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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Freunde gewesen waren. Ich schmunzelte über ihre Formulierung. Wenn man sie reden hörte, konnte man meinen, die Percents seien wie Menschen. Ich widersprach ihr nicht mehr. Sie reagierte schnell beleidigt, zog sich zurück und dann hatte ich niemanden mehr zum Reden. Sie meinte, ich solle mich nicht um Amber sorgen, erzählte, dass Widden niemand sei, der grundlose Grausamkeiten tolerierte, und ich musste hart schlucken, damit mir nicht die Galle hochkam. Die ganze verdammte Stadt war eine grundlose Grausamkeit! Und ich hatte Ambers Gesicht gesehen.
    »Treffen sie sich nun nicht mehr?«, fragte ich. Neél schleppte mich inzwischen nahezu überall mit hin und wenn er Widden noch regelmäßig sah, hätte ich die Möglichkeit, häufiger mit Amber zu sprechen.
    Mina schnalzte mit der Zunge. »Nur noch zufällig. Es gab Auseinandersetzungen zwischen ihnen. Aber was das betrifft -«
    »Muss ich Neél schon selbst fragen, ich weiß.«
    Eher würde ich ein Stück Seife fressen. Ihm Fragen zu stellen, war schon beim letzten Versuch gründlich in die Hose gegangen. Ich hatte etwas über Giran erfahren wollen, den Varlet, der mich eingefangen hatte, als ich Neél entwischt war. Einen Atemzug nach der Frage hatte Neél das Messer - mein Messer - auf mich gerichtet und mich angefaucht, ich möge ihn noch einmal auf Giran ansprechen und er würde dafür sorgen, dass es das letzte Mal war.
    Aber hallo. Es war abzusehen: Wir würden noch echte Freunde werden.
    • • •
    Ich sah Amber in den folgenden beiden Wochen ein paarmal auf der Straße, aber wir fanden keine Gelegenheit zum Reden. Es regnete von Dark Canopy grau gefärbte Fäden und den Percents war es zu unbehaglich, für ein Gespräch stehen zu bleiben, daher konnten wir nur Blicke im Vorbeilaufen tauschen. Ich versuchte, aufmunternde Zeichen zu machen, ihr verschwörerisch zuzuzwinkern, aber ihr Lächeln geriet bei jedem Mal gezwungener.
    Die Temperaturen wurden ganz plötzlich milder und nicht enden wollende Massen aus Wasser und Hagel spülten den Winter davon. Die Straßen, die ich von den vergitterten Fenstern aus sehen konnte, wurden über Nacht zu Flüssen, in denen eine rostbraune Brühe trieb. Zwei Tage lang verließ niemand das Gefängnis, wodurch die Stimmung unter den Varlets gereizt wurde und Neél viele von ihnen in ihre Schranken weisen musste, wenn sie mir zu nahe rückten.
    Nur ein einziges Mal sprachen wir darüber. Es war, nachdem er einen jüngeren Varlet verjagt hatte, der mir nach dem Putzen in die Besenkammer nachschlich und stur darauf beharrte, ich hätte zwar zu wenig Busen, aber genug, um ihn mit ihm zu teilen. Er riss an meinem Hemdkragen, zwei Knöpfe sprangen ab. Für den Moment war ich zu perplex, um zu reagieren. Dann war es bereits zu spät. Neél betrat die Kammer wortlos, fasste ihn im Nacken und führte ihn ruhig, aber bestimmt vor die Tür, wo die Stirn des jungen Varlets intensiven Kontakt zum Holzrahmen aufnahm. Der Knabe hatte genug Stolz, um sich ohne Gejammer, aber mit einer immensen Platzwunde über der Augenbraue zu trollen.
    »Danke«, murmelte ich und wünschte ihn gleichzeitig zur Hölle. Mit dem Halbwüchsigen wäre ich auch allein fertiggeworden. Neéls Einmischen fühlte sich falsch an und noch schlimmer war es, ihm dafür danken zu müssen. Lieber hätte ich auch seinen Kopf gegen den Türrahmen gedonnert. Unbehaglich zupfte ich mein Hemd zurecht und kniete mich hin, um die Knöpfe aufzuheben. Dabei sah ich, wie Neéls Oberschenkel zitterten.
    »Bedank dich nicht.« Er spuckte mir die Worte fast entgegen und sah auf mich nieder, als würde er am liebsten nach mir treten. »Ich erfülle Clouds Auftrag. Sonst nichts. Sonst. Nichts! Hast du mich verstanden?«
    »Na...türlich.« Ich stand auf und trotz nervösem, saurem Speichel im Mund vermied ich das Schlucken, bis er sich in einer ruckenden Drehung von mir abwandte. Er warf die Tür mit einem Knall zu und ich stand im Dunkeln.
    »Hoffentlich kannst du mir meine Anwesenheit je verzeihen«, knurrte ich sarkastisch. Es sollte mich nicht irritieren, dass ich ihn ebenso sehr ankotzte wie er mich. Aber seine ständige Aggression, die Sorge um Amber, das Unwissen, wie es Matthial und den anderen ging, und die Gefangenschaft fraßen an meinen Nerven. Ich schämte mich dafür, konnte aber vor mir selbst nicht verleugnen, dass ich nach ein klein wenig Freundlichkeit hungerte. Stattdessen setzte es verbale Backpfeifen. Toll! Vielen Dank, Mister Percent.
    Frustriert verließ ich

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