. Nach unten schlagen, um die Hände zu treffen, die sich dir entgegenstrecken. Diese Burschen fühlen es nicht einmal. Aber die Schlampe, sie hat’s gefühlt, als ich ihr den Totenschädel ins Gesicht schmetterte. Die Schlampe.
    Man lasse sich im Zweifelsfall vom Hass leiten. Normalerweise halte ich nichts von diesem Rat. Er macht einen Mann berechenbar. Aber in jenem elenden Knochensaal war mir das alles egal. Mir blieb nur der Hass, um mich ein wenig zu wärmen.
    Ich schlug ein Skelett nieder und lief daran vorbei.
    »Jorg!«, hörte ich Makin hinter mir rufen. Dann nahm mir Dunkelheit die Sicht, und der Dunst legte eine dicke Decke über den Krach des Kampfes.
    Oh, es war finster dort draußen. So finster, dass die Dunkelheit einem alle Erinnerungen an Farben stahl. Ich schwang mein Schwert einige Male, zerbrach Knochen, zerschnitt die Luft und traf schließlich eine Säule, mit solcher Wucht, dass mir das Schwert aus der kalten Hand sprang. Erschrocken suchte ich nach der Klinge, mit Händen, die so taub waren, dass ich nicht einmal mein eigenes Gesicht mit ihnen gefunden hätte. Allmählich wurde mir klar, dass sich keine Skelette mehr in der Nähe befanden. Es streckten sich mir keine Knochenhände aus dem Dunkel entgegen. Ohne Schwert und orientierungslos wankte ich durch den Dunst.
    Die Schlampe. Sie musste hier irgendwo sein. Ganz bestimmt. Sie wartete darauf, unsere Seelen zu fangen, wenn wir starben. Sie wartete auf Nahrung.
    Ich blieb stehen, so reglos, wie es mein Zittern erlaubte. Die Nekromantin hatte den Schleier gehoben. Ich erinnerte mich an die Worte des Nubiers: Sie hatte den Schleier zwischen den Welten gehoben, und jetzt kamen die Toten zu uns. Wenn ich die Nekromantin erledigte, würden auch keine Toten mehr kommen. Ich horchte. Ich horchte in eine Stille so samten wie die Dunkelheit. Noch immer stand ich reglos, strengte meine Ohren an und suchte nach einem

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