Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
Geräusch von sich, eine Art dunkles »Hhmm«. Dann sagte er: »Aber es war seine Entscheidung, oder?«
    »Ich weiß, worauf du hinauswillst. Und du hast recht. Er traf die Entscheidung, er war verantwortlich für die Konsequenzen. Aber es blieb ja nicht dabei.« Ich atmete tief durch. »Als wir von der Patrouille verfolgt wurden, da ...« Weiterreden? Lieber schweigen? Durcheinander in meinem Kopf. »... da hat Matthial Willie niedergeschossen, um mir Zeit zu verschaffen.«
    Jetzt war es raus. Zum ersten Mal hatte ich es in Worte gefasst.
    »Er hat ihn erschossen?«, fragte Neél? »Joy? Sag etwas.«
    Mir wurde schwindlig. Vornübergebeugt stützte ich mich mit den Armen auf meinen Knien ab und legte den Kopf in die Hände. »Was?«
    »Hat er ihn erschossen?«
    »Nein.« Nein, so barmherzig war er nicht. »Er hat ihm einen Bolzen durchs Knie gejagt, damit die Patrouille ihn in die Hände bekam.«
    Neél stand auf, trat zu mir und kniete sich neben mich. »War er ein guter Freund, dieser Matthial?«
    Der beste! Und genau das machte seine Tat so unerträglich. »Ich bin mir nicht mehr sicher«, sagte ich. »Er hat mir diese Schuld aufgeladen. Das hätte er niemals tun dürfen. Ich muss damit leben, dass Willie für mich gestorben ist. Ich muss damit leben, dass sie alle für mich ins Unglück gegangen sind, weil ich - ich ganz allein! - so versessen darauf war, Amber zu retten.« Ich redete mich in Rage und spürte, wie mir Tränen aus den Augen quollen. Ich schämte mich nicht, ich ärgerte mich bloß und wischte sie mir grob von den Wangen. »Dabei war das völlig aussichtslos.«
    Neél schüttelte langsam den Kopf. »Nichts ist aussichtslos. Und nichts unverzeihlich, wenn du um Verzeihung bittest.«
    »Du verstehst das nicht!« Ich schluchzte nun hemmungslos. »Wir haben alles falsch gemacht. Von Anfang an alles falsch -«
    »Nein. Man entscheidet nicht immer richtig, auch wenn man gute Absichten hat. Manchmal tut man aus der Not heraus Dinge, die falsch sind. Manchmal tut man etwas nicht, weil es falsch sein könnte, und macht damit den größten Fehler. Und manchmal muss man einfach etwas riskieren, ohne hundertprozentig zu wissen, wie es ausgeht.«
    Ich seufzte. Vielleicht hatte er recht, aber ... »Aber das ändert nichts an dem schrecklichen Gefühl, zu wissen, für was man verantwortlich ist.«
    Er drehte den Kopf weg, so weit weg, dass ich sein Gesicht nicht mehr sehen konnte. Seine Stimme war nur ein Flüstern. »Ich weiß. Und man denkt, es nie wiedergutmachen zu können.«
    »Kann man auch nicht.«
    Er stand auf. So abrupt, als hätte ich ihn beleidigt. In wenigen Schritten war er bei der Tür, murmelte etwas, das ich nicht verstand, und verließ das Zimmer.
    Als er die Tür bedächtig hinter sich schloss, fanden in meinem Kopf die Zahnräder ineinander und mir ging das buchstäbliche Licht auf. Er hatte gar nicht von mir gesprochen. Sich selbst hatte er gemeint, sich und sein früheres Verhalten mir gegenüber. Er hatte sich zu entschuldigen versucht. Und er hatte auf die merkwürdige Situation zwischen uns angespielt. Es war so offensichtlich, dass da etwas entstand, was eindeutig falsch war und sich doch so richtig anfühlte. Ein Gefühl wie ein Schimmelpilz. Unerwünscht, Ärger bringend, gefährlich!
    Neél hatte versucht, mir seine Gefühle zu gestehen. Und ich hatte ihn zurückgewiesen.

25
    »sie sind keine menschen, weil sie nicht geboren werden.«
ist das so?
    In der folgenden Woche ging das Fieber komplett zurück, aber immer noch erlaubte die Apothekerin mir nicht, das Zimmer zu verlassen, und so verpasste ich die große Parade, die am Tag der Übernahme in der Stadt veranstaltet wurde. Es wäre gelogen, zu behaupten, dass ich traurig darüber war, doch aus einem Grund, den er mir nicht verriet, nahm auch Neél nicht teil. Zwar sagte er nichts, aber ich sah die sehnsüchtigen Blicke, die er aus dem Fenster warf, als die Glockenklänge vom Band ertönten und die anderen Varlets sich zum Hotel aufmachten. Dort versammelten sich alle und verschmolzen zu einem grässlichen, lärmenden, durch die Straßen ziehenden Ungeheuer aus Tausenden von Percents. Trotz der Entfernung hörten wir sie, hörten ihr Trommeln, ihr Stampfen, ihr Gebrüll und ihr Jubeln. Die Geräusche ließen die Mauern um uns herum vibrieren und obwohl Neél mir erklärt hatte, dass die Route nicht am Gefängnis vorbeiführte, spürte ich einen Anflug von Angst, dass sie herkommen und mich holen könnten.
    »Unglaublich, was da

Weitere Kostenlose Bücher