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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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eine gestreifte Hand auf eine gestreifte Schulter. Beide beobachteten sie mich mit ihren schwarzen Augen, stiller als Mäuse.
    »Vielleicht wird’s interessant«, sagte Kent hinter mir.
    »Ich wette, der Kleinere hält am längsten durch!«, rief Rike und brüllte vor Lachen, als hätte er etwas Komisches gesagt. Fast wäre er von der Stufe gefallen, und sein Lachen hörte ganz plötzlich auf.
    »Wenn du dieses Spiel gewinnen willst, Gog, musst du den kleinen Magog sich selbst überlassen.« Als ich diese Worte sprach, richtete mir eine sonderbare Kühle die Nackenhaare auf. »Zeig mir, dass du die Kraft hast, dich um dich selbst zu kümmern. Dann finde ich vielleicht etwas, das die Nekromanten mehr wollen als deine dürre Seele.«
    Gorgoth setzte sich wieder in Bewegung, und die beiden Knaben folgen ihm wortlos.
    Ich zählte tausend Stufen, und ich begann damit aus reiner Langeweile, nach den ersten zehn Minuten des Aufstiegs. Meine Beine wurden wachsweich, die Rüstung schien aus vier Zoll dickem Blei zu bestehen, und meine Füße wurden so schwerfällig, dass sie kaum mehr die nächste Stufe fanden. Bruder Gains brachte Gorgoth dazu, Rast zu machen, indem er in die Leere trat und zehn Sekunden lang heulte, bevor ihn der im Dunkeln verborgene Boden zum Schweigen brachte.
    »All diese Stufen, damit wir die ›Große Treppe‹ erreichen.« Ich spuckte dem verstorbenen Bruder Gains Schleim hinterher.
    Makin lächelte und wischte sich schweißfeuchte Locken aus den Augen. »Vielleicht tragen uns die Nekromanten nach oben.«
    »Wir brauchen einen neuen Koch.« Der Rote Kent spuckte Gains ebenfalls hinterher.
    »Schlimmer als Gains kocht niemand.« Der Fette Burlow bewegte nur die Lippen. Der Rest von ihm war dicht an der Wand zusammengesackt. Ich hielt es für keine besonders gute Grabrede, zumal Burlow mehr von Gains’ kulinarischen Bemühungen verdrückt hatte als wir anderen zusammen.
    »Rike wäre schlimmer«, sagte ich. »Er geht ein Abendessen mit der gleichen Einstellung an, die er beim Niederbrennen eines Dorfs zeigt. Ich hab’s gesehen.«
    An Gains gab es nichts auszusetzen. Er hatte mir einmal eine Knochenflöte geschnitzt, als ich erst seit kurzer Zeit bei den Brüdern gewesen war. Auf der Straße verabschieden wir unsere Toten mit einem Fluch und einem Scherz. Wenn Gains bei uns nicht beliebt gewesen wäre, hätte niemand ein Wort über ihn verloren. Ich kam mir ein wenig dumm vor, weil ich Gorgoth Gelegenheit gegeben hatte, uns ohne Pause nach oben zu führen. Es hatte einen bitteren Geschmack, und ich nahm ihn und fügte ihm eine scharfe Kante hinzu, für die Nekromanten bestimmt, falls sie unseren Eifer auf die Probe stellen wollten.
    Wir erreichten das Ende der Treppe, ohne einen weiteren Bruder zu verlieren. Gorgoth brachte uns durch einige Säle mit vielen Säulen und leeren Echos, die Decke so niedrig, dass Rike sie berühren konnte. Breite, gewölbte Rampen geleiteten uns von einem Saal zum nächsten. Sie alle ähnelten sich und boten nichts als staubige Leere.
    Der Geruch schlich sich an uns heran, so langsam, dass ich nicht wusste, wann ich ihn bewusst zur Kenntnis nahm. Der Gestank des Todes hat viele Aromen, aber ich gehe davon aus, den Sensenmann in allen seinen Verkleidungen erkennen zu können.
    Immer mehr Staub bedeckte alles – an manchen Stellen bildete er eine Schicht, die einen ganzen Zoll dick war. Hier und dort lag gelegentlich ein Knochen darin. Wir stapften weiter und fanden mehr Knochen; manchmal lag auch ein Schädel zwischen ihnen. Wo der Erbauer-Stein Risse aufwies, durch die Wasser sickerte, verwandelte sich der Staub in grauen Schlamm und floss in Miniaturdeltas. Ich zog einen Schädel aus einem solchen Sumpf. Mit einem zufrieden stellenden Schmatzen löste er sich aus dem Schlick, und Matsch floss zäh wie Sirup aus den Augenhöhlen.
    »Wo sind deine Nekromanten, Gorgoth?«, fragte ich.
    »Wir wandern zur Großen Treppe. Sie werden uns finden«, sagte er.
    »Sie haben euch gefunden.« Sie glitt hinter der Säule hervor, die mir am nächsten war, eine Frau aus der Nacht meiner Fantasie. Sie bewegte sich über den rauen Stein, als bestünde er aus glatter Seide, und ihre Stimme war wie Samt an den Ohren, dunkel und weich.
    Nicht ein Schwert verließ die Scheide. Der Nubier hob seine Armbrust und spannte die Sehne, wobei die dicken Muskeln in seinem schwarzen Arm noch deutlicher hervortraten. Die Nekromantin schenkte ihm keine Beachtung. Mit der Zärtlichkeit einer Liebenden

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