Dark Heart: Zweiter Band
»Sie beide sehen aber nicht gerade aus wie Überbringer guter Nachrichten.«
»Können Sie bitte mal mit anfassen?«, sagte Mark und begann Jack vorsichtig von der Ladefläche zu hieven.
»Ist er tot?«, fragte Sam erschrocken.
»Nein«, sagte ich. »Genau genommen ist Jack Valentine so lebendig wie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr. Er ist vollkommen erschöpft, das ist alles.«
Sam packte Jack bei den Füßen, während Mark ihn unter den Schultern nahm. Zu zweit trugen sie ihn in die Kirche, während ich die Lampe und das Gepäck aus dem Auto holte.
Sam hatte zusammen mit Brett das Innere so hergerichtet, dass Männer, Frauen und Kinder trotz der herrschenden Enge wenigstens ein bisschen Privatsphäre hatten. Einige der Bänke waren herausgenommen worden und dienten nun als Trennwände und Regale, auf denen gelagert wurde, was man für die folgenden langen Nächte brauchte: Taschenlampen, Bücher, Wasserflasche n – und Familienfotos, hatten doch viele den Partner oder einen nahen Verwandten an Charles Solomon verloren. Rasch waren wir von Neugierigen umringt. Natürlich wollten die Leute wissen, ob wir nach dem Erfolg mit Margo noch weitere Nachtgeschöpfe zurückverwandelt hatten. Aber ich konnte nur berichten, dass wir keinen anderen Vampir außer Jack hatten finden können.
Hank war inzwischen aus seinem Erschöpfungsschlaf erwacht. Er wirkte blass und schwach, nicht mehr wie der Alte. Dennoch brachte er ein Lächeln zustande, als er uns sah. Dieses Lächeln erstarb jedoch augenblicklich beim Anblick von Jack Valentine.
»Was ist denn mit ihm passiert?«, fragte er mit kraftloser Stimme.
»Er ist jetzt ein Mensch.« Ich nahm eine der überzähligen Matratzen, die an der Wand lehnten, und legte sie neben Hank auf den Boden.
»Jack hat Ihr Blut getrunken?« Hank versuchte sich aufzurichten, sank aber wieder in sein Kissen zurück.
Mark und Sam betteten Jack, der kurz die Augen geöffnet und unverständliche Dinge gemurmelt hatte, vorsichtig auf das Lager und deckten ihn mit dem Schlafsack zu.
»Wir hatten keine andere Wahl«, sagte Mark. »Sonst hätte Jack mich getötet.« Seine Worte klangen, als formulierte er ein Naturgesetz, gegen das kein Einspruch möglich war.
Hank musterte Mark missbilligend. »Sie gehören wohl nicht zu der Sorte Mensch, die gerne Anordnungen befolgt.«
Mark zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Tut mir leid, dass ich mit meinem Auftauchen die Vampire angelockt habe. Ich wusste doch nicht, was geschehen würde.« Seine Stimme war nur ein Flüstern. »Wirklich.«
Hank sagte kein Wort.
»Ich hatte Angst um Lydia«, fuhr Mark beschwörend, fast flehentlich fort. »Glauben Sie mir, nur deshalb habe ich mich auf mein Motorrad gesetzt und bin so schnell wie möglich hergekommen.«
»Angst ist ein verdammt schlechter Ratgeber«, kanzelte ihn Hank ab. »Aus Angst werden nur zu oft tödliche Fehler begangen.«
Mark runzelte die Stirn. Kurz schien es, als wolle er etwas erwidern, aber dann hob er nur hilflos die Hände und stand auf. Hank hatte sich schon wieder abgewandt. Für ihn war alles gesagt.
»Mark, könnten Sie bitte mit Brett den Tee ausgegeben? Wir brauchen alle etwas Warmes«, sagte Sam und lächelte ihm aufmunternd zu.
»Gute Idee«, erwiderte Mark und versuchte ihr Lächeln zu erwidern. Er wollte gehen, aber ich ergriff seine Hand und zog ihn beiseite.
»Hör zu, egal was Hank sagt: Ich bin froh, dass du hier bei mir bist.« Ich küsste ihn.
»Eigentlich hat Hank ja Recht«, sagte er verzweifelt. »Ohne groß nachzudenken, habe ich hier alle in Gefahr gebracht. Aber zu wissen, dass dein Leben vielleicht bedroht ist, und ich nicht bei dir sein kann, das habe ich einfach nicht ertragen.«
»Scht«, machte ich nur und legte meinen Finger auf seine Lippen. »Ich liebe dich auch.«
Bei diesen Worten hellte sich sein Gesicht auf und er küsste mich noch einmal. »Ich bin froh, dass ich dich habe. Ich würde mein Leben für dich geben.«
Mir wurde warm. »Sag so etwas nicht«, flüsterte ich und umarmte ihn. »Nicht einmal im Spaß.«
»Ich sollte mich jetzt um den Tee kümmern«, sagte Mark mit einem Blick über meine Schulter. »Sam schaut mich schon ganz ungeduldig an.«
Ich wusste, dass es keinen Zweck hatte, mit Hank über Mark zu diskutieren, und ich ahnte, dass es noch einige Zeit dauern würde, bis er ihm verzieh. Hank konnte ziemlich nachtragend sein. Aber im Moment hatten wir andere Probleme, und alle hatten direkt oder indirekt mit Jack
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