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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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die Besenkammer. Der Percent lehnte im Korridor an der Wand und ritzte mit einem Messer an einem Stück Holz herum. Mit meinem Messer, das war ja klar. Ich hatte gehofft, er hätte es nach unserem Kampf verloren, und mich an dem Gedanken gelabt, ein Mensch würde es finden, vielleicht ein Rebell. Dass er es noch hatte, ärgerte mich. Ich stapfte an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, und ging zurück an meine Arbeit.
    • • •
    Am nächsten Tag ging das Wasser zurück. Die Varlets erhielten den Auftrag, die angeschwemmten Schlammmassen aus den Hauseingängen und von den Straßen zu schaffen. Wir machten uns alle gemeinsam ans Werk und zum ersten Mal bekam ich die Möglichkeit, mit den anderen Soldaten zu sprechen. Wir waren zu fünft, drei weitere würden aus der Stadt dazustoßen, da die Varlets, die sie trainierten, nicht im Gefängnis lebten. »Die Besseren«, nannte Neél sie abschätzig. Ein weiterer Varlet würde seinen Soldaten erst noch bekommen.
    Ich beobachtete meine Kameraden unauffällig aus den Augenwinkeln, wenn sie gerade nicht zu mir hinstarrten. Was schwierig war, denn ich schien etwas immens Anstarrenswürdiges an mir zu haben. Zwei Männer Anfang dreißig näherten sich mir, als ich gerade einen Gulli von Schlick befreite, damit der Regen besser abfließen konnte. Während die Varlets Schaufeln benutzten, mussten wir mit bloßen Händen arbeiten. Sie dachten wohl, wir würden jemanden erschlagen, wenn man uns etwas gab, das man dazu verwenden konnte. Was mich betraf, lagen sie gar nicht so falsch. Ich fluchte während meiner Arbeit in mich hinein. Meine Hände wurden blau vor Kälte und Muschelscherben schnitten mir in die Haut. Die Flüsse mussten über die Ufer getreten sein. Vielleicht gar das Meer. Ich sah zum Himmel und sehnte mich danach, etwas zu entdecken, was daran denken ließ, dass die Überschwemmungen Dark Canopy beschädigt hatten. Doch die künstliche Wolkenschicht lag düster und bleiern wie eh und je über dem Land. In der Ferne sah ich ein Wetterleuchten matt durch das Grau scheinen. Es würde ein weiteres Gewitter geben.
    »Ist es wahr, was sie sagen?«, sprach mich einer der Soldaten von schräg hinten an.
    Ich arbeitete weiter. »Kommt drauf an.«
    »Worauf?« Das war ein anderer. Er machte einen Schritt zur Seite. Es klirrte. Ich warf einen Blick über die Schulter und musste feststellen, dass die beiden Fußfesseln trugen.
    »Darauf, was sie sagen«, erwiderte ich und konzentrierte mich wieder aufs Graben. Ich spürte Neéls Blicke. Auf Ärger und seine Zurechtweisungen konnte ich verzichten. Vermutlich ließ er es eher zu, dass ich mich unterhielt, wenn ich dabei meine Arbeit nicht unterbrach.
    »Die Percs sagen, du gehst zum Chivvy«, meinte der erste Soldat. Er hatte eine weiche, angenehme Stimme. In unserem Clan wäre er sicher der geworden, der abends, wenn alle beisammensaßen, im Kerzenlicht alte Geschichten erzählte.
    Ich nickte. »Die werden es wohl wissen.«
    Der Zweite, ein Mann, dessen Haar sandblond war und mich an Matthial erinnerte, lachte. »Redest wohl nicht gerne, was?«
    Ich lächelte ihm zu, nur ganz kurz. Ich wollte nicht abweisend erscheinen, aber im Umgang mit Fremden hatte ich so meine Schwierigkeiten. Sobald ich versuchte, nett zu sein, wurde es irgendwie krampfig, weil ich fürchtete, etwas Falsches zu sagen, und mein Gegenüber schlussfolgerte daraus, dass ich wohl lieber allein bleiben wollte. Um ehrlich zu sein, hätte ich gerne so etwas wie Leidensgenossen gehabt. Jemanden zum Reden. Aber ich konnte nicht aus meiner engen Haut. Ich biss mir auf die Lippe und grub die Finger tiefer in den Schlamm.
    »Sie mögen es nicht, wenn wir nur rumstehen und quatschen«, sagte ich und wusste gleich, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Ich wollte ihnen einen guten Tipp geben, aber mein Tonfall sagte wider meinem Willen etwas anderes: Lasst mich in Ruhe.
    Der Blonde grunzte und begann, Treibholz aufzusammeln, das auf der Straße lag und die Fahrzeuge und Fuhrwerke behinderte. Aber der mit der samtigen Stimme ließ sich nicht so schnell vertreiben. Er hockte sich neben mich und half mir. Dabei war er nur halb so effektiv wie ich, da er sich nicht in den Schlamm kniete, sondern bloß in die Hocke ging, wodurch er keine stabile Position bekam. Selbst die Windstöße ließen ihn schwanken. Ich seufzte.
    »Es guckt gerade keiner«, meinte er und nahm das zum Anlass, erneut die Arbeit zu unterbrechen und mir zuzusehen.
    »Da irrst du dich.« Ich

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