Dark Desires: Im Bann der Unsterblichkeit
Spalt öffnete. Martin hatte ihr das befohlen. Damit Richard sie schon von Weitem riechen konnte. Nur sie. Keiner der anderen Vampire war ihr oder einem der menschlichen Helfer zu nahe gekommen. Weil Richard es sonst wittern würde.
So einfach.
Peta hatte sich den Kopf darüber zerbrochen, was sie falsch gemacht hatten. Ob sie etwas falsch gemacht hatten. Bis sie endlich die einzig logische Erklärung fand: Richard musste sich vor den Einsätzen in der Bar mit einem der Vampire getroffen haben. Sie waren immer getrennt hingefahren, er hätte die Gelegenheit dazu gehabt. Seine Verwandlung konnte kein Zufall sein. Sie durfte keiner sein! Außerdem wäre Richard nie unvorsichtig gewesen und der Vampirin eigenmächtig gefolgt, wie Martin und die anderen behaupteten. Nein, einer der Blutsauger hatte sich mit ihm getroffen und der Gestank des Todes hatte Richard verraten. Sie würde herausfinden, welcher es gewesen war. Einen Verdacht hatte sie bereits, doch sie brauchte Gewissheit.
In der Küche schenkte sich Peta frischen Kaffee ein.
Die eiskalten Hände fest um den warmen Becher geschlossen, ging sie zurück ins Wohnzimmer und stellte sich neben die Balkontür. Unter ihr lag der Garten, in dem Richard und sie im vergangenen Herbst ein Barbecue veranstaltet hatten. Die Kollegen vom Sicherheitsdienst waren gekommen und die Bakers. Sogar die Dixons hatten ihre Griesgrämigkeit für einen Nachmittag vergessen. Später war die Tochter der Dixons mit den beiden Enkelkindern dazugekommen. Sehnsüchtig hatte Peta die spielenden Jungen beobachtet. Richard hatte sie lachend in den Arm genommen. Später, hatte er gesagt und sie geküsst. Es würde kein Später geben. Richard hatte Bonnie und ihren Ehemann getötet und Nicholas entführt. Der Junge musste die Hölle durchmachen. Er würde für den Rest seines Lebens gezeichnet sein. Falls er überhaupt noch lebte. Falls Richard ihn nicht …
Peta schloss die Augen und verdrängte den Gedanken.
Sie tat das einzig Richtige. Warum kam sie sich dann vor wie eine miese Verräterin?
„Peta.“
Beim Klang der vertrauten Stimme zuckte sie zusammen.
Zwei trübe orangefarbene Punkte starrten sie vom Balkon aus durch das Fliegengitter an. Augen, die tief in einem von Wunden und schwarzen Blasen übersäten Gesicht lagen.
Skelettartige Finger streckten sich ihr entgegen.
Der Kaffeebecher entglitt Petas Fingern und schlug auf dem Dielenboden auf.
„Peta“, wiederholte die abgemagerte, in schmutzige Lumpen gekleidete Kreatur.
Sie wich entsetzt zurück. Das war unmöglich! Dieses Monster sollte ihr Richard sein? Sie wimmerte leise.
Was hatten sie ihm angetan?!
„Hab keine Angst.“ Richards Stimme klang rau und gurgelnd zugleich. „Es wird alles gut.“ Er trat näher an die Balkontür heran und zeigte ihr seinen fast haarlosen, von Flecken und Wunden übersäten Schädel. „Ich muss das richtige Blut finden. Das richtige Blut wird mich heilen!“
Peta schluchzte, unfähig, den Blick von dem Ding abzuwenden, das einmal ihr Richard gewesen war.
„Wo ist Nicholas?“, brachte sie mit zitternder Stimme hervor.
„Er wartet im Wagen.“ Schwarze Lippen verzogen sich zu einem grotesken Lächeln.
„Geht es ihm gut?“
„Warum sollte es ihm nicht gut gehen?“
„Du hast …“ Sie stockte. Sie durfte Bonnie nicht erwähnen. Sie durfte ihn nicht wütend machen.
„Lass mich rein! Ich brauche dich! Nicholas braucht dich. Wir können eine glückliche Familie sein.“
Peta schlug die Hände vor den Mund, um nicht zu schreien. Jede Faser ihres Körpers sträubte sich dagegen, doch schließlich trat sie Richard entgegen. Wenn sie ihn jemals geliebt hatte, musste sie jetzt das Richtige tun.
Sie legte die Hand auf die Klinke der Balkontür. Sein Blick folgte der Bewegung. Ungeduldig, lauernd. Hatte Dashiell Recht? Würde Richard sie töten?
Peta zog die Balkontür weit auf und umfasste mit der anderen Hand den Anhänger. Etwas musste sie herausfinden, bevor sie die Worte aussprach.
„Mit wem hast du dich getroffen, bevor du zur Bar gekommen bist?“ Richard sah sie verständnislos an. „Welcher Vampir ist es gewesen?“, fragte sie mit erstickter Stimme.
„Martin.“ Er klang irritiert. „Warum?“
Martin. Dafür würde er bezahlen!
Peta trat bis in die Mitte des Zimmers zurück, die Hand fest um den Anhänger geschlossen. „Komm rein.“
In einem Wirbel von Bewegung kam Richard herangerast. Sie schrie auf und stolperte zurück. Wie konnte er sich so schnell
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