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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Herzens ließ ich fallen. Die Brüder standen stumm, in den Augen Tränen vom Fackelrauch. Das ist das Problem mit Teerfackeln, man muss in Bewegung bleiben. Ich fühlte mich ein bisschen seltsam. Ich hatte das Gefühl, das man bekommt, wenn man weiß, dass man eigentlich woanders sein sollte – als hätte man sich für den Morgen zu einem Duell oder dergleichen verabredet, ohne sich recht daran erinnern zu können, worum es dabei ging. Kälte strich mir über den Rücken und die Arme, wie von geisterhaften Fingern, die mich berührten.
    Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als ich ein Flüstern hörte. Wachsam sah ich mich um. Das Flüstern kam aus allen Ecken, gerade laut genug, um es zu hören, aber so leise, dass man die Worte nicht verstand. Auch die Brüder sahen sich nervös um.
    »Hört ihr das?«, fragte ich.
    »Was denn?«, entgegnete Makin.
    Die Stimmen wurden lauter, sie waren zornig, aber undeutlich. Zahlreiche Stimmen, die sich näherten. Leichter Wind wehte plötzlich.
    »Zeit fürs Klettern, meine Herren.« Ich strich mir mit der Hand über den Mund, und violettes Blut blieb auf meinem Panzerhandschuh zurück. »Mal sehen, wie schnell wir nach oben kommen.«
    Ich hob den Kopf des Nekromanten auf und rechnete halb damit, dass seine Augen rollten und mich anstarrten. »Ich glaube, Freunde unseres herzlosen Feinds sind unterwegs«, sagte ich. »Viele Freunde von ihm.«

 

     
    Jeder isst gern, und ohne Mampf kein Kampf.
    Der Fette Burlow allerdings nutzte jede Gelegenheit,
    sich den Bauch vollzuschlagen, ob Kampf oder nicht.
    Manche Brüder sahen das nicht gern. Was mich betrifft:
    Ich hatte für den Fetten Burlow mehr Zeit übrig als
    für manchen anderen. Von ihnen allen, Makin ausgenommen,
    war er der Einzige, der gelegentlich las. Natürlich begegnete
    man ihm deshalb mit Misstrauen. Auf der Straße heißt es:
    »Traue keinem belesenen Mann.«

 
32
     
    Wir erklommen die Große Treppe, gefolgt von den Schreien der Geister hinter uns. Es heißt, Angst verleiht den Menschen Flügel. Keiner der Brüder flog nach oben, aber die behände Agilität, mit der sie über die schlüpfrigen Stufen kletterten, hätte eine Eidechse viel übers Klettern gelehrt.
    Ich überließ ihnen den Vortritt, was durchaus eine Methode war, die Stabilität des Gesteins zu prüfen. Grumlow machte den Anfang, und ihm folgten Lügner und der junge Sim. Hinter ihnen kletterte Gog, gefolgt von Gorgoth. Ich vermutete, dass ihre Vereinbarung mit den Nekromanten inzwischen nicht mehr galt.
    Makin bildete den Abschluss. Er fühlte die Toten kommen. Ich erkannte es in seiner Blässe – er sah fast selbst wie ein Toter aus.
    »Jorg! Nach oben! Schnell!« Er ergriff meinen Arm, als er an mir vorbeikam.
    Ich schüttelte seine Hand ab. Hinter uns wogte Geisterdunst durch den Tunnel, und weitere Phantome glitten aus den Wänden.
    »Jorg!« Makin packte mich an den Schultern und zog mich zur Großen Treppe.
    Er konnte sie nicht sehen. Sein wilder Blick zeigte es mir. Die Geister blieben seinen Augen verborgen. Der nächste Geist sah für mich wie eine mitten in der Luft hängende, halb ausgewischte Kreidezeichnung aus. Mehr oder weniger deutliche Bilder von Leichen, einige nackt, andere in Lumpen oder rostige Rüstungsteile gehüllt, boten sich mir dar. Kälte ging von ihnen aus, tastete nach meinem Leib und stahl mir die Wärme mit unsichtbaren Fingern.
    Ich lachte sie aus. Nicht weil ich glaubte, dass ihnen die Macht fehlte, mich zu verletzen, sondern gerade weil ich das glaubte. Ich lachte, um ihnen zu zeigen, dass mir ihre Drohungen völlig gleichgültig waren. Ich lachte, um sie zu verspotten, um sie zu verletzen. Und mein Lachen ließ sie leiden. Der Geschmack des toten Herzfleisches klebte an meinem Gaumen, und eine dunkle Kraft erfüllte mich.
    »Zurück ins Jenseits mit euch!«, rief ich ihnen zu und schob das Lachen beiseite. »Ein Mann sollte zumindest wissen, wann er tot zu bleiben hat!«
    Und sie wichen zurück. Glaube ich. Als zwängen meine Worte sie, mir zu gehorchen. Makin hatte mich fortgezogen, fast um die Ecke, aber ich sah, wie die Geister innehielten. Ich sah blasse Flammen an ihren Gliedern, die Geister von Feuer. Und, oh, sie schrien. Selbst Makin hörte es, wie das Kratzen von Nägeln auf Schiefer, kalter Wind, der über eine Migränelandschaft strich. Wir liefen beide so schnell, dass wir fast flogen.
     
    Erst Stunden später und tausend Fuß oder mehr die Große Treppe hinauf verharrten wir. Hier

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