Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
Vom Netzwerk:
besorgniserregend.
    Neél, der mit dem Blick auf Papiere in seinen Händen nach draußen getreten war, sah auf und zog die Brauen zusammen. So als erschreckte ihn der Anblick des anderen Percents. Die beiden entfernten sich gemeinsam ein wenig vom Eingang und den Wachen, wobei sie näher zu mir kamen. Sie redeten miteinander. Der Fremde lachte nicht mehr, sondern wirkte überaus ernst.
    »Schhht«, machte ich zu den Pferden und versuchte, trotz ihres Schnaubens und des Getrappels zu verstehen, was die Percents besprachen.
    »Wir können nicht ewig warten«, sagte der Fremde. »Du hast ein Versprechen abgegeben, Neél.«
    »Ich weiß.« Nein, geschwätzig war Neél heute definitiv nicht. Eher niedergeschlagen. Er sah neben dem Fremden in seinem dicken Pullover viel schmaler aus als sonst.
    »Du hast keine Ahnung. Wir haben wieder einen gefunden ...«
    Was der Percent noch sagte und was Neél erwiderte, nachdem er erschreckt aufsah, verstand ich nicht, da ein Reiter die Straße entlangkam und die Fuchsstute seinem Pferd hell und mit aufgestelltem Schweif nachwieherte. Nur durch beherztes Rucken am Zügel konnte ich sie zur Raison bringen, auch wenn mir meine Grobheit gleich leidtat. Ich klopfte ihren Hals. »Du kannst flirten, wenn ich verstanden habe, was die da reden«, flüsterte ich ihr zu. Sie rieb ihre Nase an meinem Oberarm und gab vorerst Ruhe, so-dass ich mich wieder auf die Stimmen der Percents konzentrieren konnte.
    »Ich brauche noch etwas Zeit«, sagte Neél.
    Der andere stieß entnervt Luft durch die Nase. »Das sagst du seit Wochen.«
    »Sie ist noch nicht so weit.«
    »Das denkst du.«
    Neél rollte seinen Papierbogen eng zusammen und klopfte sich damit gegen den Oberschenkel. »Und du denkst, dass du das beurteilen kannst, ja? Verdammt, Graves, du weißt, was davon abhängt.«
    Der andere - Graves - nickte bedächtig. »Ich sehe es jeden Tag. Und an jedem dieser Tage sehe ich, dass du uns fehlst, mein Freund.« Er legte Neél die Hand auf die Schulter und sagte noch etwas, sehr leise diesmal. »Lass sie nicht ...« Nein, nichts zu machen. Ich musste die erste Hälfte des Satzes erraten und verstand die zweite überhaupt nicht mehr.
    Die beiden machten das Zeichen für Respekt, dann kam Neél zu mir und Graves zog seiner Wege. Ich fummelte an der Trense der Braunen. Neél musste mir nicht anmerken, dass ich gelauscht hatte. Leider brachte mich meine Neugier fast um.
    Sie ist noch nicht so weit ... Wer? Konnte er mich meinen? Wozu bereit?
    Es hatte keinen Sinn, ins Blaue zu spekulieren. In die paar Sätze ließ sich alles Mögliche hineininterpretieren. Wenn ich wissen wollte, worum es ging, blieb mir nur ein Weg. Ein verhasster Weg, aber es half alles nichts.
    »Worüber habt ihr gesprochen?«, fragte ich und sah über meinen Stolz hinweg.
    Neél hielt das gerollte Papier hoch. »Über die Passierscheine.«
    Seine Masche war nicht dumm, aber ich durchschaute ihn: Er glaubte, wenn er mir eine Information gab, die weitere Fragen aufkommen ließ, käme er darum herum, mir die Antwort zu geben, die ich wirklich wollte.
    »Das meine ich nicht. Ihr habt noch über etwas anderes gesprochen. Du und Graves.« Ich betonte den letzten Satz, damit ihm nicht entging, dass ich sogar den Namen des anderen Percent verstanden hatte.
    »Über ein Pferd«, sagte Neél. »Graves ist ein hervorragender Pferdekenner. Steig jetzt auf, ich will los.«
    Ich gehorchte, doch als ich im Sattel saß, schüttelte ich langsam den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Dass ich loswill?«
    Ich hielt seinem Blick stand. »Dass es um ein Pferd ging.« Graves mochte ein kluger Kopf sein, etwas in seinen Zügen verriet, dass er Dinge sah und wusste, die anderen verborgen blieben, aber er hatte keine Ahnung von Pferden, das war selbst mir aufgefallen.
    Neéls Augen wurden schmal. Es war jedes Mal wieder ein unheimlicher Anblick, wenn sich seine Lider langsam um die bleigraue Iris mit der schlitzförmigen Pupille darin verspannten, wie von Kälte zusammengezogen. »Hilf mir mal, Soldat«, sagte er gefährlich leise. »Seit wann bin ich dir zur Rechenschaft verpflichtet, wenn ich mit meinen Freunden rede?«
    Ein paar Sekunden suchte ich nach einer Antwort, die es nicht gab. Es ging um mich, wollte ich rufen. Ich habe jedes Recht, es zu erfahren, denn es ging um mich! Doch das hätte er mit einem überlegenen Nein abwiegeln können und was blieb mir dann noch? Ich hatte nichts in der Hand - und selbst wenn ich einen Beweis gehabt hätte, war ich

Weitere Kostenlose Bücher