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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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uns drin,
was mag alles möglich sein?
    Mein erster Eindruck war, dass es sich um Papier handelte. Doch Papier zerfiel im Wasser, dieses war unbeschädigt. Es war rechteckig und so groß, dass es in meine Hand passte. Ich hob es auf und stellte fest, dass es durchaus Papier oder Pappe sein konnte, allerdings von beiden Seiten mit Plastik überzogen, welches das Wasser abwies. Ich hatte so etwas bereits gesehen, erinnerte mich aber nicht mehr, wie man es nannte. Auf der einen Seite standen viele Zahlen, vielleicht eine Identifizierungsnummer, weiterhin ein Datum (12.04.2015 - das war in fast zweitausend Jahren!) und ein einzelner Name, der mir nichts sagte. Kein Vor- und Zuname, also vermutlich der eines Percents. Die Rückseite war mit Buchstaben beschriftet, die ich zwar kannte, die in dieser Kombination aber keinen Sinn ergaben. Eine fremde Sprache.
    Mein Herz schlug schneller. Diese Sprache kam mir bekannt vor! In meiner Matratze befand sich ein Bogen Papier, der mit ähnlich absurden Buchstabenkombinationen bedruckt war. Doch während mein Papierbogen verblasst und womöglich uralt war, sah dieses Ding so aus, als wäre es gestern erst angefertigt worden. Vielleicht verschätzte ich mich auch, es war denkbar, dass die Plastikschicht es so sehr schützte, dass man ihm kein Altern anmerkte. Ich kratzte mit dem Fingernagel darüber. Eine einzelne dünne Rille blieb zurück. Nein, kein Zweifel. Dieses Dokument war noch nicht alt, sonst hätte es weitere Risse und Kratzer. Ich kaute auf der Innenseite meiner Wange, bis ich Blut schmeckte, während ich überlegte, was das zu bedeuten hatte. Es bewies, dass es auch in anderen, fernen Ländern Percents gab, aber das hatte ich nie in Zweifel gestellt. Aber es bewies auch, dass einer dieser Percents hier sein musste. Ich war überzeugt, dass das Wasser dieses Dokument nicht sehr lange mit sich geführt hatte, dazu war es viel zu gut erhalten. Nein, dieser fremdsprachige Percent war ganz in der Nähe und mit ihm Antworten auf Fragen, die ich mir stellte, seitdem ich denken konnte. Wie war das Leben in anderen Ländern? Gab es dort auch Städte, Chivvys ... und Dark Canopy?
    Ich drehte das Dokument zwischen meinen Fingern. Konnte es vielleicht so etwas sein, wie hierzulande die metallenen Marken der Städter? Mussten sich im Land der fremden Sprache die Percents vor den menschlichen Kontrolleuren identifizieren? Herrschten die Menschen über sie? War er deshalb hergekommen? Konnte es sich um einen Flüchtling handeln, der unser Land für frei hielt, weil in seinem die Macht anders verteilt war?
    Meine Fantasien von einer freien Welt im Sonnenlicht nahmen mich derart gefangen, dass ich die nahenden Percents erst hörte, als sie eine Tür zum Innenhof aufstießen. Hastig zerrte ich das Dokument in den Ärmel meiner Jacke.
    Zu meinem Pech waren es Giran und seine Kumpanen und er musste gesehen haben, dass ich etwas verbarg, denn er kam mit eisiger Miene auf mich zu.
    »Was hast du da?«, schnarrte er mich an. »Beklaust du uns? All das ist unser Eigentum!« Er wies über den Hof und äußerte damit seinen Anspruch auf tote Fische, einzelne Schuhe und Müll.
    »Mal ehrlich«, wagte ich mich kühn vor. »Sieht hier irgendetwas aus, als ob ich es haben wollte?« Vielleicht war es dumm, ihn zu provozieren. Aber ich war es leid, vor ihm zu kuschen. Es machte mich fertig, viel mehr noch als das harte Training und die Kämpfe.
    Mina hatte mir erzählt, dass es von Fluchtversuchen abgesehen streng verboten war, Soldaten zu verletzen; es galt als Unsportlichkeit, weil man damit die Arbeit und die Chancen seines Gegners untergrub, und das hatte den Ausschluss vom Chivvy zur Folge. Das wiederum bedeutete ein weiteres Jahr als Varlet am Ende der hierarchischen Kette. Damit hatte ich tatsächlich ein Percent-Gesetz gefunden, das mir gefiel. Ich verzog einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen.
    »Wir haben alle gesehen, dass du etwas versteckt hast.« Giran machte Anstalten, mich am Arm zu fassen, ich entzog mich ihm. Seine beiden Freunde warfen sich unschlüssige Blicke zu, nickten dann aber.
    »Stimmt.«
    »Wir haben es gesehen.«
    Verdammt. Wenn sie mich durchsuchten, fiel ihnen das Dokument in die Hände. Ich würde ihnen kaum weismachen können, es für Abfall gehalten zu haben. Ich zeigte ihnen meine leeren Handflächen, aber sie waren nicht so blöd, nicht davon auszugehen, dass ich meinen Fund verbarg.
    »Rück es raus«, sagte Giran leise und gedehnt.
    »Sonst?«
    Giran erwiderte

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