dark canopy
duftendes Fell, ihre Haufen, die bei Pferden seltsamerweise kaum stinken, und faulendes Stroh. Ein Percent, alt und rau wie die Rinde eines Mammutbaumes und ebenso groß und breit wie dessen Stamm, trat zu uns und berührte Neél mit der Faust an der Schulter.
»Guter Tag für einen Ritt«, sagte er, wobei er mich abschätzend musterte. »Endlich kein Regen mehr. Die Tiere standen durch das Wetter lange im Verschlag. Musst etwas aufpassen, klar?«
Neél wiederholte die Begrüßungsgeste als Antwort.
Der Baumstammmann drehte sich um und ging zu den Pferden. Ich folgte ihm mit meinem Blick. Nachdem meine Augen sich an das trübe Licht und den fliegenden Staub gewöhnt hatten, sah ich die Tiere in ihren Verschlägen aus Paletten und Pressholzplatten stehen. Sie kauten Heu, schlugen mit den Schweifen oder scharrten mit ihren Hufen, wobei ihre Köpfe hin und her schwangen. Ein Pferd bollerte mehrmals gegen die Wand und schrak jedes Mal vor dem Knall zurück.
Der Baumstammmann brachte uns zwei Stuten, die bereits irgendwer aufgezäumt und gesattelt hatte.
Neél hielt mir die offene Hand hin. »Dein Seil.«
Er wusste, dass ich es bei mir trug, das ärgerte mich. Ich zog ruckartig den Ärmel hoch und wickelte es von meinem Unterarm. Neél nahm es an sich und band die Trensen der Pferde am Gebiss zusammen, sodass sie nicht mehr als einen guten Meter Abstand zueinander halten konnten.
»Ich kann reiten«, sagte ich. »Du musst nicht -«
Er unterbrach mich mit einem trockenen »Deshalb ja«.
Das hätte mich nicht überraschen sollen. Nicht nur ihm war die Idee gekommen, dass eine Flucht zu Pferd sehr viel aussichtsreicher war.
Den Tieren behagte die aufgezwungene Nähe nicht. Der Baumstammmann versuchte vergebens, sie zu beruhigen. Auch ihm missfiel die Sicherheitsleine, das las ich aus seinen kritischen Blicken, doch offenbar wagte er nicht, Neéls Anordnung infrage zu stellen. Die Pferde taten es sehr wohl. Die Fuchsstute schlug mit dem Kopf und rollte die Augen. Die Braune biss in Richtung der anderen, doch die wich aus und ihre mächtigen Zähne schlugen aufeinander. Neél zog den Sattelgurt fester, da schnappte sie nach ihm und erwischte seinen Arm. Er knurrte und schlug ihr auf die Nase. Ich versteckte mein Grinsen, indem ich den Kopf senkte, und griff nach den Zügeln der zickigen Braunen, wobei ich unauffällig ihren Hals streichelte. Das Pferd war sicher nicht das gehorsamste, aber überaus sympathisch.
Wenig später ritten wir im Schritt zurück zum Stadtzentrum. Es war lange her, seit ich zuletzt auf einem Pferd gesessen hatte, und daran, beim Reiten je an einer Leine geführt zu werden, konnte ich mich nicht erinnern. Es war so entwürdigend, dass ich es vermutlich nicht einmal als Vierjährige zugelassen hatte. Meine schwarzbraune Stute schien sich ihrem Schicksal ergeben zu haben. Die Verräterin trottete treu wie ein alter Esel neben Neéls Fuchs und legte allenfalls die Ohren eng an den Kopf, als passives Zeichen ihrer Unzufriedenheit. Da sie an Neéls Stute festgebunden war, konnte ich nur im Sattel sitzen und mich tragen lassen. Bloß meine Gedanken galoppierten. Der Percent erwähnte mit keinem Wort, was dieser Ausflug zu bedeuten hatte. Ich war es so satt, ihn ständig zu fragen.
Wir ritten die Handelsstraße entlang. Ich spürte die Blicke der Menschen im Rücken und fühlte mich vorgeführt. An der großen Kreuzung lenkte Neél die Pferde geradeaus. Nun ging es also doch noch zum Hotel. Eine kleine Gruppe älterer Percents beobachtete uns vom Straßenrand aus. Ich verstand nicht, was sie sich zuraunten, aber ich sah Missgunst in ihren Gesichtern. Sie gaben sich keine Mühe, sie zu verbergen; einer spuckte in unsere Richtung. In ihren Augen hatte ich keine Berechtigung, auf einem Pferd zu thronen, während sie laufen mussten. Sie konnten nicht ahnen, dass ich liebend gern getauscht hätte. Ich seufzte.
Neél lehnte sich ein wenig zu mir rüber. »Kann ich mich darauf verlassen, dass du vor dem Hotel wartest, ohne Schwierigkeiten zu machen?«
Ich lächelte schief und aufgesetzt. »Worauf du dich verlässt, überlasse ich ganz dir.«
Er zuckte mit einer Schulter. »Wie du willst.«
Ich verstand, was er meinte, als wir beim Hotel ankamen. Wie ein Turm ragte es über uns in den grauen Himmel. Als ich ganz klein gewesen war, hatte ich hin und wieder überlegt, ob die falsche Wolkendecke auf uns niederfallen und uns erdrücken würde, wenn das Hotel einstürzte. Später, als Rebellin, begriff ich,
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