Dark Desires - Im Bann der Unsterblichkeit
Klicken der Mechanik ließ sie innehalten. Sie wartete. Horchte auf Geräusche von der anderen Seite. Schließlich schob sie die Metalltür einen Spalt auf. Leises Quietschen durchbrach die Stille. Soony erstarrte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Obwohl es weit nach Sonnenaufgang war, fürchtete sie sich vor Schatten, die sich aus der Dunkelheit auf sie stürzten. Der Bolzenschneider und das Stemmeisen in ihrer linken Hand gaben ihr keine Zuversicht. Werkzeuge waren keine wirksamen Waffen gegen Kreaturen wie diesen Richard.
Sie schob die Tür weiter auf und blickte in den finsteren Gang. Der Geruch von feuchten Wänden, Schimmel und Erde stieg ihr in die Nase. Und ein undefinierbarer widerlicher Gestank, der ihr die Kehle zuschnürte. Fast hätte Soony ihr Vorhaben aufgegeben. Doch sie wollte es wissen. Sie musste wissen, ob sich in diesen Räumen mehr verbarg, als der Schlafplatz ihrer Schwester. Sie hob die Taschenlampe auf und leuchtete den leeren Gang hinunter. Nach einigen Metern zweigte rechts ein Gang ab. Weiter hinten versperrte eine Tür den Weg. In der dünnen Staubschicht auf dem Boden waren Fußspuren zu sehen, die um die Ecke verschwanden. Soony erschauderte. Sie missachtete die wichtigste der unausgesprochenen Regeln und Mai-Li würde es herausfinden. Schließlich machte sie den ersten Schritt. Und den Zweiten und Dritten. Immer tiefer wagte sie sich in den Keller vor. Jede Sekunde rechnete sie damit, von gelben Tieraugen angefunkelt zu werden. Aber Vampire schliefen bei Tage. Dessen war sie sicher.
Soony bog um die Ecke und folgte dem Verlauf des Ganges. Der widerliche Gestank wurde stärker. Er führte sie zu einer Metalltür auf der rechten Seite, die durch ein schweres Vorhängeschloss verschlossen war.
Tu das nicht! , warnte sie eine innere Stimme. Du wirst alles zerstören! Aber war nicht bereits alles zerstört?
Voll verzweifelter Entschlossenheit legte sie Stemmeisen und Taschenlampe auf dem Boden ab und setzte den Bolzenschneider an. Es brauchte mehrere Versuche und all ihre Kraft, doch schließlich durchschnitt das Werkzeug den Metallbügel des Vorhängeschlosses. Das Geräusch, mit dem das Schloss auf den Boden fiel, klang wie ein Pistolenknall. Mit zitternden Händen legte Soony den Bolzenschneider ab, nahm die Taschenlampe in die Hand und zog den breiten Metallriegel zurück. Die Tür schwang nach außen auf.
Sie würgte. Nie zuvor hatte sie etwas Derartiges gerochen. Sie ahnte, was es war und ein kalter Schauer fuhr über ihren Rücken. Trotzdem nahm Soony all ihren Mut zusammen und richtete den Strahl der Taschenlampe in den Raum. Er war zugestellt mit alten Möbeln und Bergen von Kartons. Dazwischen verlief ein schmaler Pfad. Soony folgte ihm, jederzeit bereit zur Flucht.
Nach einigen Metern versperrte ein Schrank den Weg. Sie zwängte sich daran vorbei und kam in einen freigeräumten Bereich. Das Licht der Taschenlampe traf die gegenüberliegende Wand. Durch mehrere Glasbausteine unter der Decke fiel ein Hauch von Tageslicht. Soony senkte die Lampe und ließ ihr Licht über den Boden wandern. Ihr Atem stockte, als der Kegel einen menschlichen Fuß erfasste. Entsetzt starrte sie auf nackte, von Dreck und Blut verkrustete Haut. Blaulackierte Fußnägel schimmerten im Licht. Gegen ihren Willen wanderte der Lichtschein höher und höher. Tanzte zitternd über ein nacktes, von Bisswunden übersätes Bein. Glitt über den dunklen Stoff eines Trägerkleides, fand einen auf die gleiche furchtbare Weise entstellten Arm und hielt inne.
Von einer unsichtbaren Macht gezogen, trat Soony näher.
Die Frau saß in einer Ecke des Raumes, eine Hand im Schoß, die andere mit Handschellen an ein Heizungsrohr gefesselt. Ihr Kopf war nach hinten gefallen. Punktförmige Wunden bedeckten ihren Hals. Ihr Mund war wie zu einem stummen Schrei aufgerissen. Strähnige braune Haare umrahmten ein hohlwangiges, ausgedörrtes Gesicht. Helle Augen blickten ausdruckslos ins Leere. Während Soony wie gelähmt dastand, bewegten sich die Augen der Frau und sahen sie an. Mit einem Aufschrei flüchtete Soony aus dem Keller.
Kapitel 19
Jesse erwachte allmählich aus tiefem Schlaf. Er hatte von lodernden Feuern geträumt. Und von einer Stimme, die ihm zuflüsterte, ihr zu vertrauen. Er fühlte sich seltsam ausgelaugt und schwach, wie nach langer Krankheit. Etwas war um seinen Hals geschlungen, eine Art Schal. Er schluckte und spürte dumpfen Schmerz. Als er genügend Kraft gesammelt hatte, um die Augen zu
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