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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wich seinen Händen aus. Lachend verschwanden die beiden im Club.
    Je länger ich hier draußen stand, umso schneller schwand meine Geduld. Würde Amber überhaupt kommen? Die Vorstellung, mir diese Demütigung umsonst anzutun, machte mich ganz krank. Aber wenn ich Amber vor diesem Widden schützen wollte, durfte ich jetzt keine Dummheiten machen.
    Und dann kamen sie.
    Widden begrüßte den Wachmann wie einen alten Freund. Offenbar kam er regelmäßig her. Er durchmaß den Hof und ging ins Gebäude, ohne mir oder Amber Beachtung zu schenken. Meine ganze Aufmerksamkeit galt ihr. Ich verfolgte jede ihrer Bewegungen. Die kleinen, lautlosen Schritte. Den gesenkten Kopf unter einer großen Kapuze. Die Art, wie sie die Arme vor dem Körper hielt, als müsse sie jederzeit einen Angriff abwehren. Sie blieb zwei Meter entfernt von mir stehen und lehnte sich an eine Wand. Die Kapuze beschattete ihr Gesicht - niemand, dem ihre Statur oder Bewegungen weniger vertraut waren als mir, würde sie erkennen.
    Ich wartete, bis die Tür hinter Widden ins Schloss gefallen war. Dann flüsterte ich: »Amber? Ich bin es, Joy.«
    »Ich weiß.«
    Warum kam sie dann nicht zu mir? Bei der Sonne, was war mit ihr passiert?
    »Warum bist du hier?«, fragte sie. Es klang hohl und leise. Als wäre meine Anwesenheit ihr lästig.
    »Ich wollte dich sehen.«
    »Zufrieden?«
    Sie sah nicht zu mir, aber ich schüttelte dennoch den Kopf. »Was ist passiert?«
    »Sie haben uns erwischt. Selbst du solltest das inzwischen gemerkt haben. Sie wussten, dass wir kommen würden. Es war eine Falle.«
    Es dauerte ein wenig, bis ich mir klar wurde, dass sie von dem Schneider sprach, mit dem wir hatten handeln wollen. Sie wusste gar nicht, dass ich erst später gefangen genommen worden war.
    »Man hat uns verraten, Joy. Ist dir das klar?«
    »Das weißt du nicht!«, rief ich. Meine Stimme hallte aufgebracht von allen Wänden wider. »Wer sollte so was tun? Wie kannst du das behaupten!«
    »Es ist wahr«, sagte Amber. Die Tonlosigkeit, mit der sie sprach, schmerzte mir in der Brust. Mir war, als wäre Amber nicht mehr sie selbst, sondern nur noch eine Hülle, die aussah wie meine ehemals beste Freundin. Ich war immer eher distanziert gewesen, auch wenn Penny behauptete, dass es vor dem Tod unserer Mutter anders war, aber daran konnte ich mich nicht erinnern. Nicht einmal jetzt wagte ich, meine beste Freundin, die mir so gefehlt hatte, in den Arm zu nehmen. Sie war kaum wiederzuerkennen.
    »Ich habe Matthial gesehen«, sagte sie. Nicht einmal sein Name brachte sie dazu, zu mir aufzusehen. Ihr Blick klebte an dem Unkraut und Moos, das zwischen den Plattensteinen hervorwucherte.
    Ich atmete erleichtert durch. »Er lebt.«
    »Es geht ihm ausgezeichnet«, erwiderte Amber spöttisch. »Jetzt, nachdem Mars fort ist, gehört der Clan ihm.« Ich hörte ein Lächeln in ihrer Stimme, eins von der bitteren Sorte. »Ich bin unauffällig, Joy, und ich bekomme jede Menge mit. Nicht nur über Matthial.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich höre, was sie über dich reden. Ist es wahr?«
    Ich wusste nicht, was sie meinte. Redende Menschen verstummten, wenn ich näher kam. Selbst die Soldaten brachen die Gespräche ab, wenn ich einen Raum betrat.
    »Ich bin Soldat«, sagte ich, weil das alles war, was ich sicher wusste, »und ich werde im Chivvy antreten und fliehen.«
    »Viel Glück«, erwiderte sie kühl. Ich spürte es so deutlich wie Hagel im Gesicht: Sie neidete mir diese Möglichkeit. Nein, es war schlimmer. Sie missgönnte sie mir. Sie dachte, dass sie die Chance eher verdient hatte als ich.
    Und sie hatte recht.
    »Es war meine Schuld.« Ich wusste nicht, ob ich es gedacht oder ausgesprochen hatte.
    Wir schwiegen uns an, während Percents in den Hof kamen. Sie malten sich lautstark und in bunten Farben aus, was sie gerne mit uns tun würden, aber sie fassten keine von uns an. Ich hatte ein paar der Worte gehört, die der Wachmann ihnen am Tor zuflüsterte: »Eigentum von Neél, unter Auftrag von Cloud.« Der Respekt hielt sie nicht davon ab, uns zu belästigen, aber er verhinderte, dass sie Amber und mich anfassten.
    Als sie im Club verschwanden, entwich Amber ein winziger Schluchzer. Sie fing sich sofort wieder. Trotzdem stand ich im nächsten Augenblick neben ihr.
    »Hab keine Angst.« Es war das Einzige, was mir einfiel.
    Amber lachte abfällig. »Macht es ohne Angst etwa Spaß? Na los, sag es mir! Ist deine Methode besser? Tut es weniger weh?«
    Ich verachtete mich für meine

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