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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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ließ sie die Säule los und wandte sich mir zu. Ich hörte, wie Makin neben mir nach Luft schnappte. Die Frau vereinte geschmeidige Kraft mit einer Üppigkeit, die junge Prinzen an den Rand ihrer Studienblätter malen. Sie trug nur Farben und Bänder, die ein grauschwarzes Knotenmuster bildeten.
    Lauf, wenn du sie triffst.
    »Ich grüße dich, Verehrteste.« Ich deutete eine Verbeugung an.
    Lauf einfach.
    »Gorgoth, du hast uns nicht nur Tribut gebracht, sondern auch Gäste!« Das Lachen der Frau schuf ein Prickeln in meinen Lenden.
    Lauf einfach. Sonst nichts.
    Sie streckte mir die Hand entgegen. Ich zögerte für einen Moment.
    »Und du bist wer?« Ihre Augen, die zuvor nichts als den Widerschein des Fackelfeuers enthalten hatten, stahlen nun das Grün, an das ich mich aus einem fernen Thronraum erinnerte.
    »Prinz Honorous Jorg Ankrath.« Ich nahm die Hand, kühl und schwer, und küsste sie. »Zu deinen Diensten.« Und das meinte ich ernst.
    »Chella.« Ein dunkles Feuer brannte in meinen Adern. Chella lächelte, und ich fühlte das gleiche Lächeln auf meinem Gesicht. Sie kam näher. Meine Haut sang mit ihrem Liebreiz. Ich atmete ihren Duft, den bitteren Geruch kalter Gräber, mit der heißen Schärfe von Blut.
    »Zuerst der kleine Junge, Gorgoth«, sagte sie, ohne den Blick von mir abzuwenden.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Gorgoth Gog in seine große Hand nahm.
    Die Luft wurde plötzlich eisig. Ein Geräusch erklang, wie von einem Felsen, der über einen anderen knirschte, und es ging mir durch und durch. Der Saal selbst schien erleichtert zu seufzen, und mit diesem Ausatmen wogte Dunst zwischen uns, Geister, die für kurze Zeit Gestalt in Form von vagen Nebelfetzen fanden. Ich fühlte, wie meine Finger in dem Matsch des Schädels gefroren, den ich noch immer in der Hand hielt.
    Das Knirschen und Kratzen hörte auf, als Knochen ihre Partner fanden. Das erste Skelett erhob sich in einem komplexen Ballett aus ineinander greifenden Gelenken, dann das nächste. Der Dunst umgab jeden Knochen mit der gespenstischen Nachahmung von Fleisch.
    Ich sah, wie Gog in Gorgoths unnachgiebigem Griff wild zappelte. Der kleine Magog wich nicht von der Stelle, als sich ihm das erste Skelett näherte. Gog war so außer sich vor Zorn, dass er Gorgoth nicht einmal aufforderte, ihn freizugeben. Das von ihm kommende Gebrüll klang komisch, schrill und voller Wut.
    Die Nekromantin schlang einen Arm um mich. Ich kann euch nicht sagen, wie es sich anfühlte.
    Wir drehten uns um und beobachteten, wie Magog kämpfte.
    Der Leucrota-Junge reichte dem Skelett nur bis zum Knie, nicht höher. Er sah eine Chance, oder glaubte sie zu sehen, und warf sich nach vorn. Von einem Fünfjährigen kann man nicht viel erwarten. Der Untote packte ihn mit seinen Knochenfingern und warf ihn achtlos gegen eine Säule. Der Aufprall war hart und ließ Magog blutig zu Boden rutschen. Doch kein Laut des Schmerzes kam aus seinem Mund. Er versuchte aufzustehen, als sich ihm das zweite Skelett näherte. Ein Fetzen der hübschen gestreiften Haut hing lose vom roten Fleisch der Schulter.
    Ich wandte den Blick ab. Dieses Spektakel schmeckte bitter, selbst mit Chellas weichem Leib an meiner Seite. Meine Augen fanden Gog, der sich noch immer in Gorgoths Faust hin und her wand. Gorgoth hielt ihn jetzt mit beiden Händen, obwohl selbst ich vielleicht nicht imstande gewesen wäre, mich aus dem Griff des großen Monstrums zu befreien. Wer hätte gedacht, dass ein kleiner dürrer Junge solche Kraft entfalten konnte.
    Das Skelett hatte Magog inzwischen in einer Hand, und zwei Finger der anderen Hand zielten auf seine Augen.
    Mir schien, dass ein Sturm losbrach, obwohl er vielleicht nur in mir toste, ein Sturm, der in einer mondlosen Nacht heulte und mit Dolchen aus Blitzen nach der Welt stach. Die Stimme eines Kindes heulte in meinem Kopf und wollte nicht verstummen, obwohl ich sie verfluchte. Mit jeder Faser meines Körpers versuchte ich, mich zu bewegen, und doch zuckte ich nicht einmal. Dornige Haken hielten mich fest. Im Arm der Nekromantin beobachtete ich, wie Knochenfinger in große schwarze Leucrota-Augen stachen.
    Als die Hand explodierte, war ich ebenso überrascht wie alle anderen. Ein großer Armbrustbolzen macht so etwas mit einer Hand. Der Nubier wandte sein Gesicht vom Visier der Armbrust ab und mir zu. Ich sah die weiße Sichel seines Lächelns, und plötzlich waren meine Glieder frei. Ich schwang den Arm nach oben, schnell und kraftvoll, und der

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