Dark Kiss
Schnittwunde im Gesicht, die jedoch nach einer Berührung des rothaarigen Engels mit einem sanften blauen Leuchten sofort heilte.
„Lass mich in Ruhe“, schrie ihn der Dämon an.
„Du musst dich beruhigen“, erwiderte der Engel.
„Sie ist eine Gray!“
„Sie gehört zu uns“, erwiderte Kraven.
Ich war angesichts unserer bewegten Geschichte von diesem Statement überrascht. Er wollte mich nicht mehr töten, allerdings wusste ich, dass es nicht daran lag, dass er mich plötzlich mochte, sondern weil er dachte, dass ich ihnen noch von Nutzen sein könnte.
In den letzten siebzehn Jahren war ich noch nie dem Tod so nah gewesen. Über meine Sterblichkeit hatte ich mir niemals viele Gedanken gemacht. Fast tot. Genau hier, noch vor wenigen Minuten. Aber jetzt war es, als sei es nie geschehen. Mir war das Genick von einem Dämon gebrochen und von einem Engel war ich wieder geheilt worden. Das war definitiv ein Schock.
Langsam stand ich auf und schlang die Arme fest um meinen Körper, damit dieses Zittern endlich aufhörte. Die Kälte der Nacht durchdrang mich noch stärker als vorher. Mein Hals fühlte sich jedoch warm an, als hätte ich einen Wollschal darumgewickelt.
„Ich bringe dich um und schicke deinen Arsch direkt in das Schwarz, Dämon“, schrie Bishop. Er wurde noch immer von Kraven festgehalten und versuchte mit aller Kraft, sich zu befreien. „Wenn du sie noch einmal anfasst, wenn du sie auch nur ansiehst, dann werde ich es tun. Das schwöre ich dir.“ Der neue Dämon stoppte den Versuch, sich aus dem Griff des neuen Engels zu befreien, und starrte Bishop ungläubig an. „Warum verteidigst du eine Gray? Ich tue nur das, wozu ich hierher gesandt wurde. Du erinnerst dich? Der Grund, warum du mich gesucht und meine Erinnerung zurückgebracht hast. Blödes Ritual, übrigens.“
Es schien so, als wären wir uns zumindest in einer Sache einig.
Bishop hatte die Selbstbeherrschung verloren und wirkt wie von Sinnen. Er tat mir leid.
„Diese Gray war in der Lage, uns zu finden – auch dich“, erklärte Kraven.
„Sie hat irgendeine schräge Fähigkeit“, sagte der neue Dämon. „Damit hat sie mir einen elektrischen Schlag versetzt.“
„Ja, ja, hab ich mitgekriegt. Das kitzelt nicht gerade, oder?“, kommentierte Kraven.
„Was ist sie?“
„Eine Nervensäge. Aber, im Ernst, Kumpel, du musst mal runterkommen, und zwar gleich. Oder wir haben ein Problem“, erwiderte Kraven.
„Mir geht es gut.“
„Klar, genau so sieht es aus. Ich empfehle dir dringend, uns keinen Ärger mehr zu machen, wenn du weißt, was gut für dichist. Wenn du diese Mission versaust, hast du mich am Hals.“ Er sah kurz hinüber zu dem neuen Engel. „Wir müssen auch ein Auge auf Bishop haben. Der ist komplett hinüber.“
Daraufhin lachte Bishop. Es klang tonlos und ohne Humor. Mir lief es kalt den Rücken herunter. „Hinüber. Ja, genau. Man kann nur noch meine Überreste zusammenfegen. Ich kann das Licht nicht sehen, die anderen nicht finden, kann nicht heilen … Eigentlich kann ich nur rumstehen und zuschauen und mich fragen, warum und wie und wer …“
Kraven blickte ihn misstrauisch an. „Ähm, klar, was auch immer du sagst … Gray-Mädchen, bist du so weit wiederhergestellt, um hier ein bisschen zu helfen?“
Was ich am liebsten tun wollte, war fortlaufen und alles hinter mir lassen. Aber ich war immer noch da, vor allem weil die Ereignisse mich so geschwächt hatten, dass ich nur darauf warten konnte, was als Nächstes passieren würde. Und ich konnte mich nicht von Bishop abwenden, wenn er mich am meisten brauchte.
Ich machte um den neuen Dämon einen großen Bogen und ging hinüber zu Bishop. Seine Fingerknöchel waren rot und blutig. Ich sorgte mich.
„Es tut mir leid“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Ich habe versprochen, dich zu beschützen, doch ich habe versagt. Es tut mir so leid.“
„Mir ging es schon mal besser, physisch jedenfalls. Mental …“ Mir war klar, dass ich ein paar brandneuen Albträumen entgegenblickte. Aber jetzt wollte ich nur Bishop helfen. „Nimm meine Hand.“
Bishop sah mich mit glasigen Augen an, aber er bewegte sich nicht. Also ergriff ich selbst seine Hand. Es jagte mir Angst ein, wie plötzlich er die Beherrschung und seinen Verstand verloren hatte. Ich wusste, dass er es hasste. Allerdings konnte ich nicht ganze Zeit bei ihm sein, um zu helfen. Zum Glück hattenwir die anderen gefunden, und sie konnten die Stadt schützen, solange Bishop nicht
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