Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
behalten. Unter einer Bedingung.»
Goran straffte seine Schultern. «Alles, was Ihr wollt, Eure Hoheit.»
«Katara darf nie erfahren, wer sie wirklich ist. Der Tag, an dem sie erfährt, dass ich ihr Vater bin, wird der Tag ihres Todes sein.» Er warf Goran einen unmissverständlichen Blick zu. «Schwört Ihr, das Geheimnis ihrer Herkunft Euer Leben lang zu hüten und es mit in Euer Grab zu nehmen?»
Goran drückte das kleine Mädchen beschützend an sich.
«Ich schwöre es.»
3
Sieben Jahre nach Kataras Geburt …
Niemals hätte Sheldon gedacht, dass dieser Tag sein Leben für immer verändern würde. Niemals hätte er auch nur erahnt, welch geheimnisvolle Ereignisse im Begriff waren, ihren Lauf zu nehmen, als er an diesem Abend von einem anstrengenden Tag in der Veolicht-Fabrik im Kutschentaxi nach Hause fuhr.
Sheldon war mittelgroß, von Natur aus kräftig gebaut, hatte braune Augen und eine Glatze. Er war ein tüchtiger Mann und hatte sich schon in jungen Jahren zum Filialleiter hochgearbeitet. Er war verlässlich, zuvorkommend und gerecht. Er duldete in seiner Filiale keine Schlamperei und stellte an seine Mitarbeiter und an sich selbst sehr hohe Ansprüche. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es durch bis zum Ende. Seine Sturheit und seine zähe Ausdauer machten ihn zu einem hervorragenden Geschäftsmann. Er feuerte Leute, stellte neue ein, fast jedes Jahr zog er in ein größeres Büro um, und sein Schlüsselbund wurde von Jahr zu Jahr dicker.
Sheldon hatte das erreicht im Leben, wovon andere nur träumen konnten. Er war erfolgreich im Beruf und hatte eine wundervolle Familie. Es gab nichts, was ihm noch zum Glück fehlte.
Und dennoch, wenn er manchmal am Abend die Tür seines Büros hinter sich zuschloss, beschlich ihn der befremdliche Gedanke, dass es da noch mehr für ihn gab. Etwas in seinem Innern sagte ihm, dass sein Leben für mehr bestimmt war, als jeden Morgen um sechs Uhr aufzustehen und abends um acht nach Hause zu kommen. Woher diese Sehnsucht kam, wusste er nicht. Aber sie war da, tief verankert in seinem Herzen. Und wann immer Sheldon sich von seinen Verpflichtungen freischaufeln konnte, klopfte diese Sehnsucht ganz sanft an seinen Verstand und flüsterte ihm zu: «Ist das alles, Sheldon? Ist das wirklich alles?»
Vor drei Monaten war der Fünfunddreißigjährige als Generalleiter in die Veolicht-Fabrik nach Pinzkrit versetzt worden. Pinzkrit war ein kleines Städtchen im Westen des Stadtstaates Dark City. Es wurde von einem Vogt namens Kotham regiert, der seinerseits Montreal, dem Stadtbaron des Westbezirks, unterstellt war.
Ein Jahr nach der großen Nebelkatastrophe, als Drakar der Erste Dark City zu einem Stadtstaat erklärt hatte, hatte das Volk begonnen, sich über das ganze Gebiet innerhalb der Mauer auszubreiten und sich in Dörfern anzusiedeln. Rund um den großen Tufffelsen, auf dem Drakar seine Burg hatte errichten lassen, wurde die Stadt Dark City erweitert und ein imposantes Stadion zur Verbrennung der Hexen gebaut. Hier lebten die meisten Menschen, unter anderem auch die vier Stadtbarone, denen Drakar der Erste die Regierung der verschiedenen Bezirke und Außenbezirke von Dark City zugeteilt hatte.
Pinzkrit befand sich knapp vierzig Meilen südwestlich von der Stadt Dark City. Das Gebiet war bekannt für den Shuha. Der Shuha war ein mittelgroßer Vogel, der einen eigenartigen Ruf von sich gab; es klang wie berstendes Metall. Er konnte nicht fliegen, besaß dafür aber die unglaubliche Fähigkeit, sich zu tarnen. Er konnte sein Federkleid so perfekt seiner Umgebung anpassen, dass man ihn selbst auf zwei Ellen Entfernung nicht sehen konnte. Nur geübte Jäger waren in der Lage, ihn einzufangen. Das Fleisch des Shuha war eine Delikatesse, die sich nur wenige leisten konnten. Sheldon liebte gebratenen Shuha, und seit er mit seiner Familie in Pinzkrit lebte, kaufte seine Frau fast alle vierzehn Tage einen auf dem Wochenmarkt und bereitete ihn mit auserlesenen Kräutern und einer herrlich pikanten Pfeffersauce zu.
Nachdem Sheldon den Kutscher bezahlt und das Haus betreten hatte, wurde er sogleich von einem köstlichen Duft nach gebratenem Shuha eingehüllt. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.
«Hallo Schatz!», rief er, während er seinen dunkelblauen Regenmantel an den Haken in der Garderobe hängte. Er fuhr sich über seine Spiegelglatze, legte den Schlüsselbund auf den kleinen Glastisch beim Eingang und trat ins Wohnzimmer.
«Hallo, mein
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